Containern:Stehlen für mehr Gerechtigkeit

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Ist es legitim, Lebensmittel aus verschlossenen Müllcontainern zu klauben? Studentinnen kämpfen vor dem Verfassungsgericht für die Legalisierung dieser Art von Diebstahl. Einige Leser sind dafür.

Stattliche Ausbeute beim nächtlichen Containern in Berlin: Joghurt, Pudding, Lebensmittel querbeet, mit abgelaufenem Verfallsdatum. (Foto: imago stock&people)

Zu " Legitimer Diebstahl" vom 9./10. November, " Der gut gemeinte Diebstahl" und " Diese Dinge sind Lebensgrundlage für andere" vom 8. November:

Ich kaufe mir Dosenbier im Supermarkt (Aldi, keine Musik). Die leeren Dosen stelle ich neben den Dosencontainer, damit die Obdachlosen sie nehmen und sich das Pfand dafür holen können. Begeht der Obdachlose damit einen Diebstahl? Oder, gleiche Ausgangssituation, aber jetzt werfe ich die Dosen in den Container, der Obdachlose angelt sie heraus. Begeht er jetzt einen Diebstahl? Die zweite Version scheint mir genau dasselbe zu sein wie bei den Lebensmitteln in den Supermarkt-Containern, über die die SZ berichtete.

Eberhard Beck, München

Das Gesetz muss geändert werden. Ich bin Food Carerin in Zusammenarbeit mit Alnatura, das heißt, ich verwerte ganz legal die Lebensmittel, die aussortiert werden, indem ich das, was ich nicht selber verwerten kann, an Fair-Teilstellen überbringe, die sie an Bedürftige weitergeben.

Birgit Oswald, München

Den beiden Mädchen, die Lebensmittel aus dem Container entwendet haben, gehört meine ganze Sympathie und mein Respekt. Trotzdem finde ich das Rechtsverfahren gegen sie aus zwei Gründen richtig, und eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit wäre ein Fehler gewesen. Erstens wollen wir ja nicht, dass das Plündern von Abfallcontainern zur Mode wird. Man kann sich leicht vorstellen, wie exzessiv sich so etwas auswachsen kann und wie es dann in der Nähe solcher Container aussehen könnte.

Wichtiger ist aber zweitens, dass die Mädchen bewusst provoziert haben und nur die vorhersehbare, ja wahrscheinlich sogar gewollte Antwort bekommen. Das Thema ist eben nicht "geringfügig", und nur auf diesem Wege kommt es vor das Verfassungsgericht. Im Grundgesetz Artikel 14 heißt es unmissverständlich "Eigentum verpflichtet". Aber wozu verpflichtet es, wenn nicht mal dazu, Dinge nach Möglichkeit stets ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch zuzuführen, auch wenn sie sich nicht mehr mit Gewinn verkaufen lassen?

Dr. Rainer von Mellenthin, München

Das Recht kennt keine Moral, allein deshalb wird auch das Bundesverfassungsgericht die Klage wegen Nichtzuständigkeit abweisen. Die Überflussgesellschaft ist ein großes Problem, gerade die massenhafte Lebensmittel-Produktion ist die Ursache für die Wegwerfgesellschaft. Die verbleibende legale Alternative sind die Tafeln.

Die Menschenwürde ist mal wieder gefragt, das Strafgesetzbuch bietet keine Lösung. Reichtum und Armut und die Verteilungsgerechtigkeit sind das Problem, die Politik beschäftigt sich aber eher mit der Bedürftigkeitsprüfung im Rentensystem.

Thomas Bartsch-Hauschild, Hamburg

© SZ vom 26.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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