Corona in Bayern:Feintuning für die "Ampel"

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Der neue Maßstab für etwaige Beschränkungen ist sinnvoll - erfasst aber die dynamischen Trends noch nicht ausreichend. Das könnte zu hektischem Regelungsbedarf führen.

"Ende der Vorsicht" vom 2. September, "Fast wie früher" vom 1. September und "Ungeimpft 110,55 - geimpft 9,18" vom 31. August:

Ungeimpfte gefährden alle

Der Unterschied der Inzidenzen ist alarmierend, auch wenn man bedenkt, dass die Dunkelziffer bei den Geimpften hoch sein dürfte, da sie in der Regel bei einer Infektion de facto asymptomatisch sind. Die reale Inzidenz könnte deswegen durchaus zwei- bis dreimal so hoch sein, aber keinesfalls in Bereichen, die bei 110,55 liegen wie bei den Ungeimpften. Die Zahlen zeigen aber, wie stark die Impfung wirkt, und dass Ungeimpfte sich und uns alle gefährden! Angesichts der bekannten Unzuverlässigkeit vieler zugelassener Tests fragt es sich jetzt, ob man die 3 G-Regel nicht umgehend durch 2 G ersetzt, denn zu einem Lockdown auch der Geimpften darf es auf keinen Fall mehr kommen. Es ist sehr wohl das Recht jedes einzelnen, eine Impfung abzulehnen, allerdings müssen dann auch die Konsequenzen getragen werden.

Dr. med. Dietrich Loos, München

Auf die Dynamik achten

Es ist erfreulich, dass der bayerische Ministerpräsident endlich zur Kenntnis genommen hat, dass die Inzidenz, genauer die Anzahl der positiv Getesteten, kein geeignetes Maß mehr für die Gefährdung des öffentlichen Gesundheitswesens durch Corona ist. Bedauerlich ist, dass erneut nur tagesaktuelle Zahlen für die Auslösung von Verschärfungen (Lockerungen beziehungsweise ein Ausstiegsszenario sind nicht vorgesehen!) herangezogen werden. Beim Infektionsgeschehen handelt es sich um dynamische Vorgänge, auf deren weitere Entwicklung aus Daten geschlossen werden kann. Die Kurve der Hospitalisierungen folgt der Kurve der Inzidenzen mit einer Verzögerung von ein bis zwei Wochen. Die Kurve der Intensivpatienten folgt der der Hospitalisierten wiederum mit einer Verzögerung von ein bis zwei Wochen. Eine Hospitalisierung von tagesdurchschnittlich 1200 Patienten ist völlig ungefährlich, wenn die Kurve der Inzidenzen oder, aussagekräftiger, der Prozentsatz der positiven Tests an der Gesamtzahl der Tests zum Zeitpunkt des Erreichens der tagesdurchschnittlich 1200 Patienten abfällt. In diesem Fall kann mit Sicherheit darauf geschlossen werden, dass die Hospitalisierungen nicht weiter steigen werden. Anders ist es, wenn die Inzidenz zum Zeitpunkt des Erreichens der 1200 Hospitalisierungen zunimmt. Die Hospitalisierungen nehmen dann sicher weiter zu. Ähnlich sind die Verhältnisse für die Entwicklung der Anzahl der Intensivpatienten, die ebenfalls aus einem Anstieg oder einem Abfall der Kurve der Hospitalisierten zum Zeitpunkt des Erreichens der 600 tagesdurchschnittlich behandelten Intensivpatienten vorhergesagt werden kann.

Bei einer intelligenten Datenauswertung würde die Krankenhausampel nur dann auf Gelb geschaltet, wenn die Kurve der Inzidenzen bei 1200 tagesdurchschnittlich Hospitalisierten ansteigt. Ähnlich würde die Ampel nur dann auf Rot geschaltet, wenn bei 600 Intensivpatienten die Kurve der Hospitalisierten ansteigt. Mit dieser zusätzlichen Berücksichtigung der Dynamik des Geschehens würde ein unnötig häufiges Umschalten der Ampel vermieden.

Dr. Heiko Barske, Seefeld

© SZ vom 04.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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