Flüchtlingshelfer:Retter des Abendlands

Wenn Flüchtlinge von den Schiffen privater Initiativen aus Seenot gerettet werden, müssen sich diese den Vorwurf gefallen lassen, sie förderten das Schlepperwesen. Viele Leser halten das für absurd, einige nicht.

karriforum290417

SZ-Zeichnung: Denis Metz

"Helfen die Helfer?" vom 19. April sowie "Rettungsschiffe in Seenot" vom 18. April:

Aufruf zu Straftat

Wenn über die Aktivitäten privater Initiativen (sogenannter NGOs) zur Rettung von in Seenot geratener Menschen berichtet wird, hört man immer häufiger den Aufruf, diese Menschen doch besser ertrinken zu lassen. Denn dadurch würde man ja eine verständliche Botschaft aussenden. Man liest das in Internet-Foren und hört es auch aus den aktuellen Äußerungen von Frontex heraus. Dieser Aufruf ist eine Anstiftung zur Begehung einer Straftat (siehe Paragraf 323c StGB). Aber vor allem zerstört dieser Aufruf das Herz unserer abendländischen Kultur. Das Abendland wird dadurch im Innersten getroffen. Menschen sehenden Auges in der Not nicht zu helfen, ihnen beim Ertrinken zuzusehen und zuzuhören, und dann von den Werten das Abendlandes, das heißt, von einem christlich oder philosophisch geprägten Humanismus zu reden, das geht nicht. Wir verraten hier nichts weniger als die Seele des Abendlandes. Und die NGOs versuchen ja nicht nur, in Not geratene Menschen zu retten, sie versuchen auch, diese Seele das Abendlandes zu retten. Dr. Christoph Spagl, Kirchheim

Absurde Argumentation

Als zentrale Fluchtursache werden schon seit Längerem die Schlepper und mittlerweile allen Ernstes - oder konsequenterweise, wie man will - die Helfer genannt, die Flüchtlinge aus dem Mittelmeer fischen. Als würden die sich auf den Weg machen, weil sie möglicherweise nicht ertrinken! Wer eine solche Argumentation nicht für absurd hält, möge sich einmal den Vergleich mit den Zeiten vor dem Mauerfall vor Augen führen: Wer damals behauptet hätte, Menschen würden aus der DDR flüchten, weil Schlepperbanden (die damals noch Fluchthelfer hießen) dies ermöglichten, wäre mindestens für unzurechnungsfähig erklärt worden. Mauer und Stacheldraht - die man heute am liebsten um halb Afrika und Vorderasien ziehen würde - galten als Gipfel der Unmenschlichkeit, der Ostblock als Völkergefängnis, in das man Libyen unter anderem jetzt gern verwandeln würde. So hingen und hängen Flüchtlinge vollständig davon ab, ob es irgendwo ein Land gibt, das mit ihnen politisch etwas anfangen kann. Mathias Günther, Hamburg

War da was mit Krieg?

Natürlich ist das Flüchtlingsdrama mit all seinen Aspekten äußerst kompliziert. Vor allem wenn man die verschiedenen Interessen berücksichtigt und das Interesse auf Leben mit dem Interesse, weiterhin in unbeschränktem Wohlstand zu leben, gleichgesetzt wird. Dabei gerät leicht aus dem Blick, dass die gemachten Lösungsvorschläge nur an der Oberfläche des Problems kratzen und selbst dieses Kratzen nur sehr stümperhaft erfolgt.

Der Kern des Problems spielt weder in der öffentlichen Diskussion noch in der Politik eine wirkliche Rolle. Solange um den heißen Brei herumgeredet und nicht glasklar gesagt wird, dass ohne Bodenreformen in den Fluchtländern, dass mit einem Freihandel nach kapitalistischen Regeln und dass insgesamt mit einem kapitalistischen Wirtschaftssystem die Fluchtursachen nicht zu lösen sind. Besonders deutlich wird die Unfähigkeit der Verantwortlichen, wenn Fluchthelfer und Hilfsorganisationen mitverantwortlich für das Flüchtlingsdrama gemacht werden.

Fliehen die Menschen aus Afrika, Syrien, Afghanistan, weil ihnen die Fluchthelfer so tolle Angebote machen? War da etwas mit Krieg, Hunger und Versklavung?

