Deutsche Bahn:Verkehrswende mit Hindernissen

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Dass die Bahn klima- und umweltschonend ist, wissen viele, doch sie statt des Autos zu nutzen, das kommt für manch einen Leser angesichts des jetzigen Zustands nicht infrage.

Wer zu spät ankommt, bekommt bisher oft keinen finanziellen Ausgleich - denn den gibt es erst, wenn die Verspätung mindestens eine Stunde beträgt. (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

Zu "Bahn-Millionen flossen in Fernstraßen und Fluggesellschaften" vom 1. Dezember und "Mehr Züge, einfachere Tarife" vom 27./28. November:

Geld für schienenfremde Zwecke

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Bahn in den letzten 20 Jahren von den CSU-Verkehrsministern bewusst vernachlässigt wurde, wird er durch die aktuelle Ohrfeige des Bundesrechnungshofes wegen fehlgeleiteter Finanzmittel in Millionenhöhe bestätigt. Auf geradezu perfide Weise und unter Missachtung des Haushaltsrechts wurden offenbar über viele Jahre erhebliche Mittel für Umweltschutz bei der Bahn zu hoch angesetzt, um sie für schienenfremde Zwecke, wie Straßen- und Flugverkehr, einzusetzen. Diese Dreistigkeit ist nun zwar durch die Wahl einer neuen Regierung abgestraft worden, aber ich befürchte, dass die angesichts der rasant fortschreitenden Klimaveränderung notwendige Priorisierung der Bahn bei einem Verkehrsministerium in FDP-Händen erneut auf der Strecke bleibt.

Herbert Miehle, Augsburg

Veraltete Technik

Das Projekt Verkehrswende scheitert daran, dass die Technik völlig veraltet ist: Züge fallen wegen Reparaturen, Weichenproblemen oder Bahnübergangsdefekten aus. Am Bahnsteig erfährt man erst 20 Minuten nach planmäßiger Abfahrt von der Verspätung. Anschlusszüge warten nicht, weil sonst Konventionalstrafen drohen: Bei einem 60-Minuten-Takt dauert damit die Fahrt für 25 Kilometer statt 20 Minuten 80. Um 8.59 Uhr drohen Zugbegleiter mit 60 Euro Strafe, weil Fahrräder erst ab neun Uhr kostenlos erlaubt sind. Fahrstühle gibt es nur gelegentlich. Wer unter diesen Umständen auf den Nahverkehr umsteigt, hat entweder den Führerschein verloren, ist wahrnehmungsgestört, hat Zeit ohne Ende oder ist bis zur Selbstaufgabe ökologisch orientiert, aber einem halbwegs Normalen ist der Umstieg nicht schmackhaft zu machen. Was nützen Visionen, wenn nicht einmal das Mindestprogramm geliefert wird?

Kai Radtke, Münster-Sarmsheim

© SZ vom 11.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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