„Habeck will Sozialabgaben auf Kapitaleinkünfte“ vom 14. Januar, „Eine brisante Idee“ vom 15. Januar und „Endlich ran an die Starken“ vom 16. Januar:
Rabatt für Reiche
Unser Steuer- und Sozialabgabensystem begünstigt vielfach die Wohlhabenden und die Einkommensstarken. Die Erbschaftssteuer beträgt bei Erbschaften von über 100 Millionen Euro durchschnittlich 0,2 Prozent, bei unter einer Million Euro durchschnittlich 10 Prozent. Kapitalerträge werden einheitlich mit 25 Prozent Abgeltungssteuer belastet, was Einkommensstarke begünstigt. Einkommensstarke werden auch durch die Beitragsbemessungsgrenzen der Kranken- und der Pflegeversicherung begünstigt. Wohlhabende, deren Immobilienbesitz zu einer Firma zusammengefasst ist, zahlen keine Grunderwerbssteuer. Es ist somit recht und billig, wenn Kapitaleinkünfte mit Sozialabgaben belastet werden. Ich höre schon den Aufschrei der Vermögenden.
Wolfgang Maucksch, Herrieden
Keine smarte Präsentation
Zu den Aufgaben von Politikern gehört sicherlich auch ganz besonders das Präsentieren von Erfolg versprechenden Ideen, die Menschen mitzunehmen, ihnen smart erklären, dass ihre Vorschläge klug sind, damit die richtige Richtung einzuschlagen. Dann macht der Wähler auch sein Kreuzchen hinter diesen Weg. Wenn dann aber eine unkluge Idee, zudem auch noch versteckt und wieder mal auch noch miserabel präsentiert wird, ist das keine Empfehlung für einen Kanzlerkandidaten.
Christian Kuballa, Köln
Passiert ja bereits
Herr Schäfer hat natürlich recht, wenn er zur Finanzierung der Rente auf die Kapitalerträge zurückgreifen möchte. Allerdings vergisst er zu erwähnen, dass dies bereits jetzt schon geschieht. Bei einem Steuerzahler, der mit seinem Einkommen über der Bemessungsgrenze liegt, werden zur Berechnung der Kassenbeiträge auch Kapitalerträge und sonstige Einnahmen herangezogen. Ebenso bei zusammen veranlagten Ehepartnern die diesbezüglichen Einkünfte des Ehepartners. Dies gilt auch, wenn der Versicherte freiwillig bei einer gesetzlichen Krankenkasse unter der Bemessungsgrenze liegt.
Norbert Vollmeyer, Aschau am Inn
So schmelzen Zinsen dahin
Der Artikel befremdet mich, weshalb ich einmal folgendes Beispiel nachgerechnet habe: Angenommen, ein Normalverdiener hat für das Alter eine Summe angespart, die ihm 20.000 Euro (brutto) Zinsen pro Jahr einbringt: Zinsertrag 20.000 Euro ./. 1000 Euro Freibetrag -> 19.000 Euro ./. 5011,50 Euro Kapitalertragsteuer + Soli ca ./. 3800 Euro (20 Prozent Sozialbeiträge). Daraus folgt, auf die 19.000 Euro müssen circa 46,375 Prozent Abgaben geleistet werden, wenn man - ohne dass man Millionär ist - eine große Summe angespart hat, um den Ruhestand genießen zu können. Obwohl man bis 67 Jahre gearbeitet hat, bleiben davon 849,25 Euro je Monat zusätzlich (sofern der Krankenkassenbeitrag nicht erhöht wird). Lohnt sich das? - Ich glaube nicht. Dazu gehört eine erheblich größere Summe.
Dr. Manfred Schrimpf, Gaienhofen
Zu viele Leistungsempfänger
Woher kommen diese Kostensteigerungen, die es zu dämpfen gilt?Wir haben unter anderem leider auch immer mehr Menschen in unseren Kranken- und Sozialversicherungssystemen, die nichts einbezahlen, aber trotzdem Leistungen beziehen. Doch dies wagt niemand auszusprechen.
Dr. Walter Held, München
Habeck belastet Mittelschicht
Bin sehr überrascht mit wie viel Verständnis Robert Habeck im Kommentar behandelt wird. Es geht hier nicht um schlechte Kommunikation einer guten Idee mit dem Ansatz, die Reichen stärker zu belasten. Weiß einer, der Kanzler werden will, gar nicht, wen er mit seinem Vorschlag trifft, Krankenversicherungsbeiträge auf Zinseinnahmen zu erheben, oder verschleiert er das rhetorisch gekonnt mit der Aussage, dass sich für „Kleinsparer nichts ändern würde“.
