Höhlendrama:Das Licht am Ende des Tunnels

Meditation helfe zur Verarbeitung von Unglücken und Krisen, meint eine Leserin. Der Trainer der zwölf in einer thailändischen Höhle eingeschlossenen Jungen habe das sehr genau erkannt. Ein anderer Leser meint, Mitgefühl lasse sich lernen.

Forumseite vom 16.7.2018

Ein Drama, das die Welt bewegt: Mitschüler der in einer Höhle eingeschlossenen Jungen freuen sich über deren Rettung.

(Foto: Tyrone Siu/REUTERS)

"Was Mitleid kostet" und "Darum dürfen die Angehörigen nicht zu den Jungen" vom 10. Juli:

Meditation hilft

Sie sprechen im Artikel "Darum dürfen die Angehörigen nicht zu den Jungen" auch von der seelischen Belastung beziehungsweise Traumatisierung der Jugendlichen (einschließlich möglicher medizinischer Diagnosen). Leider erwähnen Sie dabei nicht, dass es ihrem Trainer zu verdanken ist, dass die Jungs die Tage in der Höhle in Dunkelheit mental so gut überstanden haben. Denn er brachte ihnen bei, wie sie ihre Gedanken und Emotionen mittels Meditation stabilisieren können. Er lernte diese Methode, als er selbst als Teenager und Mönch in einem buddhistischen Kloster lebte. Es ist auch nicht automatisch so, dass die "Erinnerung manche Überlebenden noch Wochen später zurück in die Finsternis, zurück in die Todesangst" versetzt. Es kommt darauf an, wie die Erfahrungen und Eindrücke mental verarbeitet werden, und das war ja in diesem Fall dank der Meditationsanleitungen durch den Coach - wie wir gesehen haben - eine ganz wirksame, um nicht zu sagen essenziell wirksame Überlebensmethode. Schade, dass Sie zumindest bis dato nur die medizinische Sicht (Martin Keck vom Max-Planck-Institut) zu Wort kommen lassen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Barbara Arnhold, Plouray/Frankreich

Mitgefühl lässt sich lernen

Auf der Suche nach dem Unterschied in der Mitleidsbereitschaft zwischen Flüchtlingen und dem thailändischen Fußballteam hat Matthias Drobinski ein zutreffendes Argument gefunden: Verantwortung. Während wir Deutsche, Europäer und Bürger der westlichen Welt nichts für das Unglück in Thailand können, wird auch den Ignorantesten unter uns im tiefen Inneren klar sein, dass wir für das Leid in den Flüchtlingsländern mitverantwortlich sind. Es ist einfach, für zwei Wochen Empathie für eine Gruppe Jugendlicher aufzubringen, wenn wir weder in der Ursache noch in der Konsequenz irgendeine Verbindung damit haben. Viel schwerer hingegen fällt so manchem hier das Mitleid für Flüchtlinge, weil wir mit jedem, der uns erreicht, daran erinnert werden, dass wir für diese Menschen eine Verantwortung haben und dass wir als Wähler, Konsumenten und Wegsehende auch einen Anteil daran haben, dass diese Menschen überhaupt fliehen mussten.

Aus meiner Sicht ist neben der erlebten Verantwortung, die der Autor als Grund für den Unterschied in der Mitleidsbereitschaft sieht, noch eine andere Sache entscheidend: Während die Jungs in Thailand uns nur zwei Wochen beschäftigt haben und wir uns für die Erfolge der Rettung "begeistern" können, sehen wir in der Flüchtlingskrise kein Ende. Während nun 13 mutige, krisenerfahrene und teamfähige junge Menschen aus der Höhle in die Gesellschaft steigen und auch uns damit ein Gefühl von Hoffnung, Widerstandsfähigkeit und Zukunftsaussicht mitgeben, sehen sich hierzulande viele mit der Mehrbelastung durch Flüchtlinge konfrontiert. Und dies ist es, was aus meiner Sicht, der eines jungen, hoffnungsfrohen Studenten, in der Flüchtlingspolitik fehlt: Wir brauchen eine Vision des sozialen Wachstums. Wir müssen den Wählern, die sich verschüttet und vergessen wähnen, zeigen, dass wir sie sehen und auch sie hier rausholen. Mitgefühl lässt sich lernen, und wenn wir aus dem Höhlendrama eine Sache mitnehmen können, dann ist es das Wissen um die Notwendigkeit eines Lichts am Ende des Tunnels, einer Vision. Die Flüchtlingskrise mag eine besonders tiefe Höhle sein, aber wenn etwas da draußen ist, das so hell strahlt, dass sowohl besorgte Bürger als auch Flüchtlinge und alle anderen Beteiligten Mut fassen, dann können wir hieraus einen Mehrwert für die Gesellschaft kreieren. Es braucht nur einen, der das Licht anmacht.

Luca Versteegen, Hamburg

Zynische Verknüpfung

Dank Sommerloch hatten wir eine sehr ausgiebige Berichterstattung über die missliche Lage der in der Höhle eingeschlossenen Jugendlichen und ihre Rettung. Die Verknüpfung dieses singulären Ereignisses mit den seit Jahren im Mittelmeer ertrinkenden Bootsflüchtlingen halte ich jedoch für zynisch und makaber. Denn das große Mitgefühl bei den Eingeschlossenen auf der einen und das schwindende Mitleid für die Ertrunkenen auf der anderen Seite rührt doch nicht daher, dass uns das eine nichts kostet und das andere sehr viel, sondern hat seinen sehr banalen Grund darin, dass Empathie und Mitleid gerade dann am größten sind, wenn jemand unverschuldet in eine schlimme Situation gerät. Bei den Mittelmeerflüchtlingen sind inzwischen große Zweifel angebracht: Wer Schleppern enorme Summen zahlt, mit Kleinkindern sich auf ein völlig seeuntaugliches Schlauchboot begibt, wissend, dass diese Fahrt lebensgefährlich ist, der erpresst doch von vornherein unsere Empathie.

Claus Neugebauer, Erding

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, die Texte zu kürzen.

Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch hier in der Digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung und bei Süddeutsche.de zu veröffentlichen.

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