Corona-Pandemie:Zwischen Verantwortung und Skepsis

Die Omikron-Variante ist auf dem Vormarsch. Professor Christian Drosten informiert und appelliert. SZ-Leser üben Kritik, aber bei Weitem nicht alle an ihm. So fordert einer, die Medien müssten Verantwortung tragen.

Corona-Pandemie: SZ-Zeichnung: Karin Mihm

SZ-Zeichnung: Karin Mihm

Zu "Man kann sich da nicht mehr vornehm raushalten" und "Jetzt schreibt Omikron die Regeln" vom 24./25./26. Dezember und zum Kommentar "Eine Strapaze für alle" vom 30. Dezember:

Verantwortung der Medien

Die Pandemie können wir nur in gemeinsamer Anstrengung überwinden. Christian Drosten verdient unser aller Respekt und Anerkennung, dass er sich trotz schlimmer Drohungen und Hassbotschaften nicht entmutigen lässt. Ihm verdanken wir viel hinsichtlich der Erforschung und Bekämpfung des Coronavirus. Mit seinem Podcast bietet er uns umfassende und verständliche Information über die neuesten Entwicklungen und Studienergebnisse zum Virus. Er hat vollkommen recht, wenn er neben der Wissenschaft und Politik auch auf die Verantwortung der Medien hinweist.

Es ist unverantwortlich, wenn die Bild-Zeitung den Hass gegen die führenden Wissenschaftler anheizt, die sich zu unser aller Wohl unermüdlich und mutig engagieren, um die Pandemie einzudämmen. Auch die Talkshows mit Anne Will und Maybrit Illner sind nicht hilfreich, wenn sie, um die Einschaltquoten zu steigern, die Thematik zuspitzen, indem die Moderatorinnen Gäste einladen, die ohne Kenntnis von Fakten die Stimmung in der Runde anheizen, und sie andere Gäste bei der Erläuterung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ständig unterbrechen.

Mir fällt auf, dass zahlreiche Medien den Gesundheitsminister Karl Lauterbach vom ersten Tag der Amtsübernahme an kritisch betrachten und darauf lauern, dass er irgendeinen unglücklichen Halbsatz formuliert. Kritikwürdig sind darüber hinaus herabwürdigende Bewertungen des Gesundheitsministers, die aus der eigenen Fraktion an die Presse gegeben werden.

Wie verantwortliche Berichterstattung geht, zeigt der Wissenschaftsteil der SZ, der sachlich und allgemein verständlich über die neuesten Erkenntnisse aus der Pandemie berichtet.

Winfried Wolf, Hamburg

Ungereimtheiten

Im Interview mit Professor Christian Drosten fallen selbst einem geneigten Leser einige Ungereimtheiten auf: Wieso kann sich ausgerechnet ein Virologe von der beschränkten Schutzwirkung der neuen Impfstoffe und der vierten Welle der Sars-CoV-2-Pandemie überraschen lassen? Besonders nach den Erfahrungen der ersten drei Wellen? Hatte nicht bereits im Frühsommer der Medizinstatistiker Professor Gerd Antes der falschen Vorhersage eines ruhigen Herbstes, den die Politik verkündet hatte, widersprochen?

Ferner fällt auf, dass sich Herr Drosten in besonderer Weise um China sorgt: Seiner Meinung nach schützt erstens der chinesische Impfstoff nicht vor der Omikron-Variante, und zweitens kümmert ihn deshalb ein möglicher Einbruch in der Weltwirtschaft. Letzterer Hinweis entlarvt doch irgendwie, wovon sich das wissenschaftliche Denken in Deutschland leiten lässt: Es geht um die Lebenszyklen und das Florieren der Wirtschaft, wonach sich die Gesundheitsschutzmaßnahmen zu richten haben. Das erklärt auch gleichzeitig, warum sich die empfohlenen Maßnahmen der Virologie dem wirtschaftspolitischen Verlangen, Lock up/Lock down, wie es die Ökonomie also gerade für nötig hält, anpasst.

Ferner liegt bei Herrn Drosten eine folgenschwere Fehleinschätzung des chinesischen Vorgehens zum Schutz der Gesundheit der Bürger vor: Dort wird primär nicht auf Impfung gesetzt, sondern versucht, die Übertragungen vor allem einzudämmen und zu stoppen. Die dementsprechende Sieben-Tage-Inzidenz von weit unter Eins sollte, wenn auch nicht in der deutschen Öffentlichkeit, so doch in gewissen Fachkreisen bekannt sein.

