Grundsteuer:Kompliziert und ungerecht

Die diskutierte Grundwertsteuer stößt bei Lesern auf Unverständnis: Zu kompliziert, zu bürokratisch, auch ungerecht: Wer früh eine Immobilie erwarb und als Rentner nun mehr zahlen soll, weil Preise explodierten, hat ein Problem.

Grundsteuer: Wer weiß schon zu Baubeginn, wie sich der Immobilienpreis später entwickelt? Neubaugebiet bei Ingolstadt.

Wer weiß schon zu Baubeginn, wie sich der Immobilienpreis später entwickelt? Neubaugebiet bei Ingolstadt.

(Foto: Lino Mirgeler/dpa)

"Eine vernünftige Grundsteuer" vom 30. Januar und "Mut zur Gerechtigkeit" vom 18. Januar:

Wie eine Vermögensteuer

Auch Professoren können irren. Zum Beispiel, wenn Moritz Schularick in seiner "Außenansicht" wirklich glaubt, ein Spekulant würde nur wegen einer höheren Grundsteuer anfangen, Häuser zu bauen, obwohl er es gar nicht vorhatte. Zudem hat ihm der Gesetzgeber die Möglichkeit gegeben, den Grundbesitz in eine Firma umzuwandeln und dadurch überhaupt keine Grundsteuer zahlen zu müssen. Diese Gesetzeslücke, die des Aufwands wegen nur großen Firmen nutzt, zu schließen, wäre wesentlich sozialer. Dafür aber den Wert der Grundstücke zu besteuern, ist unsozial denen gegenüber, die ihr Rentnerdasein ohne großes Vermögen in ihren Siedlerhäusern verbringen.

Letztendlich haben alle Eigentümer, vor allem in teuren Gebieten wie dem Münchener Raum, nichts von der Wertsteigerung des Grundes, solange sie selbst dort wohnen. Der Wert wird ja erst dann realisiert, wenn der Grund verkauft wird. Es dann zu besteuern, wäre gerecht. Ansonsten wäre diese Art Grundsteuer eine Vermögensteuer. Vernünftig ist die "Bodenwertgrundsteuer", wie er sie vorschlägt, schon deshalb nicht, weil der Grundstückswert schwankt. Bei einem Einbruch der Wirtschaft oder einer deutlichen Kreditzinserhöhung könnte sich der Wert deutlich ändern. Glaubt irgendjemand wirklich, die Grundsteuer würde dann vermindert? Zudem kann die Grundsteuer auf die Miete umgelegt werden. Das heißt, die Mieten in Ballungsräumen werden noch höher. Das ist weder sozial noch vernünftig, Herr Schularick.

Dr. Hans Jungk, München

Lieber den Soli behalten

Städte und Gemeinden benötigen Geld, sie decken diesen Geldbedarf im Wesentlichen durch die Gewerbesteuer und durch die Grundsteuer. Nun drohen die Einnahmen aus der Grundsteuer ab 2019 wegzubrechen, sollte man nicht ein gerechteres Erhebungsverfahren bis Ende 2019 schaffen. Nun war schon die Berechnung gemäß alter Regelung - auf Basis der Einheitswerte über den Grundsteuermessbetrag, worauf die Gemeinde den Hebesatz festlegt - so kompliziert wie dieser erklärende Satz. Unzählige Verwaltungsbeamte in den Finanzämtern und in den Steuerämtern der Gemeinden arbeiten an diesem Verwaltungsmonstrum. Unzählige Verfahren in den Finanzgerichten hat dieses Steuererhebungsmonstrum ausgelöst. Die Gerichte werden noch in zehn Jahren mit den Altfällen zu tun haben.

Nun hat man sich eine neue Variante ausgedacht. Man will, Gott sei es geklagt, die Einheitswerte gerechter und einfacher ermitteln. Circa 50 Millionen Einheitswerte sollen neu ermittelt werden, welch normal denkender Mensch kann auf eine solch abstruse Idee verfallen. Hinzu kommt, der Grundsteuermessbetrag plus dem Hebesatz der Gemeinden sollen beibehalten werden. Die Zahl der daraus folgenden Einsprüche plus Klageverfahren kann nicht einmal schätzungsweise ermittelt werden.

Daher ein Lösungsvorschlag: Die Erträge aus dem Solidarbeitrag entsprechen ungefähr den Erträgen aus der Grundsteuer. Seit Jahren spricht man davon, den Solidarbeitrag abzuschaffen. Warum ihn nicht beibehalten und die Erträge den Gemeinden nach der Anzahl ihrer Bewohner zuweisen? Die Verteilung würde ein simples Computerprogramm schaffen. Die Grundsteuer würde entfallen, Zehntausende Beamte und Verwaltungsangestellte könnten sich anderen Aufgaben widmen. Die Gerechtigkeitsfrage wäre auch befriedigt. Wer mehr verdient, zahlt mehr Solidarbeitrag. Der Wegfall der Grundsteuer wäre ein Vorteil für Mieter und Hausbesitzer.

