Dieter Nuhr:Viel Feind, viel Ehr!

Der Kabarettist wird oft angefeindet, von links, von rechts und auch mal so, wie zuletzt wegen eines Tweets zum Coronavirus. Eine Seite Drei über Nuhr kommentieren viele Leser. Er mache politischen Alltag erträglich, schreibt einer.

Zu "Erregt euch" vom 28. Februar:

Dieter Nuhr bringt auch solche Dinge auf den Punkt, die von Akteuren aller Seiten im Eifer ihres Gefechts nicht mehr erkannt werden. Wird dann nicht ausdrücklich positiv über Frauen, den Islam oder das Klima gewitzelt, treten heutige Sittenwächter sofort vehement in Aktion und wittern Antifeminismus, Islamfeindlichkeit oder mangelnden Respekt vor Greta.

Nicht Dieter Nuhr polemisiert oder diffamiert dann, sondern seine Kritiker tun dies im Übereifer völlig humorlos und spaßbefreit. Dabei bewegt sich Nuhr durchaus behutsam zwischen allen Fronten, setzt sich wortgewandt zwischen alle Stühle und spielt auf hohem Niveau mit der Sprache. Für mich ist er ein unerschrockener Spitzensatiriker, der bei all seinen Themen den oft nicht mehr nachvollziehbaren politischen Alltag erst erträglich werden lässt.

Johannes Zink, Norderstedt

Dieter Nuhr ist meiner Meinung nach zurzeit der mutigste Kabarettist, denn er wagt es, gegen den Mainstream anzureden. Es tut einem in der Seele weh, wie Presse und Internet über ihn herfallen. Diese lauern geradezu auf seine als politisch nicht korrekt wahrgenommenen Aussagen. Gerade diese gehören jedoch zum Handwerk eines guten Kabarettisten!

Die meisten seiner Berufskollegen bewegen sich im sicheren Bereich des Mainstreams und dürfen dort "Andersdenkende" niedermachen. Ich liebe politisches Kabarett, aber zum Beispiel das ewige AfD-Bashing, mit dem man immer "auf der richtigen Seite" ist, nervt zunehmend. Wie wohltuend hebt sich Dieter Nuhr ab, der einfach noch über genügend gesunden Menschenverstand sowie Übersicht verfügt. Das, was er an- und ausspricht, war früher ganz normal. Wurde der "Scheibenwischer" mit Dieter Hildebrandt nicht einmal wegen seiner Heftigkeit abgesetzt? Er wurde dafür gefeiert, nicht der Politik nach dem Mund geredet zu haben. Genau dafür wird Dieter Nuhr heute massiv angegriffen. Gott sei Dank hat er eine große, treue Fangemeinde, deren Unterstützung ihn das alles ertragen lässt - denke ich. Seine Tournee-Vorstellungen werden gefeiert.

Anni Geuge, Waldkraiburg

Der SZ-Blick auf Dieter Nuhr entlarvt recht schön die Logik der Erregtheit. Aus Dieter Nuhrs Feststellung der schweigenden Akzeptanz einer "Parallelgesellschaft, wo zum Beispiel Brüder darüber wachen, dass ihre Schwestern ihre Sexualität nicht frei ausleben können", der Nuhr die Verwunderung, dass rechte Parteien gewählt werden, zur Seite stellt, macht Autor Jakob Biazza eine Logik, die nicht etwa fragt, ob dieses eventuell nicht unrichtige Bild einer muslimischen Parallelgesellschaft tatsächlich Wähler dazu treibt, AfD zu wählen, sondern fragt, "ob man mit Menschen, die so denken, noch Demokratie machen kann. Oder Kabarett". Was meint die SZ mit "Menschen, die so (?) denken" und deshalb wohl nicht demokratiewürdig sind? Entlarvt sie sich damit als "Meinungsverlautbarungsblatt"?

Diese junge deutsche Demokratie mit ihrer Süddeutschen hat noch kein Menschenleben überdauert - anders als die Schweiz mit ihrer Neuen Zürcher Zeitung, die Nuhr als wohltuend empfindet, was er eigentlich nicht dürfen sollte, wenn darin auch mal "Fridays for Future" mit der Hitlerjugend verglichen wird. Diese junge Neo-Demokratie braucht wohl Feindbilder und Tabus zur eigenen Existenzsicherung. Leider übersieht sie dabei, dass sie damit in einer so gar nicht meinungsfreien Tradition steht. Ein wenig Zweifel an der eigenen "richtigen Seite", die meint, nicht in Lagerkämpfen zu stecken, aber Nuhrs Weltwahrnehmung im Lagerkampf verorten möchte, wäre wohltuend. Nur Idioten sind sich ihrer Sache sicher. Bist du dir sicher? fragt Nuhr. Die Logik der Frage ergibt sich dann von selbst.

Gabi Baderschneider, Sinzing

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