Süddeutsche Zeitung

Erbschaftssteuer:Wer fair ist, hat Nachteile

Geht es um teure Immobilien als Familiennachlass, wird's schwierig: Faire Vermieter fühlen sich ungerecht belastet - andere haben wenig Verständnis, wenn Reiche jammern.

"Was hab' ich von einem Koffer voll Geld?", 12. Juli, sowie Leserbrief "So rechnet sich's für die Mieter" vom 13. August:

Steuer am Ertrag bemessen

Wer ein Zweifamilienhaus mit Garten im Münchner Süden erbt, in dem er selbst wohnt und aufgewachsen ist, und wo die Gartenwohnung sozial und günstig vermietet ist, muss inklusive immenser Zusatzkosten für Steuerberater und Gutachter etwa eine Viertelmillion Euro Erbschaftssteuer zahlen. Fünf Jahre lang hängt ein Damoklesschwert ständig neu berechneter "vorläufiger" Steuerbescheide über einem. Wieso bekommt es das Finanzamt nicht beim ersten Versuch richtig hin? Wieso muss man sich eigene Steuerberater und Gutachter nehmen, bis alle endlich zum selben Ergebnis kommen? Tausende Seiten Papierkram, labyrinthische Bürokratie, Verzweiflung, Ängste, wertvolle Lebenszeit. Ein Schock für jeden, dem die Schlitzohrigkeit fehlt, sich rechtzeitig um raffinierte "Steuersparmodelle" zu kümmern!

Hätten die Eltern lieber ihr Geld verprassen oder Kunst kaufen sollen, anstatt Wohnraum zu schaffen? Soll das die Botschaft des Staates sein? Ein Schlag ins Gesicht für soziale Vermieter, die nicht früh genug anfingen, aus ihren Mietern das Letzte herauszupressen, um mit deren Geld dann die Forderungen des Finanzamts begleichen zu können. Wer weniger berechnend dachte, muss dann womöglich seinen Mietern kündigen, sein Familienheim verkaufen? An einen Investor, der es abreißt und mit kleineren Wohnungen höhere Mieten verlangt?

Die Alternativ-Vorschläge des Haus- und Grundbesitzervereins wären eine wertvolle Win-Win-Lösung für Mieter und Vermieter. Wenn schon die Erbschaftssteuer nicht abgeschafft werden kann (wie viel sinnvoller könnte man das Geld selbst in nachhaltige Renovierung und Verschönerung und glückliche Mieter investieren!), dann sollte sie sich nicht am Bodenwert orientieren, sondern am Ertragswert. Denn die Mieterträge richten sich nicht nach Größe des Grundstücks, sondern der Wohnung - der Garten kommt als kostenloser Bonus dazu und hilft der Natur. Und ja, der Staat sollte Immobilienerben behandeln wie Firmenerben - Aufwand und soziale Verantwortung sind ähnlich.

Sabine Matthes, München

Wo ist das Problem für Erben?

Bei einem zu versteuernden Erbe bis zu sechs Millionen Euro beträgt der Steuersatz für Kinder 19 Prozent. Kinder haben einen Freibetrag von 400 000 Euro. Bei zehn Millionen Euro Erbe und drei Kindern ergibt sich für jedes Kind ein zu versteuernder Betrag von 2,9 Millionen. 19 Prozent davon sind 551 000 Euro. Für die Erbengemeinschaft der Kinder finanziert jede Bank ohne Nachzudenken den Gesamtbetrag von 1 653 000 Euro. Die Tilgung und die Darlehenszinsen können aus den monatlichen Mieteinnahmen bezahlt werden. Wieso so reiche Leute auch noch jammern, verstehe ich nicht.

Maria Sturm, Zorneding

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Quelle:
SZ vom 28.08.2021
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