Fußball:Brot und Spiele gegen das Virus

Viele Leser sehen den Bundesliga-Start am Wochenende kritisch: zu riskant, zu schnell und gegenüber anderen Teilen der Gesellschaft ungerecht. Und ob die Profis sich an die Corona-Regeln halten?

Zu "Parallelwelt Fußball" vom 8. Mai, "Gestartet wird ab Tag X im Mai", 7. Mai sowie zu "Der Faktor Gedankenlosigkeit", 6. Mai:

Bei allem Verständnis für den Bedarf vieler Lockerungen kann ich die Notwendigkeit, mit dem Profifußball wieder zu starten, in keiner Weise nachvollziehen. Die Bedeutung dieses Profifußballgeschehens halte ich seit Jahren für unangemessen und überzogen. Was hat Geld mit Sport zu tun?

Besonders macht mir Sorgen, dass die nun geplanten sogenannten Geisterspiele mit Sicherheit zahllose private Partys zum Fußballschauen nach sich ziehen werden. Hat sich irgendwer darüber Gedanken gemacht, welche Infektionsrisiken davon ausgehen?

Gunther Dreher, München

Wie kommt man zu der Einschätzung, dass zwölf Infizierte in den Bundesligateams nicht viele sind? Beherrschen die Ministerpräsidenten nicht den Dreisatz? Wenn von 1770 Spielern und Betreuern zwölf krank sind, wie viele Corona-Kranke gibt es dann hochgerechnet bei 1,4 Millionen Menschen etwa in München?

Für mich ist es ein Skandal, dass für die Bundesliga alle Corona-Kennzahlen für ungültig erklärt werden und der Spielbetrieb bei diesen Zahlen und der Missachtung der Hygienevorschriften (Hertha-BSC-Fall) der Bundesligabetrieb wieder aufgenommen wird. Es ist auch bezeichnend, dass der hessische Innenminister, wie viele andere auch, nicht die Spieler kritisierte, die die Hygiene-Vorschriften gröblichst verletzten, sondern den Spieler, der es öffentlich machte.

Jürgen Schulte, Hamburg

Nachdem Branchen von weitaus größerem volkswirtschaftlichen Nutzen und auch die Kultur wegen der Sars-CoV-2-Pandemie inzwischen völlig darniederliegen, und nachdem in unseren Nachbarländern Frankreich, Belgien und den Niederlanden anders über die Restsaison des Profifußballs entschieden wurde, fragt man sich schon nach dem wahren Grund des Hofierens des deutschen Profifußballs. Antwort vermag vielleicht die Geschichte zu geben: Schon Juvenal (etwa 58 - 138 n. Chr.) wusste, dass die Plebs effizient ruhigzustellen sei, indem man ihr panem et circenses (heute: "Einmal Currywurst mit Pommes!" und Fußball) verabreiche.

Uwe Menrath, Bad Mergentheim

Über 80 Millionen Menschen in diesem Land wird seit Wochen mantraartig gepredigt: "Abstand halten!" Und jetzt gilt das für eine kleine Gruppe nicht mehr. Oder spielen die etwa kontaktlos? Und Hunderttausende Amateursportler schauen in die Röhre! Noch ein "Nichtprivileg": Zwei Fußballer und ein Physiotherapeut des 1. FC Köln werden positiv getestet und sollen in Quarantäne, der Rest trainiert weiter. Gleichzeitig liegt vor Cuxhaven ein Kreuzfahrtschiff mit fast 2900 Besatzungsmitgliedern, von denen einige positiv getestet wurden. Das ganze Schiff wird unter Quarantäne gestellt!

Alfred Krombach, Gießen

Carolin Emcke zeigt in "Parallelwelt Fußball" sehr gut auf, wie krank der Fußball ist. Neuer Tiefpunkt wird jetzt mit den Geisterspielen erreicht. Viele der wahren Fans, die den Fußball lieben, fühlen sich dadurch immer mehr von diesem Fußball abgestoßen und wenden sich immer mehr ab von den Profiligen. So auch meine Wenigkeit. Vielleicht ist dies die einzige Chance zur Rückkehr eines wirklich sportlichen Fußballs: Boykott.

Artur Borst, Tübingen

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