Bundestag:Wenn die Alarmglocken schrillen

Die jüngste Generaldebatte im Bundestag wird nicht nur wegen der zornigen Erwiderung von Martin Schulz (SPD) auf die AfD in die Geschichte eingehen. Leser kommentieren die Veranstaltung sehr kontrovers.

Bundestag: Zornige Erwiderung: Der SPD-Politiker Martin Schulz bei der Generaldebatte im Bundestag.

Zornige Erwiderung: Der SPD-Politiker Martin Schulz bei der Generaldebatte im Bundestag.

(Foto: Markus Heine/imago)

"Bürgermeisterin von Deutschland" vom 18. September sowie "Es fehlt Führung", "Es ist Zeit, dass die Demokratie sich wehrt" und "Unfrieden im hohen Haus" vom 13. September:

Pflicht, auf Sprache zu achten

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey beklagte angesichts wachsender gesellschaftlicher Spannungen einen sprachlichen Niveauverfall in der Politik und eine Polarisierung und Verrohung der Sprache.

Dabei kritisierte sie sowohl Horst Seehofer für seinen Satz, die Migrationsfrage sei die "Mutter aller Probleme", als auch ihren Parteikollegen Martin Schulz wegen seiner Äußerung, Alexander Gauland gehöre auf den "Misthaufen" der deutschen Geschichte. In Deutschland leben 20 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, von denen viele arbeiten und Steuern zahlen. Wenn man all denen das Gefühl vermittelt, sie seien die Ursache für die bestehenden Probleme, dann ist das fatal. Egal wie verroht und niveaulos sich andere ausdrücken, Politiker stehen in einer besonderen Pflicht, auf ihre Sprache zu achten.

Leider ist vielen Politikern die Fähigkeit abhandengekommen, in der Sache hart und konsequent zu bleiben, sich mit dem politischen Gegner im Ton jedoch moderat auseinanderzusetzen. Wünschenswert wäre, dass Politiker Debatten um die größten Zukunftssorgen der Bürger, wie beispielsweise bezahlbaren Wohnraum insbesondere in Ballungsgebieten, das Renten-, Pflege- und Gesundheitssystem, die Bekämpfung der Kinderarmut sowie die Zukunftsfähigkeit des Rentensystems mit derselben Leidenschaft führen würden.

Alfred Kastner, Weiden

Profil und Seele gewinnen

Beim Blick auf die Weltkarte waren wir in Deutschland, was das politische Personal betrifft, vergleichsweise so ziemlich auf der sicheren Seite. Das hat sich im abgelaufenen Jahr gravierend geändert.

Die Auftritte etlicher AfD-Politiker sind widerlich; viele ihrer Äußerungen ekeln mich an. Der Leiter einer wichtigen Bundesbehörde und sein Vorgesetzter, der Bundesinnenminister, befördern durch ihre Wortwahl und ihr Verhalten die Agenda dieser in großen Teilen verlogenen Clique. Das sollte die Alarmglocken schrillen lassen und bei uns allen höchstes Misstrauen auslösen. Jetzt rächt sich auch, dass die SPD der Versuchung einer neuerlichen Regierungsbeteiligung erlegen ist. Es mangelt an einem kraftvollen Widerpart zu einer für unser Staatswesen und unsere Demokratie gefährlichen Entwicklung, da es aus der Regierung heraus offenkundig nicht möglich ist. Der Erhalt einer Regierung, deren Leitung in dieser krisenhaften Entwicklung offensichtlich nicht handlungsfähig ist, darf kein Selbstzweck sein. Das nützt in unserem Land nur den Menschenverdummern auf der rechten Seite. Mein Wunsch an die SPD: Beendet diese Koalition, vielleicht gelingt es dann wieder, Profil und Seele zu gewinnen!

Roger Buchwald, Hildesheim

Endlich ist einer aufgestanden

Ich bin nicht der Meinung, dass Martin Schulz in seiner Rede sich an der Stelle hätte setzen sollen, die Nico Fried anführt. Endlich, endlich ist einer aufgestanden und hat der AfD in passender Weise Paroli geboten. Es gibt viel zu viele, die nicht einmal aufstehen oder sich hinsetzen, nachdem sie unverbindlich und politisch korrekt argumentieren. Es gibt leider auch schon zu viele in unserem Land, sowohl in der Politik auf jeder Ebene, bei Behörden, bei der Polizei, ja sogar bei Ministern, die auf dem rechten Auge blind sind oder mit der AfD heimlich sympathisieren. Martin Schulz gebührt Respekt und Anerkennung, besser kann man es nicht sagen. Es reicht schon, wenn die Kanzlerin dauernd kühl und nüchtern bleibt.

Renate Dengler, Stockdorf

In die faschistische Ecke gestellt

Zwar kann man es schon nachvollziehen, dass sich Martin Schulz mal wieder zu inszenieren bemühte, da es doch sehr still um ihn geworden ist, nachdem er einen so katastrophalen Wahlkampf für die SPD geführt hatte und folglich auch in der eigenen Partei nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Dennoch sollte er sich der Tatsache bewusst sein, dass er mit seinen unqualifizierten Ausfällen gegenüber den Abgeordneten der AfD auch die vielen Wähler dieser mittlerweile drittstärksten demokratisch legitimierten Partei Deutschlands in eine "faschistische" Ecke stellte und sie damit in unverantwortlicher Weise diskreditiert. Immerhin wurde Schulz aber von Bundestagspräsident Schäuble auf das im Bundestag gebotene Benehmen hingewiesen.

Klaus Altgassen, Hauzenberg

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, die Texte zu kürzen.

Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch hier in der Digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung und bei Süddeutsche.de zu veröffentlichen.

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