Der Guru:Streit um den Ruf eines Lehrers

Der Yoga-Experte Heinz Grill wird von vielen sehr geschätzt, von anderen aber auch hart kritisiert: Ein SZ-Artikel über mögliche Verwicklungen in ein Familiendrama ruft bei Lesern heftige Reaktionen hervor.

Yoga

Üben im Freien, am besten noch bei Sonnenaufgang: Das ist der Traum vieler Yoga-Schüler wie auch ihrer Lehrer, der Yogi. Viele konzentrieren sich dabei auf Übungsformen und Atemtechnik, manche lehren auch Meditation.

(Foto: dpa)

Leserbriefe zum Buch Zwei "Der Guru" vom 13./14. April:

Weit weg von der Esoterik

Ich bin ein Mittfünfziger, von Beruf niedergelassener Arzt, und mache seit etlichen Jahren Yoga. Nachdem ich zuvor eine Zeit lang an Kursen einer anderen Yogarichtung teilgenommen habe, bin ich nun seit sieben Jahren bei einem Yogalehrer, der ein Schüler von Heinz Grill ist und in engem Kontakt zu diesem steht. Mit mir nimmt etwa ein Dutzend anderer völlig normaler Durchschnittsmenschen an diesem Yoga teil, alle weit davon entfernt, sogenannte Esoteriker zu sein. Von allem, was ich bisher hier vor Ort erfahren konnte, besteht in diesem Kurs eine völlige körperliche und geistige Freiheit, jeder Teilnehmer kann kommen oder fernbleiben, und denken und mitnehmen, was er will. Unser Yogalehrer betont immer wieder, dass alles, was er oder Heinz Grill sagen oder schreiben, keine Dogmen sind, sondern jeder Einzelne solle sich die Mühe machen zu überprüfen, ob die vorgebrachten Gedanken für ihn nachvollziehbar sind oder nicht. Ich konnte also bislang keinerlei Erfahrung einer für Sekten typischen Indoktrination machen.

Des Weiteren sehe ich, dass mein Yogalehrer mit Vorträgen und Seminaren viel an die Öffentlichkeit geht, das Gespräch und die Auseinandersetzung der Öffentlichkeit mit sehr aktuellen politischen und philosophischen Zeitthemen sucht und anregt, und ich habe nicht den Eindruck, dass er sich dabei in einer bestimmten Meinungsblase befindet. Beim Lesen Ihres Artikels bekam ich allerdings den Eindruck, dass Heinz Grill und seine Schüler an den Pranger gestellt werden. Ich frage mich allerdings, warum Herr Grill nicht zu einer Stellungnahme gegenüber der SZ bereit war.

Dr. Wolfgang Zangl, Bamberg

Scharlatanerie statt Yoga

In Ihrem sehr interessanten Artikel wird leider das Yoga diskreditiert. Den Begriff "Guru" mit Yoga in Verbindung zu bringen, ist schon ein Widerspruch in sich. Yoga ist eine Möglichkeit, sich seiner äußeren Vorgänge wie Atmung und Körper, sowie seiner inneren Vorgänge (Gedanken und Emotionen) bewusst zu werden. Dabei ist eine bewusste und selbstverantwortliche Haltung notwendig. Der Guru hingegen lenkt und beeinflusst seine "Schüler*innen" und entzieht ihnen somit die Selbstverantwortung. Was Herr Grill macht oder gemacht hat, grenzt an esoterische Scharlatanerie.

Die Ergebnisse seiner jahrzehntelangen Forschungen zum Atmen und verschiedenen Atemtechniken sind im Yoga schon seit Jahrhunderten angewandte Praxis. Bitte also nicht Yoga mit abstrusen Lehren eines selbsternannten oder von Jüngern ernannten "Heilers" in Verbindung bringen. Das tut allen, die ernsthaft Yoga betreiben, Unrecht.

Klaus Hass, Gießen

Wissen die Leute, was sie tun?

