Fahrverbote:Das kann an die Existenz gehen

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Wenn in deutschen Städten - zum Beispiel in Stuttgart - wegen hoher Stickoxid-Belastung nicht mehr gefahren werden darf, bedeutet das nach Meinung von Lesern eine große Ungerechtigkeit.

SZ-Zeichnung: Karin Mihm (Foto: N/A)

" Schmerzlich aber unvermeidlich" vom 12. Juli:

Und dann ausgerechnet Taxis

Mehr Zynismus geht nicht! Die Politik schiebt der Justiz den Schwarzen Peter zu und Journalisten bejubeln die Bestrafung der Unschuldigen und vergessen die Konzerne, die mit Lügen und Betrug Milliarden verdienen. Beispiel: Eine Frau erwartet einen Strafbefehl. Sie will ihren Diesel mit Euronorm 4 nicht updaten, da Gutachten belegen, dass dies schädlich für den Motor ist. Sie ist keine Großverdienerin, und es ist noch nicht lange her, dass sie die letzten Raten für ihr Auto bezahlt hat. Und demnächst soll sie es nun stilllegen, weil ein Richter die Gesundheit für "wichtiger als die Interessen von Industrie und Autobesitzern" befindet. Man nimmt der Frau damit eine ihrer Existenzgrundlagen, ein anderes Auto kann sie sich nicht leisten, zumal es für Euro-4-Autos keine Prämien gibt. Warum? Es soll wohl der Neuverkauf angekurbelt werden!

Findet sich in diesem Land kein Richter, der diejenigen zu Wiedergutmachung verurteilt, die die Gesundheitsgefährdung herbeigeführt haben? Einmal mehr werden "die Kleinen" bestraft, die Betrüger vertuschen weiter und verdienen dabei Millionen.

Wir haben hier in Baden-Württemberg eine grüne Landesregierung und in Stuttgart einen grünen OB. Die sollten sich mal an Istanbul orientieren: Dort fahren Tausende Taxis und Busse umweltfreundlich! Hier tun sich die grünen Regierenden mit "intelligenten" Ideen hervor: So sollen ausgerechnet Vielfahrer wie zum Beispiel Taxis mit Ausnahmeregeln beschützt werden.

.. Dieter Gollong, Stuttgart Keineswegs sind flächendeckende Fahrverbote für nicht mehr brandneue Fahrzeuge unvermeidlich. Das Gegenteil beweist zum Beispiel London mit seiner Citymaut, die nach Nutzungstagen erhoben wird, also die durchschnittliche Schadstoffmenge reflektiert, die ein Fahrzeug, neu oder alt, pro Tag in der City hinterlässt. Diese Art der Intervention senkt die Verkehrsbelastung drastisch und sofort, nicht erst nach Jahren, wie ein generelles Fahrverbot. Es ist daher sicher nicht falsch, hinter dem "unvermeidlichen" Generalfahrverbot die Absatzinteressen der Autohersteller zu vermuten. Und es ist kein Zufall, wenn man in weniger von der Autoindustrie beherrschten Ländern wie Großbritannien oder Schweden die Citymaut für die bessere Lösung hält.

Ebenso wenig ist es Zufall, dass das flächendeckende Fahrverbot nun ausgerechnet in Stuttgart erstmals eingeführt wird.

Natürlich würde man sich in Deutschland mit der Einführung einer Maut nicht beliebt machen. Wenn man es für opportun hält, könnte man den Autofahrern ja mit Freikontingenten entgegenkommen. Aber eine kostenlose Flatrate zur Stadtluftverschmutzung für vielfahrende Neuwagenbesitzer, wie in Stuttgart, ist einfach nur ungerecht. Das werden auch jene bald merken, die sich jetzt genötigt sehen, ein neues Auto anzuschaffen. Schneller als sie denken ist die neue Plakette wieder Schnee von gestern und das Spiel beginnt von Neuem.

Helmut Faust, Röhrmoos

Misstrauen in den Rechtsstaat

Wie kann man von der Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates sprechen, wenn dieser verbietet, dass Autofahrer, die glaubten, dass der Rechtsstaat seine Aufgaben richtig wahrnimmt, auf einmal erfahren müssen, dass das Bundesverkehrsamt jahrelang nicht in der Lage war, die schadhaften Fahrzeuge ausfindig zu machen und dafür auch noch Abgastest-Gebühren erhob? Wie kann man von Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates sprechen, wenn vier Jahre alte Autos als alt bezeichnet werden, wenn das Durchschnittsalter der Autos in Deutschland weit darüber liegt? Ich denke, hier tritt ein großer Vertrauensverlust in den Rechtsstaat ein, da er Autofahrer so behandelt. Würde es dem Rechtsstaat nicht viel besser stehen, eine gleitende Ausstiegsregelung zu treffen, die den Schaden der Betroffenen zumindest mildert.

Wenn man den Autogesellschaften jetzt eine machbare Frist setzt, betroffene Autos mit einem Software Update zu versehen und neue Autos entsprechend geforderter Stickoxid-Mindestwerte zu entwickeln, ist allen geholfen, ohne größeren Schaden. Unabhängig davon, sollte man die kriminellen Elemente, die die Abgasmanipulationen veranlassten, schnellstmöglich ermitteln und zur Verantwortung ziehen. Das erhöht das Vertrauen in den Rechtsstaat.

Jörg Hennig, Köln

© SZ vom 21.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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