Uwe Heider, Steuerberater, Meckenheim

In den vielen Artikeln über die geplante Grundsteuerreform habe ich bis jetzt keine Information über deren konkrete Auswirkungen für die Besitzer einer selbst genutzten Immobilie gelesen. Wer jahrelang gespart hat, um sich zum Beispiel eine einzige Eigentumswohnung zu kaufen, soll meiner Meinung nach nicht dafür bestraft werden. Von der Immobilienwertsteigerung hat er nichts, da er in seiner Wohnung selber wohnt, und an der Mietsteigerung beteiligt er sich logischerweise auch nicht. In meiner Geburtsheimat Italien, wo trotz allen sonstigen Schwierigkeiten und Problemen viel mehr Leute ihr Eigenheim besitzen, wird das sogenannte Prima casa - das ist die erste oder die einzige selbst genutzte Immobilie - nicht besteuert.

Morena Nannetti, München

Weg mit dem Hebesatz

Die derzeit geführte Debatte um die Gestaltung der Grundsteuer kann ihr Ziel nicht erreichen. Denn solange die Gemeinden auf die Grundsteuer angewiesen sind und ein Hebesatzrecht haben, wird nie eine gerechte Besteuerung wirklich nach dem Wert der Immobilie - egal ob nur mit dem Boden oder einschließlich des Gebäudes - erfolgen. Eine Gemeinde mit teuren Grundstücken braucht keine hohen Hebesätze daraufzulegen. Eine Gemeinde mit billigen Grundstücken müsste bei einer Reform wahrscheinlich die Hebesätze noch weiter erhöhen. Schließlich muss jede Gemeinde für sich das gleiche Aufkommen erzielen wie vorher. Eine gerechte und gleichmäßige Besteuerung von Grundvermögen kann nur erfolgen, wenn man die Gemeindefinanzierung von der Grundsteuer unabhängig macht. Eine Grundsteuer könnte auch bundeseinheitlich erhoben werden und von den Ländern oder dem Bund nach Einwohnerzahl mit Aufschlägen für die Wahrnehmung zentralörtlicher Aufgaben verteilt werden. Friedrich Franke, Gera

Die Sache mit den Spekulanten

Sicher kein Einzelfall: Ein Ehepaar kauft nach dem Krieg ein günstiges Grundstück am Stadtrand und spart sich ein Häuschen vom Munde ab. Verkehrstechnisch ist das Gebiet zwar noch nicht erschlossen, aber das nimmt man in Kauf, ein teureres Grundstück wäre nicht erschwinglich. Da setzt man sich eben bei Wind und Wetter aufs Fahrrad, um in die Arbeit zu kommen.

Die Stadt wächst, und jetzt lebt man nicht mehr auf der grünen Wiese am Stadtrand. Spekulanten haben das Gebiet für sich entdeckt. Der Wert des Grundstücks ist - betrachtet man Metropolen wie München - ins (für Normalverdiener) Unermessliche gestiegen. Mit der Rente kommt man gerade so über die Runden. Und dann kommt der nimmersatte Staat und will unter dem Mäntelchen der Gerechtigkeit eine deutlich höhere Grundsteuer haben.

Bei allem Gerede über soziale Gerechtigkeit und wie man Spekulanten Einhalt gebieten und den Wohnungsbau fördern kann, diese Menschen und auch deren Erben bleiben ungehört. Und wenn sie ihre mittlerweile sehr teuren Grundstücke verkaufen müssen, wer hat dann genügend Geld, um diese zu erwerben? Blauäugig, wer hier nicht an Spekulanten denkt! Und die so vertriebenen Menschen haben ja auch keinen Anspruch auf ihr soziales Umfeld, die können sich doch mit dem Erlös des Grundstückverkaufs woanders ansiedeln, heißt es dann, dort, wo es billiger ist.

Josef Feuerstein, Markt Schwaben

Vernünftige Begründung

Die Akzeptanz einer Steuer hängt nicht zuletzt von der Einsicht des Steuerpflichtigen ab, dass deren Erhebung eine vernünftige Begründung hat. Im Fall der Grundsteuer wäre das in erster Linie die Leistung der Kommunen für ihre Infrastruktur. Die Steuer hätte quasi den Charakter einer Nutzungsgebühr. Selbstverständlich ist die Bemessung nicht trivial. Grundstücksgröße, Art der Bebauung, Anzahl und Größe des Wohnungsbestands sind Indikatoren für die Belastung der kommunalen Infrastruktur. Der Bodenwert spielt dagegen eine untergeordnete Rolle. Den könnte jede Gemeinde über ihren Hebesatz berücksichtigen. Es geht bei dem Thema weniger um den angesprochenen "Mut zur Gerechtigkeit" als um eine sachgerechte und vermittelbare Lösung. Von der Steuer auf das Eigentum, einer Art Vermögensteuer, sollte man schnellstmöglich Abschied nehmen, denn die dürfte am wenigsten konsensfähig sein.

Dipl.-Ing. Gerhart Baumeister, Hohenbrunn

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