Humboldt-Forum:Ehrenrettung für Erichs Lampenladen

Leser hinterfragen das Konzept des Berliner Humboldt-Forums. Einem ist es gar so suspekt, dass er lieber die DDR-Vergangenheit wieder aufleben lassen würde.

"Verstrickung als Prinzip" vom 21. November:

Als ich, exilierter Westberliner, das erste Mal von der Idee des Stadtschloss-Wiederaufbaus las, habe ich nur den Kopf geschüttelt und die Meldung im Bereich irregeleiteter Wiedervereinigungs-Euphorie wilhelminischer Prägung abgelegt. Als ich 1993 an den monumentalen Stoffbahnen, auf denen die alte Fassade abgebildet war, entlangflanierte, war ich davon überzeugt, dass die Schloss-Apologeten sich damit selbst ein Bein gestellt hatten. Nach dem Beschluss des Bundestages zum Wiederaufbau blieb mir die Luft weg. Die Planung des angeblich größten Kulturprojekts im neuen Deutschland auf der Basis einer Fassade - das schien mir ein gigantischer Schildbürgerstreich. Bis heute gibt es weder eine kulturell noch eine politisch wirklich überzeugende Idee für das zukünftige Schloss-Imitat.

Das Beste wäre es, den Rohbau zu schleifen, den Palast der Republik - ohne Asbest-Zusätze - mit den noch zur Verfügung stehenden Millionen wiederaufzubauen und das Ganze noch einmal von vorne zu beginnen. "Erichs Lampenladen" würde von der reichen jungen Kulturszene Berlins auf das Herrlichste bespielt werden. Die Freifläche des ehemaligen Marx-Engels-Platzes böte wunderbar Platz für Begegnungen mitten in der Stadt und Raum für Überlegungen, was man daraus machen könnte, beziehungsweise ob auf ihr überhaupt etwas Neues gebaut werden müsste. Was das wiedervereinigte Berlin in unmittelbarer Nähe der Museumsinsel auf keinen Fall braucht, das ist ein neues Museum hinter Betonmauern mit scheinhistorischer Fassade. Arndt Frommann, Bremen

Touristischer Schweinsgalopp

Das in der SZ gezeigte Organigramm ist nicht nur ein "Gordischer Knoten", sondern zeigt in einleuchtender Klarheit das ganze Gegeneinander aller an Planung und Bau beteiligten Parteien, Behörden, Institutionen, Verbände und Interessengruppen. Sie alle haben eine teilweise diametrale politische, künstlerische, wissenschaftliche, administrative und kommerzielle Zielsetzung. Das spiegelt die Schwierigkeit der Aufgabe wider, zumindest den Außenbau mit seinen Bestandteilen vom 17. bis zum 19. Jahrhundert annähernd sinnvoll zu rekonstruieren. Erschwerend kommt hinzu, dass traditionell viele der Beteiligten eher an Besitzstandswahrung und Intrigieren interessiert sind als an Zusammenarbeit.

So wichtig es war, in der Vergangenheit die vielfältigen Kunstzentren der Museumsinsel, des Kulturforums, von Schloss Charlottenburg und des Kulturzentrums Dahlem zu fördern, so unsinnig erscheint es, die Museen in Dahlem zu zerschlagen, um eine für große Metropolen typische städtebauliche Vielfalt der Kulturinstitutionen zusammenzupressen, um Besucherströme im touristischen Schweinsgalopp an Highlights vorbeizuschleusen nach dem Motto "Vier Museen in einem Tag". Heraus zu kommen scheint eine Art Wechselbalg, Wolpertinger oder Eier legende Wollmilchsau.

Die große Aufgabe wäre es, sich zu erinnern, das ein Museum von seiner Aufgabe her geplant und gebaut werden sollte, statt dem Sammelsurium von Rekonstruktion und anbiederndem Neubau auf Kosten zweier ausgezeichneter Museen ein weiteres Sammelsurium hinzuzufügen. Prof. Eckart Bergmann, München

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