Süddeutsche Zeitung

Aufstiegschancen:Eine Frage der Herkunft

Jüngst wurde in der SZ eine Studie der Universität Paderborn zitiert, die belegt, dass Studierende aus einfachen Verhältnissen kaum eine Chance haben, Karriere an der Uni zu machen. Das gilt vor allem für Frauen.

Wenn Alex Rühle in "Willkommen in der Ständegesellschaft 2.0" vom 2./3. April auf die "traurige Chronik eines Landes" hinweist, "das Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern in den Siebziger- und Achtzigerjahren echte Aufstiegschancen bot", so galt das in den für mich entscheidenden Sechzigerjahren erst recht. Meine Generation von "Arbeiterkindern" hat die Anfänge der Entwicklung in einem Klima erlebt, in dem die Bildungsfrage als soziale Frage auf der politischen Agenda stand.

Was das von Marco Maurer aus seiner Perspektive vorgestellte Personal der seinerzeitigen Bildungslandschaft betrifft, so kann das harsche Urteil keinesfalls generalisierend gelten. Die von ihm erlebten Bildungsblockierer unter den Lehrern können nicht repräsentativ für alle stehen. Es wäre vielmehr auch von vielerlei Förderung, auch des Leserbriefschreibers, zu berichten und vom Belastungsübersoll von Lehrern und Lehrerinnen gerade in der Anfangszeit des zweiten Bildungswegs. Und es wäre auch zu berichten von den Frauen und "Arbeitertöchtern" auf diesem Weg. Von nahezu null in meinem Abiturjahrgang eine allmähliche und dann sprunghafte Steigerung des weiblichen Anteils.

Nach den unzähligen Publikationen und Diskussionen zu Entscheidungen über Schullaufbahnen und für und gegen die Aufnahme eines Hochschulstudiums ist eine dritte Etappe, gewissermaßen Steilstufe auf dem Bildungsweg nach oben, bislang erstaunlicherweise fast völlig unterbelichtet geblieben, nämlich die der Professoren. Diese Diskussion klingt am Rande auch in der SZ an. Darin wird auf eine "Studie der Universität Paderborn" hingewiesen, nach der belegt werde, "dass Studierende aus einfachen Verhältnissen heute kaum eine Chance haben, Karriere an der Uni zu machen". Es sei ergänzt, dass es dabei wohl genauer um die Studie von Christina Möller: "Herkunft zählt (fast) immer", 2015, geht sowie von derselben Autorin "Wie offen ist die Universitätsprofessur für soziale Aufsteigerinnen und Aufsteiger?". Es wird dabei auch unterstrichen, "dass Professorinnen mit sieben Prozent signifikant seltener aus der niedrigen Herkunftsgruppe stammen als Professoren (zwölf Prozent). Demgegenüber stammen sie mit 37 Prozent häufiger aus der höchsten Kategorie" von Elternhäusern. Frauen sind danach auf dem Weg zur Professur nicht nur unterrepräsentiert, sondern noch abhängiger von einer privilegierten Herkunft. Prof. Reinhard Damm, Bremen

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Quelle:
SZ vom 22.04.2015
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