Bewertungsportale:Gegen das Standesrecht

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Dass Ärzte eigentlich keine Werbung für sich machen dürfen, werde eigenartigerweise bei Bewertungsportalen ignoriert, meint ein Leser. Eine Leserin berichtet, dass Ärzte und Krankenkasse sie selbst auf die Portale verwiesen haben.

"Fast schon erpressbar" vom 20. Februar:

Zu Arztbewertungsportalen gab es auch unter Ärzten und mit den Ärztekammern schon lebhafte Diskussionen, etwa in den Münchner Ärztlichen Anzeigen. Sehr einfach könnte nämlich eigentlich das Abonnieren von Premium-Einträgen auf Bewertungsportalen als berufsrechtswidrige Werbung ausgelegt und entsprechend allen Ärzten von den Ärztekammern verboten werden. Die Berufsordnung für die Ärzte Bayerns regelt das erlaubte Maß an Werbung durchaus genau und verbietet etwa anpreisende, vergleichende oder irreführende Werbeformen (Paragraf 27).

Wenn die Ärztekammern den Schritt gewagt hätten, die diversen Gold- oder Premium-Modelle der Portale als berufsrechtswidrige Werbung einzustufen und den Ärzten zu verbieten, hätte das den Portalen diesbezüglich die Einnahmequelle, wenn nicht gar die Geschäftsgrundlage entzogen. Dass es je nach Portal auch in unterschiedlichem Maß möglich ist, als zahlender Abonnent Bewertungen selbst offline zu schalten, könnte man von der Patientenseite aus und im Sinn der Berufsordnung als Irreführung empfinden. Aus Sicht des Arztes ist es digitale Wegelagerei: Jeder kann alles über die Praxis veröffentlichen, auch anonym; sich dagegen zu wehren, erzeugt enormen Aufwand, solange man nicht zahlt. Und die ärztliche Selbstverwaltung, aus welchem Grund auch immer, verhält sich bis zum Äußersten defensiv. Dr. Wolfgang Dietrich, München

Grundsätzlich wertlos

Nach einer verkorksten Schulter-Operation vor zwei Jahren war ich (schwerbehindert, chronisch krank, also eh geduld- und ergebenheitserprobt) dazu gezwungen, einen anderen Mediziner aufzusuchen. Schließlich landete ich in einem großen Münchner Schulterzentrum. Massive Schmerztherapie. Als ich bestätigte, dass unter den Gaben des Schmerzmedikaments auf einer Skala von 0 bis 10 der Schmerz tatsächlich auf sechs, sieben "gefallen" sei: Jubel beim Doc und Empfang des denkbar strahlendsten Lächelns sowie eines Kärtchens: "Schildern Sie doch Ihre Krankengeschichte und die positiven Erfahrungen, die Sie mit mir gemacht haben: Auf Jameda!" Freundlicherweise postete ich die tatsächlichen Vorgänge nicht dort.

Da die Quälerei damit kein Ende gefunden hatte, wendete ich mich nach etwa einem Jahr an meine Krankenkasse, sie möge einen im Bezug auf meine Situation versierten Orthopäden nennen. Ich erhielt zur Auskunft, dass man als Kasse niemanden direkt empfehlen dürfe. Ich könne aber eine Liste mit geeigneten Ärzten erhalten. Und, lebhaft, mit der Gewissheit, mir jetzt zu helfen: "Schauen Sie doch auf Jameda."

Fazit: Es mag sein, dass ungerechtfertigt negative Posts bei Jameda Druck auf einzelne Ärzte und Ärztinnen ausüben. Umgekehrt weiß ich als Patientin tatsächlich auch nicht, wie viele Fake-Empfehlungen hier abgegeben werden. Für mich sind wegen dieser Marge solche Portale grundsätzlich wertlos. Auch möchte ich ihr Gehabe, wie auch im Artikel skizziert, nicht unterstützen. Solange aber sowohl Ärzte wie Kassen sich des fragwürdigen Instruments Jameda bedienen, hält sich mein Mitgefühl für die skizzierten Fälle in Grenzen. Marion Haass-Pennings, Kirchheim

© SZ vom 28.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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