Zu " Pakt mit Peking" und " Klub der Despoten" vom 26. November sowie zu " Der Lagerstaat", " Das ist kultureller Genozid" und " Geheimsache Gulag", 25. November:
Diktatur der Prinzlinge
Wirtschaftlich betrachtet ist Deutschland ein Vasall Chinas und Volkswagen ein chinesisches Instrument in Xinjiang. Außerhalb Chinas besteht kein Zweifel mehr, dass die Volksrepublik von der leninistischen Diktatur Mao Zedong zu einer Diktatur der Prinzlinge geschrumpft ist, also jener schmalen Gruppe von Kindern hoher Parteifunktionäre, die nach Hungersnöten der Ein-Kind-Politik folgten, und in den Wirren nach dem Tod Maos an Macht gewannen. Diese Erben sind kompromisslos besitzstandswahrend und egozentrisch aufgestellt. Ihr Anführer Xi Jinping lässt sich als Ideengeber feiern, obwohl er außer Wachstumsfantasien keine hat. Nirgendwo sonst in der nördlichen Hemisphäre fühlt sich der wache Mittelstand so unwohl wie in China.
In seiner langen Geschichte erlebte China nach vorgeblichen Revolutionen oft Zeiten starren Hochmuts, denen der große Denker Konfuzius die staatsphilosophische Grundlage bot. Regelmäßig verschloss sich das Reich Einflüssen von außen, weil seine Eliten glaubten, vom Rest der Welt nichts mehr lernen zu können. Das Leben des Eunuchen und Admirals Zheng He (alias Haddschi Mahmud Schams), dessen Flotte erstmals den Kompass benutzte und unter zehn Masten bis nach Afrika segelte, erzählt viel über den Umgang Chinas mit dem Rest der Welt.
Chinas waffenstarrende, unbewegliche Armeen konnten den Mongolen nicht trotzen. Das nach wie vor größte Bauwerk der Erde, die Chinesische Mauer, nützte den konservativen Regimes in Peking letztendlich ebenso wenig wie die Erfindung der Schießbaumwolle. Technische Überlegenheit verkümmert unter regressiver Erbmonarchie und Denkdiktatur.
Muss man als wirtschaftlicher Vasall Chinas alles mitmachen, was der reaktionäre Kaiser in Peking richtig findet? Unter Einsatz ihrer Existenz sagt die Bevölkerung Hongkongs entschieden: Nein! Wir sollten den mutigen Hongkongern beistehen und beschämt zur Kenntnis nehmen, dass die Freiheit heute auf den Straßen Kowloons, in Bogotá und Santiago de Chile verteidigt wird. Die Geschichte der Menschheit beweist, dass Freiheit nicht zum Nulltarif zu haben ist, sich aber letztendlich durchsetzt.
Dr.-Ing. Reinhold Gütter, Hamburg
Prostitution unserer Eliten
Ich finde es verblüffend, dass jetzt ein medialer Aufschrei ob der "Behandlung" der Uiguren seitens des chinesischen Regimes durch das Land geht. Seit Jahren konnte man immer wieder von Umerziehungslagern und schwarzen Gefängnissen lesen. Regimekritische Chinesen verschwinden da mitunter für immer. Nicht einmal die eigene Familie erfährt jemals, was ihnen geschah. Ähnlich ergeht es den Uiguren. Verfolgt man die Berichterstattung der vergangenen Jahre über das weltweit als Handelspartner begehrte China, über Xi Jinping, den brutalen, aber stets höflichen Strippenzieher im Zentrum der Partei, dann wundert mich die geheuchelte Empörung über das Schicksal der Uiguren. Wen in Deutschland interessiert das Schicksal der Uiguren wirklich?
Im Angesicht lukrativer Aufträge für die heimische Wirtschaft wird Deutschlands schlechtes Gewissen mit chinesischen Dollars beschwichtigt. Ähnlich verhält man sich gegenüber den lupenreinen Demokraten aus Moskau. Überraschend ist vielleicht das Ausmaß der Lager. Aber ein Land, das so hemmungslos gegenüber Andersdenkende vorgeht, kann einen letztlich selbst hier nicht wirklich verwundern. Es ist traurig und beschämend, dass unsere politische Elite sich derart anbiedert und prostituiert.
Michael Schmitt, Nürnberg
EU und USA gemeinsam gefragt
Wenn man sich die Lage von VW in China vor Augen hält, dann ist klar, wer Koch und wer Kellner ist. China diktiert, was VW zu tun hat. Deshalb muss und wird VW zu den Menschenrechtsverletzungen in China schweigen. Zu behaupten, dass VW dadurch seine Glaubwürdigkeit verlieren würde, ist naiv.
Man sollte sich ehrlich machen. Die VW-Chefs werden die Vorgänge in Xinjiang ebenso ausblenden, wie dies die Bundesregierung seit Jahren tut. Sicherlich, man ist erschüttert über den kulturellen Genozid an den Uiguren. Außenminister Heiko Maas spricht dazu wieder mal große Worte. Menschenrechte seien nicht verhandelbar und universell gültig. Schön gesagt. Dann wird Maas bei seinem nächsten Besuch in China bei einem Termin mit seinem chinesischen Kollegen die Dinge, mit der gebotenen Vorsicht, schonungslos ansprechen. Wirkung gleich null. Es wird ein Treffen mit einem Alibi-Andersdenkenden folgen, und damit ist das Placebo für die Öffentlichkeit verabreicht, schließlich geht es ja im Kern um deutsche Arbeitsplätze. Same procedure as every year.
Das Verhalten der Bundesregierung und der Konzerne ist verlogen und beschämend. Abhilfe schaffen könnte nur eine Allianz aus EU und USA, die stark genug wäre, China die Stirn zu bieten.
Josef Geier, Eging
Chinas Waren boykottieren
Ähnlich wie hier mit den Umerziehungslagern und Moscheenvernichtungen ist es vor Jahrzehnten auch in Tibet gelaufen. Und China wird weiterhin gestärkt von den westlichen Firmen, die ihr Know-how dort abgeben (nicht freiwillig) und uns, den Verbrauchern, die seit Jahrzehnten so gut und günstig mit den billigen chinesischen Produkten leben können. So mucken auch unsere Niedriglöhner nicht auf.
Aber machen wir uns damit nicht mitschuldig an der menschenrechtsverachtenden Situation der Uiguren? Vielleicht sollten wir chinesische Produkte nicht mehr kaufen und auch die Händler darauf hinweisen. Die Nachfrage bestimmt das Geschäft. Nutzen wir doch unsere Verbrauchermacht! China wird eines Tages die Welt wirtschaftlich und militärisch dominieren. Und das ist keine "andere Demokratie", es ist eine menschenverachtende Diktatur. Wir sollten aus unseren Abhängigkeiten aussteigen, beginnend mit Huawei.
Angelika Carl, Türkenfeld
Miese Moral
Was für eine Moral unserer Politiker, wenn sie Menschenrechtsverletzungen gegen Einnahmen gegenrechnen? Was für Politiker, die die Sicherheit unseres Landes einer Firma in die Hand geben können, das als Erfüllungsgehilfe des größten Überwachungsstaates der Welt fungiert? Leider müssen wir davon ausgehen, dass die Bräsigkeit der Politiker anhalten wird und sie Warnungen in den Wind schreiben.
Marcus Schlüter, Weil im Schönbuch