G-20-Gipfel:Protest als Bürgerpflicht

Die Demonstrationen in Hamburg werden laut einer Leserin von einer breiten Basis getragen. Man dürfe nicht so tun, als wären nur Autonome unterwegs.

"Platz dem Zorn" und "Schlafen verboten" vom 4. Juli sowie "Nieselregen statt Wasserwerfer" vom 3. Juli und "Alles kurz und klein" vom 1./2. Juli:

Verfehlte Wirtschaftspolitik

Wer sich allein aus der SZ über den Protest gegen den G-20-Gipfel in Hamburg informiert, könnte den Eindruck gewinnen, dass es zwischen Familienausflüglern und gewaltbereiten Extremisten keinen politisch artikulierten Protest gegen die Klima- und Wirtschaftspolitik der "G 20"-Staaten gebe. Was als disparates Sammelsurium an Themen dargestellt wird, ist ja tatsächlich ein inhärent vernetztes Geflecht an Symptomen einer verfehlten Wirtschaftspolitik. Das Verschwinden von Kuh, Kiebitz und Biene von unseren Weiden sowie die erhöhte Belastung des Trinkwassers hängen ursächlich zusammen mit dem Einsatz gefährlicher Pestizide und dem Exportüberschuss in der Fleischproduktion. Die zu Massenmigration führende Misere in Afrika (Thema des Gipfels) ist unter anderem Konsequenz eines Festhaltens an fossilen Energien im "globalen Norden", dessen wettbewerbsverzerrende Subventionspolitik (unter anderem von Fleischexporten nach Afrika) die Wirtschaft des globalen Südens zusätzlich schwächt und dort soziale Erosion erzeugt.

Dass unser ökonomischer Erfolg darüber hinaus etwas mit Lohndumping und sklavereiähnlichen Arbeitsverhältnissen zu tun hat, ist auch kein Geheimnis. Dieses Wissen liegt seit Längerem auf dem Tisch und ist inzwischen breiter Konsens, wie Sie schreiben. Der öffentliche Protest wird aber nicht dadurch lächerlich oder disparat oder weniger wichtig, dass er die Komplexität der Situation abbildet.

In Hamburg sah ich keine Revolutionsnostalgiker, sondern gestandene Menschen, die bei Nieselregen und mit schmerzenden Füßen ihre Bürgerpflicht ausübten, gegen unfaire globale Praktiken zu protestieren. Unser Protest war zivilisiert und humorvoll, aber unsere Wut ist grenzenlos.

Gesa Mackenthun, Bad Doberan

Wer schützt uns vor der Polizei?

Im Leitartikel mit dem Titel "Platz dem Zorn" lobt die SZ das Demonstrationsrecht. "Schlafen verboten" auf Seite 6 zeigt die Realität: Das verbriefte Recht ist für jede Stunde neu zu erstreiten. Campen ja / Schlafen nein? Verstehe den Irrsinn, wer will. Die Botschaft ist klar: Wir dürfen demonstrieren - aber jeder Schritt muss vor dem Verfassungsgericht erstritten werden. Wer sich aktiv in der G-20-Politik mit anderer Meinung engagiert, ist linksradikal = gewaltbereit. Die Schuldigen sind lange bekannt, werden jetzt vom Verfassungsschutz an den Pranger gestellt. Ist Deutschland im Bürgerkrieg? Stehen da Polizisten oder doch eher Monster? Wer schützt die Bürger vor solchen Aktionen von Verfassungsschutz und Polizei?

Heribert Heck, Neuss

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: