Süddeutsche Zeitung

Fleisch:Alles hat einen Preis

Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch von sieben auf 19 Prozent klingt erst mal ambitioniert, wird aber nach Ansicht von Lesern das Leben des einzelnen zu schlachtenden Tieres nicht verbessern.

Zu "Kleine Zahlen mit großer Wirkung", "Nur Gesetze helfen" und "Angeblich böse" vom 8. August und "Ein Akt der Verzweiflung" vom 7. August:

Mehr Platz und frische Luft

Fehlanreize durch höhere Steuern zu bekämpfen dient nicht dem Tierwohl. Es braucht eine Änderung der Tierhaltungsvorschriften. Mehr Platz und frische Luft sind die weitaus bessere Alternative. Alte Politikrezepte mit zweifelhafter Wirkung sind kurzatmig und der falsche Weg. Mehr Rindfleischeinfuhren aus den USA oder Brasilien verschärfen nur die Klimaprobleme auf der ganzen Welt. Massentierhaltung indes löst kein Ernährungsproblem in Afrika und anderswo.

Thomas Bartsch-Hauschild, Hamburg

Hauptsache Gewinnmaximierung

Die politisch intendierten Schnellschüsse aus der Hüfte, gerade sehr oft zu verorten bei den Grünen, zeichnen sich meist durch eine deutliche Diskrepanz zwischen der Schlichtheit der gefundenen Problemlösung und der tatsächlich gegebenen Komplexität der Problemstellung aus, im Augenblick wieder mal erlebbar bei der Forderung nach einer Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch.

Wie die Autorin Kathrin Zinkant richtig ausführt, würde derlei Vorgehen den Verbraucher im Billigfleischsektor nicht gerade schmerzlich treffen, oder besser gesagt gar nicht treffen, wenn denn die Discounter dazu übergingen, die Preiserhöhung an die Produktionsebene weiterzugeben, was die Massentierhaltung dann erneut unter Druck bringen könnte. Das Tierwohl gehört gesetzlich geregelt, und dazu fehlt der politische Wille. Dass tatsächlich beschlossene Verbesserungen oft noch Jahre ausgesetzt werden, verdeutlicht zusätzlich diese Position der Gewichtung: Gewinnmaximierung vor Tierwohl. Ich weiß, dass ein Wirtschaftsbetrieb gewinnorientiert arbeiten muss. Ich weiß, dass der freie Markt, der alle Beteiligten zu ihrem Recht kommen lässt, eine gute Sache ist. Es scheint aber leider so zu sein, dass heute Gewinnorientierung zwingend in Gewinnmaximierung überführt werden muss, was oft nicht ohne erneute Verlierer im System zu haben ist. Der Verbraucher hat in diesem Spiel der "freien" Kräfte eine bedeutende Stellung, die allerdings nicht lediglich auf seine Kaufkraft zu reduzieren ist.

Dr. Franziska Weber, Oberhaching

Freiwilligkeit bringt nichts

Man muss schon staunen, auf welche Ideen so manche Politiker kommen, um das Tierwohl bei der Massentierhaltung herstellen zu wollen. Als ob jemand ernsthaft glauben kann, die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch würde an den Praktiken zahlreicher Massentierhalter etwas ändern. Außerdem fließen Steuern in den Gesamthaushalt und können nicht spezifisch verwendet werden. Will man den Tierquälereien ein Ende setzen, muss gegen die Betriebe mit aller Härte vorgegangen und gegebenenfalls ein Betrieb kurzerhand geschlossen werden. Aber offenbar gibt es zu wenige Kontrolleure, und Beweise von Tierschützern führen in der Regel zu keinen oder lächerlichen Konsequenzen. Frau Klöckner scheint mir eher eine Ministerin für die Bauern zu sein als für Tierschutz und Verbraucherinteressen. Freiwilligkeit hat in dieser Republik selten zum Erfolg geführt. Es braucht daher keine Steuererhöhungen auf Fleisch, es braucht die Durchsetzung von Recht und Gesetzen gegen die Tierquälerei in den Kuh- oder Schweineställen beziehungsweise im Schlachthof.

Reinhard Matthies, Pinneberg

Artgerechte Haltung gibt es nicht

Schon alleine der Begriff Tierwohl ist in der Massentierhaltung gelinde gesagt eine große Schweinerei. In der Tierhaltung kann es nie und nimmer eine artgerechte Haltung geben, denn der tierhaltende Mensch, der will nur eines, nämlich Fließbandfleisch, und das so kostengünstig, wie es nur geht. Danach findet das Leiden der Tieren immer noch kein Ende; der kreaturverachtende Tiertransport per Lkw zum Schlachthof wartet, als Krönung des guten Geschmacks, auf die zu Tode gestressten Tiere.

Klaus Jaworek, Büchenbach

Zum Nachteil für die Ärmeren

Jetzt wird wieder über eine Erhöhung der Fleischpreise diskutiert, um angeblich das Tierwohl der zu schlachtenden Tiere zu verbessern. Über drei Ecken das Tierwohl zu verbessern kann nie funktionieren. Die Reichen werden weiterhin ihr Fleisch essen, und die weniger betuchten Bevölkerungsteile sind wie immer die Leidtragenden. Das Einzige, was zur Verbesserung der Tierhaltung beitragen könnte, sind verbindliche Gesetze und eine Unterstützung der Landwirte zum Umbau ihrer Stallanlagen durch die EU, die so viel Geld zum Fenster hinauswirft, dass einem schlecht wird.

Johannes Christl, Seeshaupt

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Quelle:
SZ vom 23.08.2019
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