Einfamilienhaus:Mein Haus, mein Garten

Lesezeit: 3 Min.

Welche gesellschaftlichen Implikationen hat der Traum vom Eigenheim? (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

Jan Engelke forscht über Wohnformen der Vergangenheit und spricht im SZ-Interview über das Wohnen der Zukunft. Viele SZ-Leser kritisieren seine Argumentation.

Interview „Das Einfamilienhaus ist eine sexistische Wohnform“ vom 24. Dezember:

Fehlt noch die Förderung

Mit Interesse habe ich den Artikel gelesen, da ich das Thema mit meiner 32-jährigen Tochter und ihrem Partner gelegentlich diskutiere. Mir fehlt in der ansonsten ausgezeichneten Darstellung ein Aspekt: die staatliche Förderung, die für uns eine wesentliche Hilfe darstellte. Wir haben Mitte der 90er-Jahre und Anfang der 00er-Jahre zwei Immobilien gekauft, für die wir jeweils sieben Jahre Förderung erhielten. Die genaue Höhe habe ich nicht mehr parat, es dürften jedoch mit drei Kindern in Summe an die 50 000 Euro gewesen sein. Diese Summe, die 20 oder 25 Jahre später deutlich höher sein muss, würde uns heute aufgrund der entfallenen Förderung fehlen, wir würden daher wohl nicht kaufen (können).

Thomas Prasche, Hanau

Thema verfehlt

Mit großem Interesse, aber auch zunehmendem Unverständnis habe ich den Artikel gelesen. Der Titel des Artikels mag provokant und aufmerksamkeitsheischend sein, doch sowohl die Argumentation als auch die Differenzierung innerhalb des Textes lassen stark zu wünschen übrig.

Der Artikel vermischt zwei völlig unterschiedliche Diskussionsebenen: Zum einen die Frage, wie Bodenflächen effizient genutzt werden können, und zum anderen die Frage, ob die Wohnform „Einfamilienhaus“ strukturelle gesellschaftliche Probleme wie Sexismus befördert.

Dass eine Geschossbauweise aus ökologischen Gesichtspunkten sinnvoller sein kann, ist durchaus ein berechtigtes Argument. Dies hat jedoch mit gesellschaftlichen Rollenbildern und der Verteilung von Aufgaben innerhalb eines Haushalts rein gar nichts zu tun. Solche Argumente sind aus der Perspektive von Flächenverbrauch und Ressourcenschonung zu diskutieren und nicht unter der falschen Überschrift eines vermeintlichen „Sexismus“ von Wohnformen.

Diese Gleichsetzung führt nicht nur zu ungenauen Schlussfolgerungen, sondern verwässert auch wichtige Debatten, die ernsthaft und auf Grundlage fundierter Fakten geführt werden sollten. Die pauschale Verurteilung des Einfamilienhauses als sexistische Wohnform wird den vielfältigen Realitäten von Familien, Partnerschaften und individuellen Wohnvorlieben in keiner Weise gerecht.

Ich bedaure, dass dies nicht der erste Artikel ist, in dem provokante Zuspitzung offenbar wichtiger war als eine sorgfältige und sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Leider zeigt dies eine Entwicklung, die mich zunehmend von Ihrer Zeitung entfremdet. Die Süddeutsche Zeitung habe ich lange geschätzt, gerade wegen ihrer differenzierten Berichterstattung. Doch Texte wie dieser führen dazu, dass ich mich ernsthaft dazu entschlossen habe, mein Abonnement zu kündigen.

Qualität im Journalismus bedeutet nicht nur, Themen zu behandeln, sondern sie auch in ihrer Komplexität und Tiefe zu durchdringen. Ich wünsche mir, dass die SZ sich dieser Verantwortung wieder stärker bewusst wird.

Dr. Luis Alejandro Orellano, München

Klumpenrisiko

In den 1960er-Jahren brachte mein Vater von seiner Arbeit bei einer Bank manchmal eigentlich für den Papierkorb bestimmtes, angeblich unverfängliches, einseitig unbeschriebenes „Konzeptpapier“ mit heim. Einmal war dabei eine Aufstellung, wie die Bankangestellten welche Bevölkerungsgruppen beraten sollten, um der Bank die Erträge zu erhöhen. Verbreitet war dabei die Warnung vor dem Klumpenrisiko und die verringerte Verfügbarkeit bei der Geldanlage in Immobilien, weswegen die Risikoverringerung durch Streuung verschiedener Geldanlagen bei der Bank eindeutig vorzuziehen sei. Auch wegen dieser Beratung durch Banken gibt es heute nicht mehr Wohnraum und sind die Mieten so hoch. Wäre der heutige Druck geringer, neu zu bauen, könnten mehr Bestandshäuser umgebaut werden.

Wolfgang Maucksch, Herrieden

Selbstverliebter Schlaumeier

Klar, dass es bei diesem Titel Leserbriefe hagelt. Vermutlich war das auch der Hintergedanke, der die Interviewer angetrieben hat. Insofern, gelungen und absolut richtig, dass ein solch krudes Gedankengut in den Fokus kommt. Man wundert sich ja generell, wer alles lehrt und forscht, aber hier hat es ein hoffentlich seltenes Exemplar mit grandiosen Hirnverwindungen an die TU geschafft.

Man stelle sich vor, die Vorschläge des Herrn Engelke würden umgesetzt werden, zum Beispiel in den Einfamilienhaus-geprägten Vororten von München. Wo sollen die ganzen alten Boomer hin, wenn laut Herrn Engelke nichts mehr gebaut werden darf? Will er die Einfamilienhäuser stapeln, oder wie sollen die Mehrgenerationenhäuser entstehen? Abgesehen davon, dass die Mehrheit der alten Insassen dort gar nicht hinwill, auch keine Wärmepumpe möchte, aber das ist eine andere Geschichte. Tja, wir haben offensichtlich immer mehr selbstverliebte Schlaumeier, die wissen, was wir alle wollen.

Jochen Siebenbürger, Stadtlauringen

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