Habecks Vorschlag trifft ja nicht die Reichen, schon gar nicht in Süddeutschland - er würde das obere Drittel der Gesellschaft überhaupt nicht belasten! Wer über der Beitragsbemessungsgrenze (Jahresbrutto 66.150 Euro) liegt oder privat krankenversichert ist, würde keinen Cent mehr zahlen müssen. Bei 13 Monatsgehältern würden 2025 alle Menschen mit einem Bruttomonatseinkommen unter 5088 Euro zur Kasse gebeten. Habeck würde gerade Leistungsträger mit Durchschnittseinkommen belasten - da geht die Überschrift „Endlich ran an die Reichen“ an der Wirklichkeit vorbei.
Gernot Gruber, Backnang
Ungerechte Abzüge
Als Betroffene möchte ich darauf hinweisen, dass es eine Gruppe von Berufstätigen gibt, die schon immer Sozialbeiträge auf Kapitalerträge gezahlt hat und weiter zahlt: nämlich Selbständige mit kleinen und mittleren Einkommen, die nicht privat, sondern freiwillig gesetzlich krankenversichert sind. Ich unterrichte als selbständige Lehrkraft Deutsch für Migranten in den Integrationskursen des BAMF (Bundesagentur für Migration und Flüchtlinge) und werde, wie fast alle meine Kollegen deutschlandweit, stundenweise auf Honorarbasis bezahlt. Unsere vom BAMF festgelegten Honorarsätze orientieren sich am Mindestlohn für pädagogische Tätigkeiten und sind seit drei Jahren nicht mehr erhöht worden.
Als Quereinsteigerin nach einer langen Familienpause habe ich noch Ersparnisse aus einer gut bezahlten Festanstellung vor dieser Zeit und zahle jetzt auf die Honorare und auf die Kapitalerträge die vollen Sozialabgaben zur Kranken- und Pflegeversicherung. Darüber hinaus ist mein Berufsstand trotz Selbständigkeit rentenversicherungspflichtig, das heißt, wir zahlen den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerbeitrag. Ich empfinde dies als krasse Ungerechtigkeit im Vergleich zu Festangestellten. Das scheint aber niemanden zu interessieren, denn wir kleine Selbständige haben keine Lobby. Das Zerrbild der angeblich so wohlhabenden und privilegierten Selbständigen sitzt fest in den Köpfen der Angestellten und Beamten.
Eva Hauschild-Kawazu, München
Ungleichbehandlung
Wie unterschiedlich doch der Begriff Gerechtigkeit definiert wird: Millionär durch Aktienhandel versus „jemand, der abends erschöpft und müde nach Hause kommt“. Ist das der Punkt? Oder ist der Punkt, dass gesetzlich Versicherte und freiwillig gesetzlich Versicherte unterschiedlich behandelt werden? Ohne bunte „Bildersprache“ wird das knapp im Artikel erwähnt: „Für Angestellte mit einem Bruttojahreseinkommen von mehr als 73.800 Euro oder Selbständige, die freiwillig in der GKV sind, werden aber heute schon Einkünfte und Kapitalanlagen oder Mieteinnahmen herangezogen.“ Diese Ungleichbehandlung ist der eigentliche Skandal. Dass eine derartige Ungleichbehandlung überhaupt gesetzlich möglich ist, lässt mich einigermaßen schockiert zurück.
Gisela Kranz, Oberschleißheim
Zeche zahlt der kleine Mann
Zum Heizungshammer kommt jetzt Habecks Sozialversicherungshammer. Wen wundert, dass Deutschland vom vierten Platz in der Weltwirtschaft fast auf den zwanzigsten Platz abgesackt ist? Aus einer hoch gefeierten „Fortschritts-Koalition“ wurde Rückschritt, der sich wie ein Leichentuch über das Land legt. 25.000 Insolvenzen bringen Unsicherheit und Arbeitslosigkeit im Millionenmaßstab.
Habecks Sozialabgabenvorschlag auf Kapitalerträge wird die Leistungsbereitschaft und die Altersabsicherung in der Bevölkerung nicht steigern, das Rentenproblem nicht entlasten. Es spricht für sich, dass Habeck das Problem der Beitragsbemessungsgrenze gar nicht bedacht hat. Die wirklich Reichen bleiben außen vor. Die Zeche soll also wieder der kleine Mann bezahlen. Traurig solch einem Wirtschaftsminister ausgeliefert zu sein.
Georg Heintz, Großhabersdorf
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