Die Antwort auf diese Fragen ist eine Binsenweisheit, aber der Fokus immer wieder in diese Richtung entlarvt den mangelnden Willen, das Problem wirklich zu lösen. Die bekannten Rezepte tun den Flüchtlingen weh. Eine wirkliche Problemlösung würde uns ein klein wenig einschränken, aber das geht offenbar gar nicht. Scheinheilige, verlogene Welt. Eusebius Kögel, Niedertaufkirchen

Mehr Hilfe in die Lager senden

Für mich ist es absolut klar, dass alle, die auf das Meer fahren und nach Schiffbrüchigen suchen, an vielen dieser Tragödien mitschuldig sind. Denn das Seerecht verpflichtet zwar dazu, Schiffbrüchige aufzunehmen, aber nicht, nach ihnen zu suchen. Und dass auf dem Meer Schiffe sind, die nach Flüchtlingsbooten Ausschau halten, wissen mit Sicherheit nicht nur die Schleuser, sondern auch die Geschleusten. Was nötig war, ist und bleibt - eine große finanzielle und personelle Unterstützung der in den Flüchtlingslagern des Mittleren Ostens und Afrikas lebenden Menschen - davon wird von den Regierungen nur geredet, aber nicht genug getan. Wir können Kalkutta nicht retten, indem wir es zu uns holen, hat mal ein kluger Mensch gesagt. Dem schließe ich mich an.Willy Klein, Ibbenbüren

Sinnbild für den Untergang

Für Migration und Integration wurden 2016 vom Bund etwa 22 Milliarden Euro und noch einmal etwa dieselbe Summe von Ländern und Kommunen aufgebracht. Die sich für 2017 abzeichnende Flüchtlingswelle wird von den Steuerzahlern weitere finanzielle Opfer fordern.

Ein Sinnbild für den sich abzeichnenden Untergang Europas bzw. Deutschlands sind die mit Flüchtlingen überladenen und in Seenot geratenen Schiffe Sea-Eye und Iuventa, die quasi NGO-Menschenschlepperschiffe darstellen. Die Kosten für Unterbringung und Alimentierung der Migranten müsste man eigentlich diesen privaten Rettungsvereinen aufbürden. Wenn die ungebremste Migration nicht unterbunden wird, kommt das deutsche Staats-Schiff in Seenot mit allen negativen Folgen, die den sozialen Frieden, die innere und äußere Sicherheit und das einvernehmliche Miteinander gravierend gefährden. Dr. Manfred Keller, München

Mitschuldig an ihrem Leid

Zum Gastbeitrag "Afrika richtig helfen" vom 15./16./17. April: Der Geschäftsführer der katholischen Hilfsorganisation Misereor, Martin Bröckelmann-Simon, versucht, die wichtigsten Ursachen der Massenflucht über das Mittelmeer aufzuzeigen. Dabei sieht er in den schwachen Staatsstrukturen des afrikanischen Kontinents Korruption und organisierte Kriminalität florieren, macht aber auch die Industrieländer mitverantwortlich.

Mit seinen Ursachenanalysen bietet Bröckelmann-Simon freilich keine neuen Erkenntnisse: Der interessierte Leser wird sich nämlich insbesondere auf die beiden Essays der Politikwissenschaftler Andreas Eckert (Entwicklung in Afrika) und Uwe Holtz (Entwicklungspolitik) in Aus Politik und Zeitgeschichte (34-35/2009 bzw. 10/2010) verweisen lassen. Und dennoch überrascht der Appell des Autors "Afrika richtig helfen", weil immerhin in den vergangenen sechzig Jahren zwei Billionen Dollar Entwicklungshilfe in den Kontinent geflossen sind. Seither wurde dort das Wirtschaftswachstum durch handelspolitische Eigeninteressen der Geberländer immer wieder behindert, Bürgerkriege und Staatsstreiche vernichteten ökonomische Fortschritte.

An diesem Befund werden auch die von dem Autor angekündigten Leitlinien der Bundesregierung zur Friedensförderung und Krisenprävention nichts ändern können, denn auf diesen Gebieten dürften in den vergangenen Jahrzehnten die deutschen Auslandsvertretungen sowie die parteinahen Stiftungen in Afrika längst tätig gewesen sein. Wenn dann noch kriegsbedingte Flüchtlingsströme und Dürre- und Hungerskatastrophen hinzukommen, wird Afrika alsbald ein "verlorener Kontinent" sein. Zurzeit sind in der Sahelzone 20 Millionen Menschen vom Hungertod bedroht. Dr. Manfred Neumann, Bad Nenndorf

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: