Frauenfußball:Von Geld, Image und einem ewigen Vergleich

Profi-Fußballerinnen sollten sich nicht aus Gier nach Sponsoren die Strukturen des Männerfußballs aufoktroyieren lassen, meint ein Leser. Das Geschäftsmodell funktioniere eh nicht, meint ein anderer.

Zu "Rebellinnen auf dem Rasen" vom 8./9./10. Juni und "Steilpass in die Zukunft" vom 7. Juni:

Kann sich jemand ernsthaft wünschen, dass die schwachsinnigen Strukturen des Männerfußballs endlich auf den Frauenfußball übertragen werden? Der Artikel benennt ja - in naiver Unschuld -, worum es dabei geht:"finanzielle Investitionen, bessere Infrastruktur, mehr Marketing, regelmäßige Fernsehpräsenz". Um mehr Geld also (das, nebenbei gesagt, zum größten Teil Männer verdienen werden) und die ausschließlich kommerziellen Interessen von Eventveranstaltern, Sponsoren und Medienunternehmern. Das ist, als wünschte man sich, dass bald auch jeder dritte Mensch in Indien, China und Afrika ein SUV fahren und sieben Flugreisen im Jahr unternehmen wird. Es ist doch umgekehrt. Der Männerfußball muss endlich das erreichen, was dem Frauenfußball schon seit Jahren mühelos gelingt: angemessene Gehälter und Transfervorgänge, eingedämmte Korruption, friedliche Atmosphäre in den Stadien, keine Ausschreitungen nach den Spielen und billige (oder kostenfreie) Karten, für alle, die sich wirklich für den Sport oder seine Akteurinnen interessieren. Was soll der Unfug mit der "Trikot- und WM-Ball-Präsentation"? Hat sich jemals ein Mensch angeschaut, wie die Kanuten ihr neues Ruderhemdchen und das WM-Paddel präsentieren? Das wird doch alles völlig offensichtlich von Adidas und irgendwelchen millionenschweren Fußballfunktionären und -lobbyisten diktiert. Die Frauen machen es schon heute richtig, nicht die Männer! (Natürlich nur beim Fußball.)

Gerard Kozdon, Weil am Rhein

Hier haben die Fußballfrauen und auch die Autorin des Artikels den feministischen Tunnelblick. Tatsache ist doch, dass es fast unmöglich ist, in München oder Dortmund eine Eintrittskarte für ein Bundesligaspiel zu bekommen, obwohl die beiden Stadien zusammen mehr als 155 000 Plätze haben, während ein Frauenfußballbundesligaspiel meist vor ein paar Hundert oder vielleicht mal tausend Zuschauern stattfindet. Und dass Voss-Tecklenburg eher für einen Landkreis in Ostvorpommern gehalten wird als für den Namen der Bundestrainerin, ist symptomatisch für den Bekanntheitsgrad. Wie viel Prozent der Bevölkerung weiß überhaupt, wie der deutsche Meister im Frauenfußball heißt? Wenn also die Frauen streiken würden, würden das höchstens ein paar Prozent der Bevölkerung überhaupt mitbekommen. Dass der Frauenfußball bis 1970 verboten war, war natürlich eine Sauerei. Aber das Interesse der Fans ist doch bescheiden.

Und dass zum Beispiel die Frauen zum Beispiel bei Tennis-Grand-Slam-Turnieren bevorteilt werden, wird wohlweislich verschwiegen. Während die Männer drei Gewinnsätze spielen müssen, was öfters zu mehr als vierstündigen Fünf-Satz-Matches führt, können die Frauen bereits nach zwei Gewinnsätzen ihre Hände in den Schoß legen. Trotzdem erhalten sie für die höchstens halb so lange Arbeit die gleiche Prämie wie die Männer. Wo bleibt da der Aufschrei? Und nicht zuletzt: Woher soll das zusätzliche Geld für den Frauenfußball denn kommen? Die Zuschauereinnahmen nahe null, der Werbewert der Fußballdamen auch niedrig, Ablösesummen sind vernachlässigbar, Fernseheinnahmen nahe null.

Frauenfußball ist eben Amateursport, genauso wie Kanufahren oder Badminton. Für finanzielle Forderungen haben die Fußballdamen schlichtweg die falsche Sportart. Sie entbehren somit jeder Grundlage. Aber ein Badmintonspieler spielt auch nicht für Geld, sondern weil es ihm Spaß macht. Man sollte also die Kirche im Dorf lassen.

Carl Schauer, München

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