ManagervergütungAufregung um Boni bei der Bahn

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Ein Aufregerthema ist die Bahn immer. Jetzt regt sich Unmut über die Vorstandsbezahlung.
Ein Aufregerthema ist die Bahn immer. Jetzt regt sich Unmut über die Vorstandsbezahlung. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Züge verspätet, das Schienennetz marode - und trotzdem gibt es für die Vorstände der Bahn Erfolgsprämien. SZ-Leser äußern Unverständnis.

"Ein Nachschlag für den Bahn-Vorstand" und Kommentar "Mehr Geld für die Manager" vom 12. Dezember

Gebt ihnen lieber ein Jahresticket

Redlich arbeitende Beschäftigte bekommen Prämien, wenn sie etwas gut gemacht haben. Was hat jetzt der Vorstand der Deutschen Bahn gut gemacht? Die S-Bahnen fahren ständig mit Verspätungen, Züge fallen aus oder stehen still, sobald es mal ein bisschen mehr schneit.

Ich gäbe den Bahn-Vorständen ein Jahresticket, damit sie selbst im echten Leben die Bahnsituation beurteilen können. Das Bahnmanagement ist so weit von der Realität entfernt, wie es nur geht. Mit dem Boni-Geld könnte man Schneeräumgerät anschaffen oder den Schneeräumdiensten wirklich verdiente Prämien zahlen. Oder man gäbe den Vorständen eine vergoldete Schaufel als Bonus und als Anreiz, doch mal etwas selbst in Angriff zu nehmen.

Claudia Rieg-Appleson, München

Milchmädchenrechnung

"Die Arbeit des Bahn-Vorstands muss verdammt wenig wert sein": Klaus Ott hat in seinem Kommentar unfreiwillig recht - sie ist verdammt wenig wert, wie ein Blick auf jeden Bereich der Bahn zeigt. Sogar die Minigehälter von ein paar Hunderttausend Euro sind noch zu viel, bei dem Zustand der Bahn. Dass die Managergehälter der Autoindustrie pervers überzogen sind, ist auch unbestritten, vor allem wenn die Chefs wie der frühere Audi-Chef Rupert Stadler im Dieselskandal dann im Gerichtsfall von nichts, aber auch gar nichts wussten. Daraus aber die Schlussfolgerung zu ziehen, dass mehr Geld für die Führungsetage automatisch die Qualität erhöht, ist eine Milchmädchenrechnung. Wie wäre es mal mit der umgekehrten Reihenfolge? Zuerst gute Leistung, dann ein fettes Gehalt.

Edeltraud Gebert, Gröbenzell

Vielleicht gängig, aber dennoch absurd

Die Schlussfolgerung, ein Fünf-Millionen-Euro-Bonus für die Vorstandsriege sei zu niedrig, weil es anderswo einen noch höheren Bonus gäbe, ist zwar leider gang und gäbe, aber trotzdem völlig absurd. So viel ist niemand wert, selbst bei einer Arbeit völlig ohne Fehler. Wenn der Staat ein jährliches Einkommen von über einer Million Euro ebenfalls absurd fände und deshalb jeden Euro darüber mit 90 Prozent besteuern würde, wäre das Milliarden-Haushaltsloch wohl mit einem Schlag zugeschüttet. Die Schuldenbremse könnte jedes Jahr eingehalten werden. Wir alle würden profitieren, der Staat wäre saniert und die Top-Managerinnen und Top-Manager würden deshalb auch nicht absichtlich schlechter arbeiten.

Dr. Roland Wolf, Ingolstadt

Anforderungen statt Boni erhöhen

Sie fordern "Mehr Geld für die Manager" und sprechen zum Vergleich allen Ernstes von dem "am schlechtesten bezahlten Vorstandsmitglied bei BMW, Mercedes und Volkswagen"? Die (einfachen) Vorstandsmitglieder bei VW beispielsweise sind also mit mehr als drei Millionen im Jahr "schlecht bezahlt"? Die Ärmsten! Wenn ein Politik-Pensionär wie Herr Pofalla als "Infrastrukturvorstand" ein Desaster im Schienennetz verantworten muss (Zitat seines Nachfolgers: "zu voll, zu alt, zu kaputt") und dann zusätzlich zu seinem Festgehalt für das erste Vierteljahr 2022 noch einen Bonus von 245 000 Euro erhält, sollte man wohl lieber die Anforderungen an die Vorstände als deren Gehälter erhöhen.

Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann, Berlin

Schwieriger Vergleich

Die Bahn (ein Staatskonzern) mit der Autoindustrie zu vergleichen, finde ich schwierig. Außerdem würde es heißen, dass für eine Million im Jahr kein guter Manager zu bekommen ist. Jedes Jahr Erhöhung der Fahrpreise bei immer schlechterem Service - ich würde das schon für 100 000 Euro machen.

Brigitte Graf, München

Ungünstig mitten im Tarifstreit

Ein staatlicher "Dienstleister", der zentrale Erwartungen seiner Kunden verfehlt, dessen Vorstände aber für "erfolgreiche" Arbeit variabel honoriert werden, der beschädigt massiv das Vertrauen von Politik und Öffentlichkeit, von der Schwächung seiner Verhandlungsposition gegenüber den Tarifpartnern ganz abgesehen. Vertragstreue (auch in Vorstandsverträgen) ist ein hohes Rechtsgut. Aber Vergütungsregelungen basieren immer auf Kriterien, die passen müssen. Der Vergleich mit den Vergütungen der Autoindustrie ist irreführend. Dort sind die Sanktionsmechanismen auch viel schärfer. Qualitätsmängel und Umsatzeinbußen werden nicht lange toleriert. Ex-VW-Chef Herbert Diess und Ex-Audi-Chef Markus Duesmann sind da aktuelle Beispiele.

Dr.-Ing. Reinhard Bassier, Rheinberg

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