Süddeutsche Zeitung

Corona:Keine Parallele mit Flugzeugabsturz

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Den Angst schürenden Vergleich, dass die Pandemie täglich so viele Tote in Deutschland fordere, wie ums Leben kämen, wenn täglich ein Flugzeug abstürzen würde, kritisieren SZ-Leser scharf.

"Wie ihr wollt" vom 26. März:

Billige Stimmungsmache

Es wird offensichtlicher, wie sehr unsere Gesellschaft auseinanderdriftet. Die geboosterte Mitte, die etwas mehr Normalität herbeisehnt, wird zwischen Pandemieleugnern und Impfverweigerern einerseits und jenen, die der fünften Impfung entgegenfiebern und am liebsten zwei Masken tragen würden andererseits, aufgerieben. Leider trägt die SZ dazu bei, diese unheilvolle Spaltung zu vertiefen. Deutlich macht dies der bewusst Angst schürende Satz: "Man stelle sich vor, in Deutschland würde jeden Tag ein Verkehrsflugzeug mit 200 bis 300 Passagieren an Bord abstürzen", mit dem Peter Fahrenholz seinen Kommentar beginnt. Da der Kommentator sicher weiß, dass schon vor Corona täglich zehn Flugzeuge in Deutschland abgestürzt sind, handelt es sich dabei um billigste Stimmungsmache.

Dr. Günter Aumann, Bretten

Einseitiger Absturzbericht

Wieder der unsäglich dramatische Flugzeugabsturz mit Corona-Patienten. Nach der deutschen Sterbestatistik stürzen täglich zehn Flugzeuge ab. Warum lese ich keinen Absturzbericht über Herzpatienten, Lungenpatientinnen, Kinderkrebspatienten und vielen weiteren Absturzursachen? Aus presserechtlichen Gründen schreiben Sie auch nichts über das Alter der abgestürzten Passagiere, ihren Impfstatus, ihre Zusatzerkrankungen. Die Einseitigkeit ihrer Berichterstattung ist unverständlich. Sie gehört eher ins Repertoire der Ministerpräsidenten zu Wahlzeiten.

Dr. med. Albert Joas, Utting

Realitäten ins Auge sehen

Der Kommentator beklagt 200 bis 300 Corona-Tote täglich. Er übersieht, dass in Deutschland jeden Tag etwa 2300 weitere Menschen sterben. Menschen, die beim Sterben Corona-positiv sind und bei denen teilweise das Virus Todesursache ist, sind im Schnitt 83 Jahre alt. Die anderen 2300 Sterbenden sind im Durchschnitt jünger. Die Lebenserwartung liegt nämlich unter 83 Jahren. Sie sterben an Unfällen, Alkohol, Herz-Kreislauf-Versagen oder Krankheiten. Aktuell sind in Deutschland fünf Prozent der Bevölkerung Corona-positiv (RKI: am 25. März 4,2 Millionen Menschen) - ohne Dunkelziffer. Bei 80 Millionen Einwohnern, 80 Jahren Lebensdauer und täglich etwa 2500 Sterbefällen müssen statistisch gesehen 125 Corona-positiv sein. Keine Regierung der Welt kann das ewige Leben schaffen. Sie ist auch nicht dafür verantwortlich. Diesen Realitäten muss man wieder ins Auge sehen, statt ständig das Leben zu verbieten, um das Sterben zu verhindern.

Dr. Friedrich Franke, Gera

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Quelle:
SZ vom 09.04.2022
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