Anthropozän:Verzicht hilft

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Harald Welzer hat jüngst in einem Gastbeitrag das Zeitalter des Menschen zum "Zeitalter des Geldes" umbenannt. Ein Leser meint, das einzig wirksame Mittel gegen den Ruin der Welt durch den Kapitalismus sei Verzicht auf Konsum und Reisen.

"Das Zeitalter des Geldes" vom 5. Juni:

Was Harald Welzer in seinem Text so ergreifend und klug aus der Historie und dem Status quo unserer globalen Situation extrahiert, wird bei den meisten SZ-Lesern sicherlich mit zustimmendem Kopfnicken begleitet. Der Klimawandel, der längst zur Katastrophe geworden ist, und als Folgen Kriege, Existenznöte und Völkerwanderungen nach sich zieht, wird wie ein dystopischer Hollywoodfilm betrachtet. Irgendwann wird es eine wissenschaftliche Rettung geben, so die leise Hoffnung.

Der Gedanke, dass uns der Kapitalismus, inklusive unserer Politiker, zu Deppen der Kleptokraten gemacht hat, denen jedes Mittel lieb ist, um ihre Milliardensummen vor dem Komma noch länger zu machen, ist nun mittlerweile zur Gewissheit geworden. Da können wir Müll trennen und recyceln, Windräder aufstellen und Solarzellen installieren, so viel wir wollen. So werden wir die Lebensbedingungen der Menschheit in den folgenden Generationen nicht verbessern. So lange der Kapitalismus bestimmt, wohin die Reise geht, werden wir immer weniger Demokratie, Solidarität und Humanität erleben. Page, Bezos, Zuckerberg und Co. werden uns Menschen so perfekt digitalisieren, dass wir ihrer kapitalistischen Gier, wie in Trance, Folge leisten werden.

Darum heißt das einzig wirksame Kampfmittel der heute noch eigenständig denkenden Menschen, aller wohlhabenden und reichen Länder: Verzicht. Freiwilliger, gemeinsamer Verzicht. Weniger Kreuzfahrten, weniger Flugreisen, weniger Autos etc. Konsumverzicht als Weltrevolution. Ohne Marx und Engels. Ohne Barrikaden. Aber mit einem Glücksgefühl, das wir als Konsumjunkies nie erreichen können.

Gregor Ortmeyer, Düsseldorf

Führt Wortklauberei weiter?

"Wer Anthropozän sagt, lügt", schreibt Harald Welzer. Volltreffer! Mea culpa! Auch ich habe das Wort in meinen Vorträgen verwendet. Ob Welzers "Knetozän" die Sache besser trifft? Vielleicht hinterlassen die elektronischen Transaktionen des Wachstumskapitalismus im Strahlungsspektrum des Kosmos Spuren, die ferne Wesen entschlüsseln können. Vielleicht benennen sie den Sender dieser Botschaften auch Knetos. Ist damit der Anthropos aus dem Spiel? Mag sein, dass man eine neue Unterart des Homo sapiens, den Homo knetikus, zur geologischen Kraft kürt. Aber führt uns diese Wortklauberei auch nur einen Millimeter weiter?

Hermann Pütter, Neustadt

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