Böllerverbot:Schluss mit Dreck und Krach

Lesezeit: 3 Min.

Erst das Feuerwerk - dann tonnenweise Müll auf Straßen und Wegen. Der Ruf nach einem Feuerwerksverbot wird lauter. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

In der Silvesternacht sterben in mehreren Bundesländern mindestens fünf Menschen beim Zünden von Böllern - viele werden verletzt. SZ-Leser fordern ein Ende für die sinnlose Knallerei.

„Mindestens fünf Tote durch Zünden von Böllern“ vom 2. Januar und „Diese Bombe ist nichts für Laien“ vom 3. Januar:

Egoistische Exzesse

Für den Abschied vom alten Jahr an Silvester hat sich vor einigen Jahrzehnten das Krachmachen, also das „Verjagen böser Geister“, mit kleinen Krachern und Feuerwerk eingebürgert. Diese profitable Gewohnheit ist aber in den letzten Jahren zu einer krawalligen Aufrüstungsorgie eskaliert. Da werden von einigen Leuten stundenlang nicht nur feine Raketen, sondern immer größere Batterien und oft auch verbotene Sprengkörper und unerlaubte Raketen verschossen. Was früher einmal ein kurzer Spaß für die Mitternacht auch für Familien und Kinder gewesen ist, verkommt zu einem rücksichts- und grenzenlosen Krawallexzess.

Offenbar toben sich dabei einige Steinzeitmenschen aus, greifen in Einzelfällen sogar Rettungskräfte an. Also wieder: Notaufnahmen sind überfüllt, Hunderte Tonnen von giftigem Müll verdrecken Straßen und Plätze, die Luft ist extrem verschmutzt und vergiftet, Lärmbelästigung ist extrem, Brände in Häusern und Nutzgebäuden halten Feuerwehren und Polizei in Dauerstress, Tiere verletzen sich bei Fluchtversuchen. Letztlich werden mit den Feuerwerkskörpern unnütze, schädliche Produkte hergestellt.

Fazit: Das vermeintliche Vergnügen und die Profite von einigen wenigen Leuten gehen auf Kosten der ganzen Mitbürger. Das scheint zu einem Signum unserer Zeit zu werden: maßloser Egoismus auf Kosten der Allgemeinheit. Weshalb werden die Unsummen nicht für humanitäre Zwecke gespendet – zum Beispiel an die hundertausende wohnungslosen und ausgehungerten frierenden Familien im völlig zerstörten Gazastreifen? Hier zeigt sich eine Verrohung und Ignoranz, die beschämend ist für unsere Kultur. Rauschende Feste sind auch ohne Feuerwerk möglich.

Edgar Göll, Bielefeld

Wo bleibt die Politik?

Die Parteispenden und die Lobbyarbeit der Feuerwerkskörperhersteller müssen enorm sein, oder ist es die Angst der Politik, die vermeintliche „Freiheit“ mit einem Böllerverbot der vor allem männlichen Bevölkerungsgruppen einzuschränken (und damit Wählerstimmen zu riskieren), wenn ein längst überfälliges Verbot von privatem Feuerwerk, umgesetzt würde?

Wie viel muss noch passieren, wie viele Menschen sterben, Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter angegriffen und verletzt werden? Dass diese Chaoten allen Appellen und Verboten zum Trotz, nach all den Eskalationen und Toten, die es auch dieses Jahr an Silvester wieder gab, weitermachen können, ist das Versagen und die Verantwortung der politisch Verantwortlichen, die nicht Willens und imstande sind, hier etwas grundsätzlich zu ändern. Nach ein paar Statements und zur Schau getragener Betroffenheit, ist wieder business as usual angesagt. Die Wahlen stehen vor der Tür. Na denn, auf die nächsten Toten und Verletzten. Prost Neujahr!

Oliver Schulze, Detmold

Das ist Tierquälerei

Man muss in Deutschland nicht alles verbieten. Allerdings sehe ich in reinem Krach-Verursachen keinen Sinn, da kein Nutzen von dem Lärm zu Silvester ausgeht, zumal Kanonenschläge und andere, lauten Krach verursachende Dinge wie Klappenauspuffe, nur dem Verursacher eine zweifelhafte Befriedigung bringen. Hauptsächlich Tiere und überwiegend gerade die Haustiere in der Stadt und die Stadtbewohner werden mit jedem Jahr unerträglicher belästigt.

Reines Feuerwerk mag ja noch optisch Freude bereiten, aber dass aus reiner Lust am Böllern Tiere erschreckt werden, ist Tierquälerei. Mag sich ein Mensch mit Ohrstöpseln und auf andere Weise zu helfen wissen, so sind doch Tiere diesem Wahnsinn hilflos ausgeliefert. Leider sind unsere gegenwärtigen Politiker offenbar nicht in der Lage, diesem sinnlosen Tun Einhalt zu gebieten. Wo bleibt eigentlich der gesunde Menschenverstand bei diesen Volksvertretern? Wozu unterhalten wir teure Verbraucherschutzministerien und Umweltministerien, wenn doch für den Staat und die beteiligten Unternehmen nur der Umsatz und der Gewinn zählt. Lärm ist für Mensch und Tier gesundheitsschädlich, das dürfte doch hinreichend bekannt sein!

Helge Scheibe, Nordenham

Australien macht's besser

Alle Jahre wieder der Kater am Morgen nach dem Feuerwerk ... – diesmal mit fünf Toten und reichlich Verletzten, Einsatz von Hunderten von Polizisten, Feuerwehrleuten und Rettungspersonal. Eine Umwelt- und Luftverpestung ohnegleichen. Es gibt keinen rationalen Grund, alle Jahre wieder 200 Millionen Euro zu verfeuern, aber keiner hat das Rückgrat, die Reißleine zu ziehen. Von den Politikern, die im Wahlmodus sind, hört man nur jämmerliche Kommentare.

Warum machen wir es nicht wie in Australien: Strenges Verkaufsverbot für Pyrotechnik; am 31. Dezember dezentrales Feuerwerk (in Fußballstadien außerhalb der City) mit Feuerwerk durch Pyrotechniker – um 19 Uhr für die Jugend und erst um 24 Uhr für die Pyromanen. Finanzierung durch die Kommune. Keine Verletzten, Tiere nur minimal irritiert, Polizei und Feuerwehr und Rettungskräfte sowie Klinikpersonal können den Jahresausklang genießen. Wer Ruhe haben will, geht in einen ruhigeren Stadtteil. Das sollte doch auch in Europa möglich sein, oder?

Dr. med. Ludwig Plaumann Chirurg/Unfallchirurg Neustadt bei Coburg

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung, gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und des Wohnorts. Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de. Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: