Drohnenangriffe:Moralisch und rechtlich fragwürdig

Die USA planen vom Standort Ramstein aus Drohnenangriffe, die tödlich enden. Die Bundesregierung muss dem Einhalt gebieten, finden Leser, nach einem OLG-Urteil aus Münster.

Ramstein US-Airbase Stützpunkt

Strategisch wichtig für Drohneneinsätze: der US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz.

(Foto: Ronald Wittek/dpa)

Zu "Ramstein tötet" vom 23./24. März und "Drohnenopfer-Zahlen dürfen geheim bleiben" vom 8. März:

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster, dass die Bundesrepublik auf die Einhaltung des Völkerrechts bei der Nutzung der Air Base Ramstein auf deutschem Boden hinwirken muss, ist natürlich ein hoffnungsvolles Zeichen. Dass es jedoch überhaupt einer gerichtlichen Entscheidung bedurfte, damit die Bundesrepublik sich ihrer völker- und verfassungsrechtlichen Prämissen vergewissert, gibt allerdings zugleich auch Anlass zu Traurigkeit. Viel zu häufig noch leisten sich nicht nur Deutschland, sondern die gesamte westliche Zivilisation eine moralische Schizophrenie bei der Bekämpfung dessen, was als rückständig oder gar feindlich ausgemacht wird. Den Versprechungen des Rechtsstaates und der Menschenrechtsgebundenheit wird durch den Einsatz von Killerdrohnen regelrecht Hohn gesprochen. In dem gerade erschienenen Buch "Ohne Prozess - Die Entrechtung unserer Feinde im Kampf gegen den Terror", hat der Völkerstrafrechtler Josef Alkatout dieses Phänomen von Guantanamo bis zum fortwährenden Drohnenkrieg ebenso eindrucksvoll wie beklagenswert beschrieben. Ein nachhaltiger Fortschritt oder gar Frieden kann mit untauglichen Mitteln einfach nicht erreicht werden. Wann werden wir es endlich lernen?

Martin Ratheke, Berlin

So ganz nebenbei erfahren wir in dem Bericht zu den Drohnenopfer-Zahlen, dass nicht nur das Pentagon, sondern auch der Auslandsgeheimdienst CIA unbemannte Drohnen in fremde Länder ("innerhalb und außerhalb offizieller Kriegsgebiete") schickt, um von den USA als Terroristen klassifizierte Menschen zu töten. Beklagt wird nicht dieser Umstand an sich, sondern dass jetzt "zivile" Opfer nicht mehr gezählt und benannt werden müssen. Dass zivile Opfer, egal wie viele, entstehen, wird stillschweigend hingenommen. Man stelle sich vor, China oder Russland würden mittels Drohnen in anderen Ländern Menschen töten, die von ihnen als Terroristen gesehen werden. Welch ein Aufschrei würde durch die Medien weltweit gehen. Aber die USA dürfen das ... Allein die Klassifizierung "Terrorist" ist willkürlich. Wenn man bedenkt, dass in der Türkei Menschen allein wegen Unterstützung von Kurden als Terroristen bezeichnet werden, kann einem himmelangst werden. Man kann nur hoffen, dass Erdogan nicht das gleiche "Recht" für sich in Anspruch nimmt wie die USA!

Sonja Schmid, München

Den Artikel "Ramstein tötet" kann man um einen Gedanken ergänzen. Die vorsätzliche militärische Tötung eines Menschen, der nicht unmittelbar an einer Kriegshandlung beteiligt ist, verstößt nicht nur gegen das Völkerrecht, sondern nach der ausdrücklichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch gegen den Artikel 1 Grundgesetz, der nach Art. 79 Abs. 3 GG nicht geändert werden kann: Er genießt Ewigkeitsgarantie. Und den sollte man in seinem ganzen Wortlaut zitieren: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht." Die Bundesregierung sollte sich nicht nur über den Missbrauch Ramsteins ärgern und gar beginnen, darüber nachdenken. Es ist ihre verfassungsrechtliche Pflicht, dieses empörende Verfahren zu beenden.

Dr. h.c. Burkhard Hirsch, Düsseldorf

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