Die vielfältige Impfskepsis hierzulande wird mit den bekannten "Argumenten" pauschal abgefertigt, und mögliche Langzeitfolgen werden als abstruse Ideen abgetan; siehe das öffentlich-exemplarische Zelebrieren der Inquisition der Meinung eines Fußballers und Laien namens Joshua Kimmich. Es wäre doch auch mal interessant gewesen zu hören, was Professor Drosten und die deutsche Fachwelt von speziellen Impffolgen, wie zum Beispiel der Schädigung von DANN-Reparaturfunktion der menschlichen Zellen durch das Einbringen von Spike-Proteinen via Vektor- wie auch mRNA-Impfstoffen wissen.

Dr. Günter Binder, Straubenhardt

Eindeutig falsch

Nur sehr wenige Dinge im Leben sind eindeutig richtig oder falsch. Genau bei Corona gibt es jedoch eindeutig richtig und eindeutig falsch: Wer die Existenz des Virus anzweifelt, ist definitiv auf der falschen Seite. Wer die erwiesen hilfreiche Impfung gegen das Coronavirus ablehnt, ist ebenso auf der eindeutig falschen Seite. Bei den Impfverweigerern und Coronaleugnern handelt es sich um eine kleine, aber laute Abspaltung, die es als ihre Mission sieht, die kooperative, geimpfte Bevölkerungsmehrheit zu tyrannisieren.

Leugnung der Existenz oder der Gefährlichkeit des Coronavirus ist daher nicht "leicht bizarr", sondern so abseitig, dass dafür von Seiten der Mehrheit selbstverständlich kein Verständnis aufgebracht werden muss. Wieso soll es irgendeinen Grund geben, diese Leute, zu deren Kontrolle nun auch noch Staatsmittel für Polizeieinsätze eingesetzt werden müssen, "verstehen zu wollen"?

Aus meiner Sicht dürfen die Coronaleugner sehr gerne ihre Auswanderungsabsichten verwirklichen. Ich sehe definitiv keinen Grund, noch einmal auf diese Leute zuzugehen.

Sabine Brettreich, Benediktbeuern

Wo sind die Immunmediziner?

Wow. Zwei Seiten Interview mit dem "Pandemie-Erklärer der Nation". Begierig lese ich und hoffe, etwas Erklärendes zu erfahren. Doch Professor Christian Drostens Aussagen zur Wissenschaft lassen mich verwirrt und ratlos zurück. "Dass sich die Wissenschaftler eigentlich einig sind in der Bewertung der Lage und den daraus folgenden Konsequenzen" steht da und "Wir Wissenschaftler haben in den Ministerpräsidentenkonferenzen zu Beginn unsere kurzen Vorträge gehalten...". Wen meint Herr Drosten eigentlich mit "die Wissenschaftler"? Die Virologen, Epidemiologen und Modellierer? Uğur Şahin, der Entwickler des Impfstoffs, den der Virologe als Allheilmittel in seine Lagebewertung miteinbezieht, ist kein Virologe. Er ist Onkologe, Molekular- und Immunmediziner. Wo sind die Biologen, Epigenetiker und Immunmediziner, die zum Wissen über RNA und genbasierte Impfstoffe beitragen könnten? Die Ausbreitung des Virus ist nicht alles, aber alles, was ich zu hören bekomme. Die Menschen, die sich nicht begeistert impfen lassen, sind doch nicht verunsichert über die Ausbreitung des Virus, sie sind verunsichert über das, was Uğur Şahin "das Unbekannte, was man nie ausschließen kann", nennt und das hat wenig mit Virologie oder RKI-Zahlen zu tun, aber viel mit Medizin und individueller medizinischer Risikobewertung. Alle Virologen einer Meinung, aber Epigenetiker und Molekularmediziner halten lieber ihren Mund? Woher kommt denn die "Erosion des Vertrauens"? Auch daher, dass Herr Drosten "fachfremde Wissenschaftler" als Verunsicherer abtut.

Ich bin nur eine alte Oma, aber wenn einer sagt: "Im Grunde ist sich die Wissenschaft einig", dann macht mich das stutzig, denn das klingt nach Tunnelblick, der die eigene Wissenschaft als alles beherrschende sieht und das ist sie nicht, sonst hätten wir wirklich eine Corona-Diktatur.

Gabi Baderschneider, Sinzing

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung, gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und dem Wohnort.

Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de. Zu Artikeln, die im Lokal- und Bayernteil der SZ erschienen sind, senden Sie Ihre Meinung gerne direkt an forum-region@sz.de.

Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: