Süddeutsche Zeitung

Gerhard Schröder:Altkanzler zu Besuch im Kreml

Was macht Schröder in Moskau? Ist er Vermittler für die Europäer und versucht seinen Freund Putin zu zähmen? Ein Leser träumt davon, andere fürchten Schlimmeres.

Zu "Like a Prayer" und "Was macht der Mann in Moskau?" vom 12./13. März, zu "Selbstdemontage" vom 5. März:

"I have a dream"

Unvorstellbar, dass sich Altkanzler Schröder immer noch als lupenreiner Freund des Diktators Putin geriert. Wie auch immer diese Männerfreundschaft zu deuten ist; kaum vorstellbar, dass es beim Zusammentreffen nur um Wein und Weiber geht, nicht aber um den Lauf der Welt. Sollte der Gerhard nie etwas von Wladimirs Großmachtstreben mitbekommen haben?

Oder - "I have a dream" - wirkt er im Hintergrund zusammen mit seinen Oligarchenfreunden und Geschäftspartnern längst daran, seinen Freund zu zähmen und Europa vor Schaden zu bewahren? Das wäre eines ehemaligen - vor Selbstvertrauen strotzenden - Staatenlenkers würdig. Klingt unrealistisch und abenteuerlich naiv; aber wie sonst gedenkt Herr Schröder einigermaßen heil aus diesem unseligen Verhältnis herauszukommen? Ein Traum, zu schön, um wahr zu sein?

Karl-August Berg, München

Politisches Asyl im Kreml

Die nächstliegende Alternative für Schröders Besuch: Er sondiert sein künftiges politisches Asyl im Kreml. Deutschland sollte umgehend Schröders Gazprom- und Rosneft-Vermögen einziehen und es den ukrainischen Flüchtlingen geben. Das wäre eine kleine Sühne für Schröders "lupenreine" Dienste für den Geheimdienstführungsoffizier und Kriegsverbrecher Wladimir Putin.

Dr. Helmut Hubel, Cheltenham/UK

Geschmacklose Gattin

Pollmer sieht in der betenden Gattin des Altkanzlers, So-yeon Schröder-Kim, zu Recht eine riesige Geschmacklosigkeit. Mich erinnert dies an eine Fotomontage, die Herrn Schröder in der Pose des visionären Mönchs in Caspar David Friedrichs romantischem Gemälde "Mönch am Meer" darstellt. Damals diente die Verbindung von religiöser Kunst und Politik der Werbung für Schröders Kanzlerkandidatur. Seine Vision als Mönch stellte sich später als das profane Projekt Nord Stream 2 heraus. Welche Vision hat seine Gattin in der Pose einer betenden Madonna? Vielleicht wieder Nord Stream 2, worüber ihr Ehemann womöglich im Kreml mit Putin spricht? Oder dessen Ukraine-Krieg, für den die umstrittene Pipeline ein willkommenes Druckmittel auf die deutsche Regierung bedeutet?

Prof. em. Dr. Herta Schmid, München

Schröder als Vermittler

Ich möchte Putins militärischen Überfall auf die Ukraine nicht rechtfertigen. Es ist die größte und bisher unvorstellbare Katastrophe, die durch einen Menschen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa verursacht wurde. Als (Sozial-)Demokrat bin ich aber entsetzt über das an eine Hexenverbrennung grenzende Kesseltreiben, das von den Medien und sogar von seiner eigenen Partei gegen den Bundeskanzler a. D. betrieben wird. Das Argument, der Altkanzler müsse sich von seinem "Freund" Putin lossagen und seine Position bei Gazprom aufgeben, wäre für mich nachvollziehbarer, wenn alle Geschäftsleute, Gesellschaften und deutschen Konzerne, die Geschäftsbeziehungen mit Russland haben, auch so angeprangert würden.

Offenbar wird total vergessen, welche Verdienste Schröder um die Republik geleistet hat. Nur zur Erinnerung: Er transformierte die Wirtschafts- und Sozialpolitik, wovon die Wirtschaft seit 20 Jahren überproportional profitiert. Er hat den deutschen Universitäten mit der Exzellenzinitiative wieder zu weltweitem Ansehen verholfen. Er hat Rückgrat bewiesen mit dem klaren Nein zu dem auf Lügen aufgebauten Militäreinsatz im Irak. Dies ist nur ein Auszug der Arbeit von Gerhard Schröder. Nicht er demontiert sich, dafür sorgen sehr gezielt die Medien. Zielführender in diesem gefährlichen Konflikt wäre es, sich zu überlegen, ob Schröder nicht eine der wenigen westlichen Personen ist, die einen positiven Einfluss auf Putin nehmen könnten.

Hubert Klemenjak, Mindelheim

Machtmenschen

Putins Ego-Trip und das unreflektierte Verhalten des Altkanzlers Schröder - enger Putin-Freund seit der Pipeline-Connection - macht uns fassungslos. Entweder sind beide verrückt oder sie stützen sich gegenseitig als rückwärts gerichtete Machtmenschen, die noch mal "auf den Putz hauen" wollen.

Eberhard Bonse, Neuss

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Quelle:
SZ vom 16.03.2022
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