Süddeutsche Zeitung

AfD:Entlarvende Flügelkämpfe

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Viele Leser meinen, dass die formale Auflösung des Flügels wenig bringe, solange dessen Führungspersonal die Linie der Partei mitgestalte. Einer schreibt dagegen, die AfD werde in ihrer Opposition auch behindert.

Zu " Politische Abgründe" vom 8. April sowie zu " Bald Geschichte" vom 23. März:

So viel Kreide können Björn Höcke und Andreas Kalbitz gar nicht fressen, dass ihnen jemand glaubt, dass sie ernsthaft bereit wären, ihrem rechtsextremen Gedankengut abzuschwören. Besonders verwerflich und unglaubwürdig ist die Tatsache, dass sich die selbsternannten "gemäßigten" Parteimitglieder bisher nicht ohne Wenn und Aber zu einem Parteiausschluss der moralisch und charakterlich fragwürdigen Flügelaktivisten durchringen konnten.

Solange sich der AfD-Vorstand nicht klar und unumkehrbar von diesen Flügelgründern abgrenzt und trennt, sollte der Verfassungsschutz diese inszenierte Politikkomödie als das ansehen, was sie ist, eine durchsichtige und schäbige Augenwischerei. Deshalb erscheint es zurzeit mehr als berechtigt, dieser Partei mit allen rechtsstaatlichen Mitteln und Möglichkeiten zu begegnen und sie genauestens im Auge zu behalten.

Ruediger Scheiffele, Aschaffenburg

Wenn es die Rechten über alle Länder in Europa schaffen, sich zu verständigen, dann wird der Flügel sich eben auch im Untergrund organisieren. Das ganze Prozedere ist doch nur für die Führung der AfD wichtig, damit sie in der Öffentlichkeit verlauten lassen können: "Wir haben keinen rechten Flügel!" Höcke und Kalbitz werden dann eben versuchen, sich massiv an der Ideologie der Partei zu beteiligen. So wie von Markus Balser beschrieben, wird das dann die "Heimat für Rechtsextreme". Die Sägespäne an den Stühlen des jetzigen Führungspersonals werden über kurz oder lang sichtbar werden.

Walter Munz, Unterhaching

Man muss differenzieren. Den Zorn Höckes darüber, dass sich Deutschland mit dem Holocaust-Mahnmal ein "Denkmal der Schande" gesetzt hat, empfand ich schon immer als hochgradig peinlich und abwegig. Dies hebt Deutschland eher positiv heraus, und es stünde allen Ländern, die Gewaltherrschaft hinter sich haben, gut an, diesem Denkmal-Beispiel zu folgen.

Was den richtigen Umgang mit der Migration angeht: Da treten die meisten Parteien die berechtigten Interessen ihrer Landsleute mit Füßen und handeln naiv bis unverantwortlich. Hier erscheint mir die Warnung der AfD völlig berechtigt, dass wir eine "Kernschmelze" unserer Kultur riskieren, wenn wir die Expansion des Islam im demokratischen Europa hinnehmen. Als Wähler steht man so vor einem Dilemma. Kaltstellen und ausschalten sind keine richtigen Reaktionen auf zutreffende Kritikpunkte von einer Partei, mag sie in mancher Hinsicht noch so fragwürdig sein. Der Umgang mit der AfD in der Thüringen-Krise zeigte eine Missachtung demokratischer Regeln seitens der Altparteien. Solche Selbstgerechtigkeit und das Schuldigbleiben zufriedenstellender Antworten auf berechtigte Kritik jener Opposition sind kein geringerer Grund dafür als manch verbale AfD-Fehlgriffe, dass sich das gesellschaftliche Klima verschlechtert.

Hans Christian Ries, Puchheim

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Quelle:
SZ vom 21.04.2020
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