Sprachlabor:Bunker von Hitler

Lesezeit: 1 Min.

(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Und: Was geschieht, wenn abgekultet wird?

Von Hermann Unterstöger

DAS „ZWITSCHERN VON DEN VÖGELN“ wird in der alten Duden-Grammatik als Exempel dafür präsentiert, wie der vielen Leuten verdächtige Genitiv nicht umschifft werden sollte. Wobei es durchaus Konstellationen gibt, die eine Umschreibung mit von ratsam erscheinen lassen. Die Grammatik dazu: Soll der Urheber genannt werden, sagt man „die Bilder von Dürer“, weil unter den „Bildern Dürers“ ja auch ein Cranach gewesen sein könnte. Leserinnen und Leser waren so nett, in der SZ auf solche Fälle zu achten, beispielsweise auf den „Oberst von der Spezialeinheit“, der möglicherweise vom „Mann vom Sprengkommando“ beeinflusst war. Der „Bunker von Adolf Hitler“ war mit dieser Vermutung nicht zu rechtfertigen, und der Satz, es würden „Partys von Juden boykottiert“, hatte das Potenzial, hastige Leser zu falschen Folgerungen zu verleiten. Ähnlich verhält es sich bei „Baby von toter Frau gefunden“; vermutlich wollte der beißende Leserkommentar „Wie hat sie das geschafft?“ nur das Schillernde solcher Formulierungen aufdecken. Und die „Grenzen von Sport“? Sie könnten die Grenzen von Genitivumschreibung zeigen.

AUS DEM KOSMOS. In einer Korrektur wurde die Anzahl der Galaxien von zwei Trillionen auf zwei Billionen berichtigt. Dabei fiel die Bemerkung, dass es „auf der Welt mehr Sandkörner als Galaxien gibt“, wozu Leser W. eine weitere Korrektur für angebracht hielt. Wohlan denn: Nach Recherchen des Sprachlabors gibt es auf der Welt gar keine Galaxien.

WAS ES MIT „ABKULTEN“ auf sich hat, wissen wir nicht, doch scheint es, liebe fragende Leser A. und Sch., mit Wörtern wie abhotten, abturnen und ablosen verwandt zu sein, wenigstens formal. Es ist erlaubt, sich in so einer Notlage kollegiale Hilfe von auswärts zu holen, in diesem Fall von der Zeit, in der Anna Mayr vor gut einem Jahr folgende Berlin-Analyse abgab: „Alle haben was zum Abkulten. Nur Berlin: nichts! Der Mensch braucht aber Kultigkeit, um glücklich zu sein.“ Herr A. kam überdies mit triggersensibel nicht zurecht, wir ebenfalls nicht. Vielleicht erreicht uns aus dem Leserkreis ein Tipp. Dann wird aber so was von abgekultet …

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: