Süddeutsche Zeitung

Franziska Giffey:Für den schnellen Erfolg 

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Die Plagiatsvorwürfe gegen die Familienministerin entlarvten ein Forschungssystem, welches oberflächliches Arbeiten fördere, meint ein Leser. Ein anderer will Beweise abwarten.

Zum Plagiatsverdacht in "Wikipedia statt Habermas" vom 9./10. Februar:

Seit den Tagen der Guttenberg-Affäre vermisse ich in der SZ-Berichterstattung zum Thema "Plagiate" eine zumindest in Ansätzen durchdachte Vorstellung davon, was eine eigenständige Autorenleistung sein soll. Nur eine solche Leistung kann ja schützenswert sein. Mit den rein wortstatistischen Methoden der von der SZ hofierten Plattform Vroni Plag, ihrer eigenwilligen Terminologie und Öffentlichkeitsarbeit (bei weitgehend anonymer Tätigkeit) lässt sich eine solche Vorstellung nie gewinnen.

Prof. Dr. Henning Theißen, Greifswald

Wem in unserer Effizienzgesellschaft schneller Erfolg wichtiger ist als gründliche Erforschung, der darf sich nicht wundern, von Vroni Plag aufgespießt zu werden. Bei einer Doktorarbeit geht es darum, einer Sache sorgfältig auf den Grund zu gehen, auch wenn das mehr Zeit erfordert. Die Qualität der akademischen Leistung liegt nicht im Zeitgewinn, sondern im Erkenntnisgewinn. Die Forschungseinrichtungen müssen sich endlich wieder freimachen von dem fatalen Time-is-money-Missverständnis. Benjamin Franklins Rat von 1748 galt einem Händler ("Advice to a Young Tradesman"), nicht einem Wissenschaftler. Dem effizienzsüchtigen Neoliberalismus geht es um schnelles Geld, nicht um Genauigkeit. So entsteht minderwertige Massenware; besonders peinlich enthüllt sich die in Kauf genommene Oberflächlichkeit, wenn man Fehler abschreibt. Dass so etwas auch dem Prüfungsausschuss der den Titel verleihenden Fakultät entgangen ist, zeigt, dass das System nicht um wissenschaftliche Qualität bemüht ist, sondern um Zeitgewinn und quantitativen Output.

Dr. Dietrich W. Schmidt, Stuttgart

Ob da etwas Ernsthaftes dran ist oder nicht, ist noch lange nicht bewiesen, wie Sie auch selbst schreiben. Erfreulicherweise leben wir in einem Rechtsstaat und da gilt die Unschuldsvermutung. Da die Prüfung der Dissertation noch nicht abgeschlossen ist und derzeit von einer Person (die anonym ist wie die meisten "Prüfer" auf Vroni Plag) durchgeführt wird, erscheint mir Ihre Veröffentlichung nicht nur deutlich verfrüht, sondern auch ehrenrührig.

Prof. Dr. Hasso Reschke, München

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Quelle:
SZ vom 14.02.2019
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