Hans Küng:Aufklärer und Vorausdenker

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Leser äußern sich respektvoll zum Tod des Tübinger Theologen.

Hans Küng mit Büste: Der Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis und die Gründung der Stiftung ,,Weltethos" für interreligiöse Forschung und Begegnung in den 90er Jahren machten den Tübinger Theologon weltberühmt. Am 6. April ist er 93-jährig verstorben. (Foto: dpa/dpaweb)

Zu " Der Politische" vom 8. April und zu " Die Gedanken sind frei" vom 7. April:

Nun, da Hans Küng nicht mehr reden kann, würdigt auch die Deutsche Bischofskonferenz sein Wirken als Priester und Wissenschaftler. Es sei Küng ein Anliegen gewesen, "die Botschaft des Evangeliums verstehbar zu machen und ihr einen Sitz im Leben der Gläubigen zu geben". Wie so oft in der Geschichte der katholischen Kirche erfolgt die Würdigung großer Denker und Theologen erst nach deren Tod.

Hatte sich die katholische Kirche denn wirklich einmal ernsthaft mit seinen Fragen und seiner Theologie befasst, bevor ihm die Lehrerlaubnis entzogen wurde? In einer Zeit tiefer Zweifel an der Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche hat Professor Küng mit seiner klaren Orientierung am Evangelium Jesu Christi für viele Menschen und auch für mich einen christlichen Glauben und ein Verbleiben in der Kirche trotz der vielen Missstände möglich gemacht.

Oskar Lotz, Tutzing

Hans Küng war einer der seltenen Theologen, dessen Bücher man selbst in Bahnhofsbuchhandlungen finden konnte - nicht zuletzt aufgrund seines journalistischen, wenig fachtheologischen Stils und seiner für jedermann deutlich erkennbaren echt jesuanischen Positionen erreichte er die Menschen. Dass ausgerechnet so jemandem die offizielle Lehrerlaubnis eingezogen wurde - bloß weil er ein Dogma, an das ohnehin kaum jemand glaubt, hinterfragt hatte -, ist schon mehr als traurig und wirft kein gutes Licht auf die Kirchenleitung. Phänomenalerweise wurde er danach erst richtig populär! Mit seinem Projekt "Weltethos" hat er Neuland betreten; dafür hätte er als "normaler" Theologieprofessor wahrscheinlich gar keine Zeit gehabt.

Gunther Britz, Saarwellingen

Der bedeutendste katholische Theologe seit den 1960er-Jahren erweiterte sein Fachgebiet für den toleranten Blick auf die anderen großen Weltreligionen: "Innerhalb der Kirche Heil" anstatt "Außerhalb der Kirche kein Heil". Er war kein Relativist, er wandte sich gegen Alleinansprüche der Religionssysteme für Gottes Wesen und Wollen. Doch er empfahl keinen Synkretismus.

Der Tübinger Gelehrte wagte klar zu fordern: "Der Weltfrieden ist nur durch Zusammenarbeit aller Weltreligionen zu erreichen!" Hans Küng war kein Abweichler, ihm gebühren die Ehrentitel "Vorausdenker", "Aufklärer" und "Vertiefer"! Die Amtskirche wäre jetzt geläutert genug, ihn posthum zu rehabilitieren.

Dr. Friedrich Wambsganz, Uffing

© SZ vom 15.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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