Sprachlabor:Brotbox „befüllen“?

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Auch „versprechender“ und „gescheitertst“ irritieren.

Von Hermann Unterstöger

DASS FÜR „ERFOLGVERSPRECHEND“ zwei Schreibweisen möglich sind, nämlich erfolgversprechend und Erfolg versprechend, geht ja noch an. Fatal wird’s, wenn der Komparativ auf der Basis von Erfolg versprechend gebildet wird. Das führte bei uns zu „Erfolg versprechender“ und bei Leser J. zu Verwunderung darüber, dass das Partizip versprechend gesteigert werden könne. Nun geht das zwar in Einzelfällen, beispielsweise bei spannend/spannender, nicht jedoch bei Partizipien, die laut Grammatik „an der Wortart Adjektiv teilnehmen“, was versprechend nun wirklich nicht tut. Anders erfolgversprechend: Es nimmt teil, kann also zu erfolgversprechender aufsteigen.

IRONIE, SATIRE, UNWISSEN? Was davon hinter der Formulierung „die wohl gescheitertste Pressekonferenz aller Zeiten“ steckte, wollte Leser W. nicht entscheiden, weswegen es auch hier im Ungefähren bleiben soll. Das heißt, Ironie könnte sehr wohl mit im Spiel gewesen sein, und zur Unterstützung dieser Vermutung sei auf Hans Reimanns „Vampir“ zurückgegriffen, eine Parodie auf Hanns Heinz Ewers. Dort treffen wir „Lu Muller, die weitaus Prostituierteste aller fünf Erdteile“, die Ewers dann – aber das würde jetzt zu weit führen.

ZEITUNGSTEXTE sollen überallhin gehen, nur nicht auf die Nerven. Unserer Leserin Th. gehen nicht die Texte als solche auf die Nerven, wohl aber der Umstand, „dass Behälter nur noch befüllt werden, nicht mehr gefüllt“. Die Wortbildungslehre liefert zur Präfigierung mit be- unter anderem die Erklärung, dass dadurch „eine intensivierende und perfektivierende Komponente deutlich“ werde und dass eine Wendung wie „Steine auf den Wagen laden“ handlicher werde, wenn man sie durch „den Wagen mit Steinen beladen“ ersetze. Die Belletristik erziele damit expressive Effekte à la: „Wie du mich drängst und bedrängst“ (Thomas Mann), wobei wir wiederum von Glück reden können, dass Goethe „Busch und Tal still mit Nebelglanz“ füllte und nicht befüllte. Dem Wort befüllen wohnt etwas Technisches inne, was man jüngst beim Befüllen der Sandsäcke sah. Bei unserem Titel „Brotbox befüllen“ wirkte es eher komisch.

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