Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:Die große Ohnmacht

Anfangs wurde die Krankheit von manchen unterschätzt, nun haben auch Europäer durchaus Angst vor dem Virus aus China. Einige Leser wünschen sich eine ganz sachlich-nüchterne Aufklärung durch die Medien. Ein Arzt verteidigt inzwischen die teils rigiden Methoden Pekings bei der Bekämpfung der Epidemie.

Zu "Husten, Schnupfen, Fieber" vom 11. Februar, "Yoga in Quarantäne", 7. Februar, "Keime der Panik", 5. Februar sowie zu "Macht uns nichts vor", 4. Februar und "Gefährliche Abschottung", 27. Januar:

Zu viel Hysterie

Über den Artikel "Keime der Panik" mit der Zwischenüberschrift "Die Deutschen sind schlecht vorbereitet auf die Epidemie: es mangelt an Aufklärung" habe ich mich sehr geärgert. Statt in Internetforen die Hysteriespirale anzufeuern, könnten die Menschen sich auch sachlich informieren und sich daran erinnern, was sie schon in der Grundschule gelernt haben. Es hat doch jeder Einzelne das Interesse und die Pflicht, sich zu informieren, wie er sich und andere schützen kann. Stattdessen wird den Leuten wieder mal eingeredet, sie würden nicht gut genug aufgeklärt. Wie infantil soll die Gesellschaft eigentlich noch werden?

Ulrike Capezzone, Geretsried

Zu wenige Gegenmaßnahmen

Die Bundesregierung und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) handeln meines Erachtens grob fahrlässig! Die Volksrepublik China riegelt ganze Bezirke ab, verhängt Ausgangssperren, das öffentliche Leben kommt zum Erliegen. Die deutsche Politik dagegen, auch Bayern, lässt unverdrossen chinesische Airlines unsere Drehkreuze anfliegen. Unser Bundesgesundheitsminister lässt die Reisenden Zettel ausfüllen. Meines Erachtens sind diese Maßnahmen vollkommen unzureichend.

Marieluise Fieger-Besdziek , Freiburg

Zweierlei Maß

Eines möchte ich vorausschicken: Ich wünsche jedem, jeder Kranken nur das Beste, egal, was die Ursache ist. Und ich habe großen Respekt vor allen Helfern, die den Betroffenen und denjenigen, die sich aktuell als Corona-Verdachtsfälle unter "Hausarrest" befinden, zur Seite stehen. Den knappen Satz der Autorin, "bessere Bedingungen als in vielen Flüchtlingsheimen", finde ich allerdings bemerkenswert.

Werden in manchen Flüchtlingsheimen also auch Sonderwünsche erfüllt? Und wie sieht es in den Ankerzentren oder in den Flüchtlingslagern am Mittelmeer aus? Wird dort auch alles getan, um einen Lagerkoller zu vermeiden? Gibt es dort auch Wlan, Videokonferenzsysteme, diverse Bücher, Tischtennisplatten etc.?

Ich lasse mich gerne belehren. Als Robert Habeck Ende vergangenen Jahres die verheerende Situation der Kinder in den Flüchtlingslagern in Griechenland anprangerte, gab es viel "Widerspruch". Manche Kinder werden in Afrika in ein Flüchtlingslager geboren, wachsen dort unter elenden Bedingungen auf und kennen nichts anderes als diese Parallelwelt, ohne Perspektive. Wer fragt hier nach einem Lagerkoller, nach "Freizeitbeschäftigung"?

Warum haben wir so viel berechtigte Empathie mit den aktuellen Krankheitsfällen, aber scheinbar kaum Mitgefühl für andere Situationen? Was ist mit den einsamen Menschen in Altersheimen, den Obdachlosen etc.? Weil dieses Elend so weit weg ist? Liegt es daran, dass beispielsweise wir Europäer uns kaum mehr vorstellen können, selbst in die Lage zu kommen, aus der Not heraus zu fliehen? Aber dass es für uns sehr realistisch ist, selbst ein Opfer des Coronavirus zu werden? Und dass uns diese Angst auf einmal sehr betroffen macht? Gute Besserung und alles Gute für alle!

