Bauernproteste:Was braucht die Landwirtschaft?

Begrenztes Verständnis für ökonomische Nöte von Landwirten: Es gibt keinen Anspruch auf Verseuchung, um zu überleben, schreibt ein Leser. Ein anderer fordert mehr Bio-Subventionen.

Bauernproteste Trecker-Demo in Oldenburg Tausende Landwirte haben am Dienstag in zahlreichen norddeutschen Innenstädten

Trecker-Demo in Oldenburg: Tausende Landwirte haben vergangene Woche in zahlreichen deutschen Innenstädten den Verkehr lahmgelegt.

(Foto: imago images/JOKER)

Zu "Rebellion auf großen Rädern" und "Der Fehler liegt im System" vom 23. Oktober:

Die Ängste der Landwirte vor einem politisch gewollten Bauernsterben sind mehr als berechtigt. Die Landwirtschaftspolitik vor allem unter CDU und CSU hat dazu geführt, dass zwischen 1975 und 2014 von rund 900 000 landwirtschaftlichen Betrieben rund 600 000 wegrationalisiert wurden. Die kleineren Familienbetriebe sind verschwunden und mit ihnen auch die Artenvielfalt. Übrig bleiben Agrarfabriken.

Ein Fehler der Bauern war es, sich der Agrochemielobby an den Hals zu werfen und sich von ihr abhängig zu machen. Die bundesweiten Kundgebungen sind der verzweifelte Wunsch nach Beibehaltung des Status quo, und das heißt Agrargifte, Glyphosat, Massentierhaltung, Insektenvergiftung, Vogelsterben, CO₂-Belastung, Nitrat im Grundwasser - und Bauernsterben. Durch die Kampagnen der Agrolobby soll der Bevölkerung weis gemacht werden, dass Umweltauflagen und Umweltorganisationen oder das Volksbegehren Ursachen fürs Bauernsterben sind. Die eigentlichen Ursachen werden verschwiegen.

Die Umweltverbände sind die potenziellen Verbündeten einer insektenfreundlichen, grundwasserfreundlichen, naturnäheren, giftärmeren, nachhaltigen, bäuerlichen und somit auch moderneren und zukunftsorientierten Landwirtschaft. Dazu braucht es nicht nur ein Agrarpaket und ein Volksbegehren, sondern eine andere, neue Agrar- und Subventionspolitik.

Die Landwirtschaft braucht endlich gute Preise für gute, umweltschonend erzeugte Produkte. Ein Weitermachen wie bisher zerstört nicht nur die Artenvielfalt. Es bringt das politisch gewollte Ende aller kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe.

Conrad Fink, Freiberg am Neckar

Landwirte haben keinen Anspruch darauf, das Grundwasser mit Nitrat zu verseuchen, die Arten auszurotten, Umwelt und Menschen mit Glyphosat und anderen Giften zu verseuchen, um wirtschaftlich in einem fehlgeleiteten, umweltzerstörerischem, industriell organisierten Agrarsystem zu überleben. Statt dessen sollte die Agrarpolitik naturverträglichen ökologischen Landbau massiv fördern, Landwirte für Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und des Klimas angemessen vergüten und die bürokratischen Auflagen reduzieren. Gleichzeitig sollten in Deutschland erzeugte ökologische Lebensmittel staatlich subventioniert und von Mehrwertsteuern befreit werden, damit der Absatz der Produkte gefördert wird. "Bio und regional" muss raus aus der Nische, konventionelle Massenware schadet Umwelt, Landwirten und damit allen. Kein Euro Subvention sollte mehr in industrielle konventionelle Landwirtschaft fließen. Zahlreiche Biolandwirte zeigen - unter großer Belastung-, dass Ackerbau, Milchwirtschaft und Viehzucht umweltverträglich und Tiere achtend möglich ist.

Michael Schiedermeier, Oberursel

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: