Zu "Wir brauchen keine Geschenke" vom 4. Januar:
Meilenstein Heinze-Frauen
Im Beitrag zur Lohnlücke zwischen Frauen und Männern ist nicht nur die Praxis dargelegt, mit der in den USA und Deutschland das Problem des Equal Pay verhandelt wird, sondern unter Bezug auf Hedwig Dohm auch dessen historische Dimension. Umso bedauerlicher ist es, dass sie sich nicht auf den Prozess bezieht, in dem 29 Frauen aus Gelsenkirchen, bekannt als "Heinze-Frauen", 1981 erstmals erfolgreich den Anspruch auf Lohngleichheit vor dem Bundesarbeitsgericht erstritten haben. Anders als in FAZ und Spiegel berichtet, war nicht Birte Meier die erste Frau, die einen solchen Erfolg erreichte. Es gelang bereits diesen angelernten Fotolaborantinnen mit der von Gewerkschaften, Frauenbewegung und einem breiten Medienecho unterstützten Sammelklage vor 40 Jahren. Ihr Sieg war und ist ein Meilenstein auf dem langen Weg zum Equal Pay und ihr Song gilt unverändert: "Keiner schiebt uns weg!"
Dr. Marianne Kaiser, Gelsenkirchen
Das Geschlecht spielt keine Rolle
Der Artikel ist einseitig: Sowohl in der Überschrift mit "Frauen verdienen weniger als Männer in den gleichen Jobs" als auch unter der Grafik mit "Bezahlung nach Geschlecht". Es geht um die - zweifelsfrei bestehende - Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, wenn wir verschiedene Tätigkeiten vergleichen. Dieser Gender-Pay-Gap beträgt 18 Prozent. Die Botschaft des Artikels ist jedoch: Es gibt Ungleichbehandlungen bei gleicher Tätigkeit. Und das ist meist falsch. In Deutschland gibt es keine Arbeitsverträge nach Geschlecht, sondern nach Tätigkeiten. Das gilt auch für Angestellte im öffentlichen Dienst, Beamte und für Mindestlöhne. Eine Kassenkraft bei einem Lebensmitteldiscounter verdient ein bestimmtes Gehalt - unabhängig davon, ob sie weiblich oder männlich ist.
Die Analyse zeigt, dass in der Bundesrepublik Einkommensunterschiede weit verbreitet sind: Es gibt West-/Ost-, Süd-/Nord- oder Stadt-/Land-Unterschiede, sowie bei Betriebsgröße, Branchenzugehörigkeit usw. Die Unterschiede sind teilweise höher als 23 Prozent, festgeschrieben durch Tarif- oder BAT-Verträge für gleiche Tätigkeiten. Das Geschlecht spielt keine Rolle. Vor diesem Hintergrund ist der Artikel bedauerlich. Die Autorin ignoriert die Tatsache, dass der von ihr bemühte "unbereinigte gender pay gap" regional sehr unterschiedlich ausfällt. In vielen Gegenden in Ostdeutschland weist die "unbereinigte Lohnlücke" Werte um minus 20 Prozent auf. Dort verdienen Frauen pauschal 20 Prozent mehr als Männer. In einigen Gegenden in Westdeutschland liegt die unbereinigte Lohnlücke bei 40 Prozent und mehr. Dort sind Schlüsselindustrien angesiedelt. Die Paare dort haben ihr Rollenmodell angepasst. Männer arbeiten Vollzeit und verdienen überdurchschnittlich gut. Viele Frauen bleiben zu Hause und nehmen eine 450-Euro-Tätigkeit an, die mit einem geringeren Stundenlohn entgolten wird (obwohl sie gut ausgebildet sind). Das geltende Ehegatten-Splitting führt jedoch zu großen Steuerersparnissen für das Paar. Mit dem Zuverdienst der Frau kann locker der Jahresurlaub finanziert werden. Die Schwäche des Artikels liegt darin, dass er Zusammenhänge ignoriert, an der Oberfläche verharrt und so falsche Schlüsse kommuniziert.
Gerd Riedmeier, Wasserburg
Gilt nur für Westdeutschland
Danke für den sehr treffenden Artikel. Er gilt so aber nur für Westdeutschland. In den neuen Bundesländern hat sich durch die vielen Neugründungen von Kleinbetrieben durch in Ostdeutschland Aufgewachsene das Gehaltssystem der DDR erhalten mit fast gleichen Einkommen für Frauen und Männer.
Prof. Wolf Wagner, Erfurt