Dieser Artikel bringt all den Menschen Genugtuung, die schon seit Jahren dem Fanatismus der Grill-Sektierer ausgesetzt sind. Deshalb besonderen Dank an die "vierte Gewalt" in unserem Staat, die freie Presse, und hier insbesondere die SZ! Dass es aber überhaupt erst der Presse bedurfte, um Licht in das Scientology-Gebaren dieser Fanatiker zu bringen, ist ein Armutszeugnis für die Justiz: Esoteriker dürfen sich anscheinend folgenlos ihre Realität zusammenlügen. Schlimmstenfalls tut man sie als Spinner ab. Doch sie sind nicht weniger gefährlich als andere auch. Alle Aufmerksamkeit gehört den Tätern, nicht den Opfern. Auch vor Gericht. Und so zwingt niemand diese fanatischen, unheilbringenden Esoteriker, sich der Wirklichkeit zu stellen. Bestenfalls wissen diese noch nicht einmal selbst, was sie alles anrichten!

Dr. Hansjörg Gehring, Nittendorf

Suggestive Begriffe meiden

Der Artikel "Der Guru" wirkt in erheblichem Maß verstörend. Verdient der - zweifelsohne tragische - Familienkonflikt, um den es in der Hauptsache geht, so großes öffentliches Interesse? In jedem Fall wünscht man sich eine neutralere Berichterstattung. Aus welchem Grund sind zum Beispiel die Namen der Konfliktparteien nicht ausgeschrieben, der von Heinz Grill hingegen schon?

Wenn es allerdings im SZ-Hauptteil wirklich um den renommierten Bergsteiger (nicht -führer), Buchautor und Begründer einer langjährig bestehenden, individuellen spirituellen Schulung gehen soll, dann sollte auch dessen Ansatz ordentlich, sachgerecht und wenigstens annähernd wissenschaftlichen Kriterien entsprechend dargestellt werden. So setzt zum Beispiel Heinz Grill die präzise Kenntnis, mithin größtmögliche Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Begriffe an die erste Stelle eines jeden Unterrichts. Insofern dieses Prinzip also gerade ein inhaltsbezogenes und weltanschauungsfreies Unterrichten fordert, ist der "Guru"-Begriff schon per se ausgeschlossen. Ansonsten müssten auch Hochschulprofessoren als "Guru" bezeichnet werden.

Statt eine klare und fundierte Ausführung vorzufinden, sieht sich der interessierte Leser mit nicht abgeschlossenen Rechtsfällen, einer Vielzahl von unbewiesenen Vermutungen und juristisch fragwürdigen Unterstellungen konfrontiert. Der Gebrauch von Begriffen wie "Guru" oder "Sekte" wirkt in Verbindung mit den vielen Widersprüchen sehr irritierend, um nicht zu sagen suggestiv. Es ist dem mündigen Leser kaum möglich, sich eigenständig eine Meinung zu bilden. Insofern legt der Artikel es nahe, von dem beschriebenen Drama abzusehen und Heinz Grill einmal objektiv - das heißt - überhaupt - kennenzulernen.

Philipp Fürdens, Vaihingen/Enz

Freies Individuum

Ich kenne Heinz Grill seit vielen Jahren und habe auch seine Bücher gelesen. Sie beschreiben in Ihrem Artikel einen Menschen, der nicht mit dem übereinstimmt, wie ich ihn kenne und schätze. In seinen Vorträgen, Seminaren und Büchern zeigt er, wie sich der Einzelne durch seine seelische und geistige Entwicklung zu einem freien Individuum entwickeln kann - unabhängig von Glaubensrichtungen und religiösen Bekenntnissen. Von Gruppenbildungen jeglicher Art distanziert sich Heinz Grill.

Ortrud Decker, Mainz

Sehr konstruiert

Ich mache selbst kein Yoga, bin aber hin und wieder Heinz Grill auf einem Seminar oder Vortrag begegnet und habe auch einmal mit ihm persönlich gesprochen. Dabei habe ich ihn stets als einen sehr freilassenden und wohlwollenden Menschen erlebt. Auch ein Blick in seine Bücher lässt erkennen, dass ihm die Entwicklung eines klaren Gedankenlebens sowie Menschenwürde, Freiheit und Toleranz ein tiefes Anliegen sind. Der Gedanke, ihn mit einer Sekte in Verbindung zu bringen, scheint mir sehr konstruiert zu sein.

Clemens Engl, Gröbenzell

Lüge und Wahrheit

Ich kenne Heinz Grill seit über 20 Jahren und kann Lüge von Wahrheit unterscheiden. Ich weiß, dass er bezüglich dieser konstruierten Unterstellungen über jeden Zweifel erhaben ist.

Dr. Brigitte Krammer, Sulzbach-Rosenberg

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