Deutsche Bahn:Hoffen auf die neue Taktung

Viele Leser verfolgen gespannt die Bahnreform. Meistens bewerten sie positiv, dass der Deutschland-Takt nach Schweizer Vorbild laufen soll. Ob die Knoten-Bahnhöfe mehr Aufkommen schaffen?

Deutsche Bahn: Züge zwischen Erfurt und Leipzig, die Schnellstrecke ist ein Teil der Vorzeigeverbindung München-Berlin.

Züge zwischen Erfurt und Leipzig, die Schnellstrecke ist ein Teil der Vorzeigeverbindung München-Berlin.

(Foto: Oliver Lang/Deutsche Bahn AG)

Zu "Und jetzt alle im Takt", 16./17. November und "Auf der Strecke", 8. November:

Schweizer Vorbild nutzen

Der Artikel zur Vertaktung der Eisenbahn erhält meine uneingeschränkte Zustimmung. Schon 1994 beschäftigte ich mich im Rahmen meiner dienstlichen Tätigkeit mit dem Entwurf eines Taktfahrplanes für Thüringen in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn und einem Schweizer Unternehmen. Die Schweiz hatte einen Vorsprung bei der Umsetzung attraktiver Konzepte zu Taktfahrplänen für den Bahnpersonenverkehr. Das für Thüringen auf der Grundlage der Schweizer Erfahrungen entwickelte Konzept eines integralen Taktfahrplanes entspricht methodisch den im Artikel vorgestellten Deutschland-Takt.

Auch die aktuellen Klimaziele erfordern konsequente Maßnahmen für die Eisenbahn und ihre Verknüpfung mit dem Regionalverkehr/ÖPNV. Eine notwendige Nachbesserung in Erfurt als Knoten für den integralen Taktfahrplan ist, wie im Artikel genannt, sicher mit höchster Dringlichkeit erforderlich. Die Kreuzung des ICE-Verkehrs mit Regionalstrecken im westlichen sowie im östlichen Vorfeld des Erfurter Hauptbahnhofes behindert eine optimale Gestaltung des Taktfahrplanes. In der Werkstatt Demokratie der SZ im Oktober in Erfurt wurden Wege zur Erreichung von Klimazielen durch Erhöhung des Anteils des ÖPNV an der Mobilität diskutiert. Neben dem Taktfahrplan sollte eine Verbesserung der regionalen Erschließung durch Wiederinbetriebnahme stillgelegter Strecken (Gotha-Gräfenroda, Ilmenau-Themar) oder eine Regionalexpress-Verbindung von Leipzig bis Nürnberg über Weimar, Erfurt, Ilmenau und Coburg bedacht werden.

Dr. Burkhard Gallander, Neudietendorf

Schnellere Reaktion gewünscht

Bei Verspätungen und Ausfällen muss sofort auf Alternativen hingewiesen werden, mit Ansagen und Displays. Die zusätzlichen Displays könnten neben den Fahrplänen installiert sein. Die Alternativen dürfen dann gegebenenfalls auch mal "wenige Minuten" warten. Eine DB-Service-Person begibt sich auf den Bahnsteig und informiert. IC und ICE werden freigegeben . Ersatzzüge werden bereitgestellt, etwa durch einen gerade im Bahnhof endenden Zug. Dies könnte auch ein Zug der S-Bahn oder Ähnliches sein, wenn dann das Fahrziel schneller erreicht werden kann. Auch die erste Klasse darf kein Tabu sein, wenn es Probleme gibt.

Fazit: Das Bahn-Management vor Ort reagiert meist noch zu langsam und zu beschränkt. Selbstverständlich ist vielerorts eine Steigerung des Taktes sinnvoll.

Rolf Dombrowsky, Dortmund

Knoten ausbauen statt Strecken

Wenn der Artikel zum Bahntakt dazu beitragen kann, Verkehrspolitiker und Bahn-Strategen an ihren Versprechungen zu messen und damit letztlich das Reisen mit der Bahn populärer zu machen, ist schon viel gewonnen. Wesentliche Punkte kommen mir allerdings zu kurz: Erstens die Vorgeschichte der Initiative, die 30 Jahre der Zeit hinterher läuft: Wurde doch das Schweizer Vorbild-System "Bahn 2000" 1987 beschlossen, für umgerechnet vier Milliarden Euro landesweit sukzessive eingeführt, 2004 offiziell eröffnet und ständig weiter ausgebaut. In Deutschland wurden dagegen in dieser Zeit superteure Großprojekte angestoßen oder realisiert, die den dargestellten Prinzipien diametral entgegenstehen. Als eklatanteste Beispiele seien die viel gelobte Schnellstrecke Berlin-München (9,4 Milliarden Kosten) über den quer zum Takt liegenden "Knoten" Erfurt und die Demontage des Stuttgarter Knotens genannt, der für etwa 8,2 Milliarden Euro in ein Takt-untaugliches Tunnel-Nadelöhr gezwängt werden soll. In Hamburg wird der perfekt funktionierende Bahnknoten Altona demontiert. Hier fehlt es am politischen Willen und bei Zielfahrplänen am Esprit, die Sünden der Vergangenheit auszubügeln oder abzumildern.

Weiter ist die Hauptlehre aus den Schweizer Projekten bei uns noch nicht (genügend) angekommen: Die wesentlichen Gewinne für das Gesamtsystem resultieren nicht aus mega-teuren "Bolzstrecken", sondern vor allem aus dem großzügigen Ausbau der Bahnknoten. So werden wieder Großprojekte wie die Strecken Hannover-Bielefeld und Würzburg-Nürnberg propagiert, die mit ihren überambitionierten Zielfahrzeiten nicht nur die Staatskassen, sondern auch den stabilen, möglichst störungsfreien Betrieb zu ruinieren drohen.

Prof. Dr. Wolfgang Hesse, München

Bahnhöfe aufwerten

Die Bahn ist mit ihren Bahnhöfen sehr nachlässig umgegangen. Gerade Stationen in Klein- und Mittelstädten fristen oft ein erbärmliches Dasein, wurden zum Teil verkauft oder verfallen. Eine barrierefreie Erreichbarkeit besteht nicht flächendeckend. Beheizte Aufenthaltsräume sind noch keine Selbstverständlichkeit. Dass es an Bahnhöfen jetzt gemütlicher werden soll, ist deshalb sehr zu begrüßen. Dabei sollte ein flächendeckender Mindeststandard erfüllt werden, bevor mit Mooswänden das Raumklima verbessert wird wie in Wolfsburg - vor allem, damit Wartezeit durch verpasste Anschlüsse überbrückt werden kann.

Reiner Geisen, Neuwied

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: