Deutsche Bahn:Das Ende der 49 Euro

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Ein Fahrgast in Hamburg hält ein Smartphone mit einem digitalen Deutschlandticket an einer U-Bahn-Station in der Hand. Als Chipkarte ist das Ticket laut Bahn nur in Verkehrsverbünden erhältlich, in denen schon bisher Chipkarten etabliert waren. (Foto: Marcus Brandt/dpa)

Das Deutschlandticket erreicht weniger Menschen als erhofft – und dürfte bald teurer werden. Die Leserinnen und Leser der SZ haben Ideen, was sich ändern muss.

„Das Plateau ist erreicht“ vom 21. Juni, „Wer hat’s erfunden?“ vom 29. Juni und Kommentar „Mit Vertrauen spielt man nicht“ vom 10. Juli:

Smartphonefreie Alternative

Es war ein schwerer Fehler der verantwortlichen Stellen, das Deutschlandticket vorrangig für die Menschen anzubieten, die im Besitz eines Smartphones sind. Damit wurde ohne Not eine Zweiklassengesellschaft geschaffen. Hätte man die vielen SeniorInnen nicht ausgegrenzt, die kein solches Gerät besitzen, wäre die Bilanz sicher besser ausgefallen, und es würden nicht drei Millionen Kunden von den erhofften 15 Millionen fehlen. Meine Frau und ich werden auch in Zukunft auf ein Smartphone verzichten, also auch auf günstige Monatstickets, da uns das normale Miteinander wichtiger ist, als ständig in ein datensammelndes Gerät zu starren. Es wäre zu wünschen, dass das zuständige Ministerium die Entscheidung von 2023 überdenkt und das Ticket wieder als Plastikkarte anbietet.

Anton Kronast, Immenstadt

Wer zahlt?

Die Politik diskutiert zurzeit darüber, ob das Deutschlandticket teurer werden soll. Die mit dem Deutschlandticket nutzbaren Leistungen der öffentlichen Verkehrsmittel werden natürlich, wie alles, langsam immer teurer. Darum geht es bei der Diskussion aber gar nicht, sondern darum, wie die Kosten dieser Leistungen zwischen denjenigen aufgeteilt werden, die die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, und denjenigen, die dies nicht tun.

Rudolf Schmidt, Dorsten

Autoverkehr massiv einschränken

Nach der Lektüre des Artikels stelle ich fest, dass die Ansprüche an die propagierte Verkehrswende deutlich geschrumpft sind, wenn das Auto irgendwann zur „zweitbesten Alternative“ mutiert. Mein Anspruch an eine Verkehrswende ist die Abkehr von der automobilen individuellen Mobilität hin zu einer Mobilität für alle, welche nur erreicht werden kann, wenn erstere massiv eingeschränkt wird, denn ÖPNV/Bahn haben den unüberwindbaren Nachteil, dass sie hinsichtlich Bequemlichkeit das Auto nicht schlagen können. Es wäre hilfreich und zielführend, endlich zuzugeben, dass bei zehn Millionen plus X die Grenze für Deutschlandticket-Abos liegt. Denn man wird in nennenswerter Zahl nur die erreichen, die eh daran gewöhnt sind, ÖPNV und Bahn zu nutzen.

Und zum Thema Vertrauen: Es war schon vor der Einführung des Deutschlandtickets klar, dass mit einem im Vergleich zu Verkehrsverbünden günstigeren Monatsticket es kaum möglich sein würde, das bestehende Angebot kostendeckend zu halten, geschweige denn zu verbessern. Mir persönlich könnte die Diskussion egal sein, da ich ÖPNV und Bahn in Deutschland nahezu ausschließlich nutze und sogar von günstigeren Preisen profitiere. Nur blutet mir das Herz, wenn ich sehe, wie viel Energie auf ein Thema verschwendet wird, das nicht zu gewinnen ist. Und dass den Verantwortlichen irgendwann ihre tollen Berechnungen um die Ohren fliegen und sie zugeben müssen, dass das Angebot deutlich reduziert werden muss, wenn es finanziell tragbar sein soll. Bleibt mir wohl nur die Aussicht, dass irgendwann die sich entfaltende Klimakatastrophe einen Wandel in der Mobilität erzwingt, welchen man heute schon leicht hätte erreichen können, wenn man denn gewollt hätte.

Erich Würth, München

Einfach zu teuer

Falls das Verkehrsministerium es mit der Verkehrswende ernst meinen sollte und Geld in die Kassen der Verkehrsbetriebe gespült werden soll, dann sollte es ein regionales Ticket zu einem attraktiven Preis geben. Für 29 Euro im Monat kaufen sicherlich sehr viele Autofahrer ein Ticket zur gelegentlichen Nutzung. 49 Euro monatlich für ein deutschlandweit gültiges Ticket sind – und das war schon vor der Einführung bekannt – einfach zu teuer für alle diejenigen, die vorwiegend regional gerne mal vom Auto auf den Nahverkehr umsteigen wollen.

Anette Nierhoff, Bochum

Ticket für die Jugend

Aus meiner Praxis als Reiseleiter, der ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, habe ich die Erfahrung, dass viele Menschen lieber ein teures, aber sofort erhältliches Tagesticket nehmen als ein Deutschlandticket nach einem längeren, bürokratischen Verfahren mit Zwangs-Abonnement. Auch ein digitales Verfahren kann umständlich sein im Vergleich zu einem Direktverkauf oder Verkauf am Automaten, wo ein Monats-Deutschlandticket in weniger als fünf Minuten zu haben wäre. Dies war zumindest beim 9-Euro-Ticket der Fall und dies ist auch der entscheidende Grund, warum die Nutzung des Deutschlandtickets auf einem niedrigen Niveau stagniert. Was noch fehlt, ist die Variante 30-Euro-Ticket für Sozialhilfeberechtigte und für Jugendliche bis 27 Jahren, unabhängig von Bundesland, Schule, Ausbildung oder Beruf: In diesem Alter wird das Mobilitätsverhalten geprägt.

Bei diesem deutschlandweiten Tarif sind vorrangig nicht die Länder, sondern der Bund zuständig, auch in der Finanzierung, die im Rahmen des Klimageldes (Ausgleich für steigende CO₂-Bepreisung) ökologisch zielgerecht hauptsächlich vom Bund geleistet werden müsste – und das zu einem dauerhaft garantierten Preis von 49 beziehungsweise 30 Euro.

Hermann Krafft, Villingen

Vorbild Schweiz

Der Artikel von Vivien Timmler und Lorenz Mehrlich hat die Diskrepanz von SBB und DB inhaltlich gut dargestellt. Da ich oft die Deutsche und die Schweizer Bahn nutze, erlebe ich die Differenzen selbstverständlich. Eine gewagte These: Hätte die Schweiz eine eigene Autoindustrie wie Deutschland, wäre die Autolobby dort genauso erfolgreich wie in Deutschland. Und das hätte auch Auswirkung auf das Konkurrenzverhältnis Straße/Schiene.

Jürgen Kolmar, Hamburg

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