Cornelia Priller, München

Mehr Demut wäre angebracht

Kompliment für den Artikel von Lea Deuber ("Macht uns nichts vor") über den Alltag und das Leben mit dem Coronavirus in der chinesischen Stadt Wuhan. Der Bericht zeigt uns, dass so manches Hollywood-Science-Fiction-Szenario über eine weltweite Seuche oder Epidemie plötzlich wie aus "heiterem Himmel" Wirklichkeit werden kann (wie ja auch der Terrorangriff auf das World Trade Center in New York 2001 Roland Emmerichs Horror-Filmversionen unversehens nahe an die Wirklichkeit kam). Und wir sollten uns in Europa jeder Häme über "asiatische Verhältnisse" enthalten. Wissen wir, wie wir hierzulande plötzlich dastünden, wenn das Alltagsleben lahmgelegt würde? Asiaten haben für solche Ausnahmefälle wohl immer noch mehr Ruhe, Gelassenheit und Stärke als wir verwöhnten Europäer, von denen einige in so einer Situation eher den Weltuntergang prophezeien würden.

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Allerdings wurden auch der sonst so "allmächtigen" chinesischen Staatsführung ihre Grenzen aufgezeigt, glauben zu können, immer alles zu jeder Zeit in den Griff zu bekommen. Etwas mehr Demut und Offenheit der Bevölkerung gegenüber wäre auch in diesen Kreisen angesagt.

Wilfried Mommert, Berlin

Hartes Vorgehen ist passend

Die Autorin übt in dem Beitrag "Gefährliche Abschottung" heftige Kritik an der Verhängung der Quarantäne über 50 Millionen Menschen in Wuhan und einigen Nachbarstädten wegen der derzeitigen Corona-Epidemie (2019-nCoV), und spricht von einem "schändlichen Eingriff in die Freiheitsrechte der Bevölkerung ohne Mitspracherecht der Menschen". Es sollte hier daran erinnert werden, dass die chinesische Regierung bei der vorherigen Sars- Epidemie hart kritisiert wurde, weil die Regierung damals mit nötigen Schutzmaßnahmen gezögert hatte und damit die Eindämmung nicht rechtzeitig gelang.

Es ist ein gefährlicher Irrtum und ein Zeichen von Ignoranz, wegen einer notwendigen Quarantäne eine demokratische Abstimmung herbeiführen zu lassen. Leider lassen sich gefährliche Erreger nicht mit Abstimmungen beeinflussen. Mir sind keine Experten bekannt, die sich gegen eine Quarantäne ausgesprochen hätten. Ebenfalls sind keine Berichte über eine Lebensmittelverknappung bekannt! Offenbar handelt es sich um archetypische Ängste wie im Mittelalter bei den damaligen Seuchen (Pest). Als Arzt halte ich die umfassenden harten Maßnahmen für richtig und notwendig. Ich erinnere an die frühere Pflichtimpfung gegen die heute ausgerotteten Pocken. Leider gibt es bisher keine Impfung gegen die Corona-Epidemie.

Dr.med. Helmut Möhring ,Wehrheim

Weniger Reisen wäre gut

Es ist ein Wunder, dass so etwas nicht schon viel früher passiert ist, denn aufgrund des weltweiten Flugreiseverkehrs sind zig Millionen Menschen täglich unterwegs. Die Kritik an den Maßnahmen der chinesischen Regierung kann ich nicht nachvollziehen: Dass "so etwas nicht passieren darf", ist verbunden mit dem Glauben, immer alles und zu jeder Zeit unter Kontrolle haben zu müssen, um erfolgreich zu sein, was jedoch ein Ding der Unmöglichkeit ist. Es gibt zwei Möglichkeiten: Die weltweite Reisetätigkeit nimmt ab, da den Menschen die Risiken vor Augen geführt werden, oder man geht in wenigen Wochen, wenn das Thema aus den Schlagzeilen verschwunden ist, zur Tagesordnung über - bis zur nächsten Epidemie.

Erich Würth, München

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Quelle:
SZ vom 15.02.2020
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