Burg Nassenfels:Denkmalfrevel im Schuttermoos

Dass Gemeinde und Sportverein direkt an einem einzigartigen Baudenkmal einen Fußballplatz bauen wollen, empört einen heimatverbundenen Leser. So könne mit einem Burgen-Juwel nicht umgegangen werden.

Burg Nassenfels: Die Burgruine ist das Wahrzeichen von Nassenfels - unmittelbar daneben soll ein Sportplatz gebaut werden.

Die Burgruine ist das Wahrzeichen von Nassenfels - unmittelbar daneben soll ein Sportplatz gebaut werden.

(Foto: Mauritius)

"Sportplatz statt Moor" vom 13. September:

Der Beitrag schildert ein heftig umstrittenes Bauvorhaben im Markt Nassenfels, Landkreis Eichstätt. Der Aspekt der Versiegelung eines Teils des Schuttermooses steht dabei im Fokus der Berichterstattung. Aus Sicht der Denkmal- und Heimatpflege bleiben jedoch mehrere, ebenso hochrangige Gesichtspunkte unberücksichtigt und fordern eine Ergänzung. Nassenfels war in der Steinzeit nicht nur bereits besiedelt. Am Speckberg, 1,5 Kilometer westlich des Ortes, wurde die größte altsteinzeitliche Jagdstation Bayerns ausgegraben. Nassenfels geht nicht nur auf die Zeit der Römer zurück, die hier ein Kastell erbauten. Der Römerort mit dem Namen Vicus Scuttarensium entwickelte sich zum zivilen Verwaltungssitz im nördlichen Rätien. Er wurde berühmt wegen der Qualität seines vorzüglichen, fast alabasterartigen Kalksteins, aus dem unzählige Götterstatuen, Grabinschriften und Altäre hergestellt wurden, welche man am Ort fand und die man auch in der weiteren Region bis Augsburg und Regensburg schätzte.

Das ortsnamengebende Denkmal ist die Burg Nassenfels. Besagte Sportanlage soll nun unmittelbar im Osten des Baudenkmals errichtet werden. Von dort zeigt sich die Burg über Jahrhunderte von ihrer "Schokoladenseite". Vor fast 90 Jahren hat sich das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege mit folgendem Gutachten zur Burganlage von Nassenfels an das damalige Bezirksamt Eichstätt geäußert: "Das Wasserschloss Nassenfels gehört nach mehrfacher Seite hin zu den hervorragendsten Burganlagen Bayerns. Seine Zusammensetzung aus verschiedenen Bauperioden, die den einzelnen Baupartien eine höchst interessante zeitlebendige Prägung aufdrückten, dann der malerische Eindruck, den der turmreiche Komplex erweckt, sind von seltenster Art. Der Eindruck wehrhafter Kraft vermischt sich mit ungewöhnlich malerischen Reizen. Die Qualitäten des Baudenkmals sind so bedeutend, dass das Wasserschloss Nassenfels als wahres Nationalgut innerhalb des Denkmälerbestandes des Landes empfunden und dementsprechend auch gewertet werden muss. Seine Erhaltung und Pflege im Denkmalschatze Bayerns sind daher Pflicht."

Der Gesichtspunkt Denkmalpflege und Heimatpflege wurde im Gemeindeparlament abgewogen und, wie es leider heißt, zur Kenntnis genommen. Zu dieser herabwürdigenden Einstellung muss festgestellt werden, dass weder ein Gemeinderat und schon gar nicht ein Sportverein ein Gremium ist, welches über ein Baudenkmal von bayernweiter Wertschätzung in alleiniger Zuständigkeit entscheiden sollte. Aus Münchner Privatbesitz konnte ich ein kleines Gemälde des Ingolstädter Malers Wilhelm Donaubauer erwerben, welches die betroffene Perspektive um 1914 treffend erfasst. Bei der Entscheidung zum geplanten Bauvorhaben sollten sich alle Instanzen bis hin zur Höchsten gründlich überlegen, wohin die Reise gehen soll. Ein "Schutterpark" in der geplanten Form ist keine verantwortungsvolle Denkmalpflege - und schon gar keine Heimatpflege.

Dr. Karl Heinz Rieder, Kipfenberg

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung, gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und dem Wohnort.

Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de. Zu Artikeln, die im Lokal- und Bayernteil der SZ erschienen sind, senden Sie Ihre Meinung gerne direkt an forum-region@sz.de.

Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: