Süddeutsche Zeitung

Studium:Große Auswahl an Jobs

Ein frühzeitig begonnenes Hochschulstudium öffnet die Türen für eine wissenschaftliche Laufbahn. Außerdem hat man mit einem Bachelor und Master mehr berufliche Optionen als mit einer Ausbildung.

Von Lara Voelter

Rund ums Studentenleben ranken sich viele Klischees. Schon vormittags in Parks Sonne tanken, viel feiern, auch mal ein Semester gar nichts tun? Das gab es vor 30 Jahren häufig, aber mit dem Bachelor- und Master-System und der Vergabe von Credit-Points ist das Hochschulsystem strenger geworden. Und die Studentinnen und Studenten der heutigen Zeit sind meist zielstrebiger als damals. Die Entscheidung, ob man nach dem Abi eine Ausbildung macht oder studiert, ist eine sehr individuelle. Warum und für wen kann ein Studium die richtige Wahl sein?

"Die beruflichen Optionen sind nach einem Studium tendenziell vielfältiger als nach einer Berufsausbildung", sagt Christian Tauch. Er ist stellvertretender Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz und Leiter des Bereichs Bildung der Geschäftsstelle. Vor allem das Methodenlernen während des Studiums sowie die Fähigkeit zu wissenschaftlicher Reflexion würden die Basis für eine große Bandbreite an beruflichen Möglichkeiten legen.

"Ich habe mich für ein Studium entschieden, weil eine Ausbildung mich sowohl räumlich als auch bei der Berufswahl oder einem späteren Arbeitgeberwechsel eingeschränkt hätte", sagt Birte Klasmeier. Die 28-Jährige arbeitet als Rechtsreferendarin am Landgericht Bochum. In der Oberstufe sei ihr keineswegs klar gewesen, dass sie nach dem Abitur studieren werde. "Ich wusste nicht, was ich später machen wollte und ob ich als Kind von Eltern ohne akademischen Hintergrund in der Lage sein würde, ein Studium auch finanziell stemmen zu können." Also bewarb sie sich sowohl für eine Ausbildung als Rechtspflegerin als auch für ein duales Studium der sozialen Arbeit. Letztendlich hat sie keine der beiden Optionen gewählt, sondern ein Jurastudium in Freiburg - und ist glücklich mit ihrer Entscheidung.

Während des Studiums gehört es zum Alltag, eine große Menge an Informationen aufzunehmen, zu strukturieren und zu hinterfragen und sich eigenständig und schnell in Neues einzuarbeiten. Laut Amelie Lehmkühler von der Studienberatung der Ludwig-Maximilians-Universität München sei dies auf dem Arbeitsmarkt, der sich sehr schnell verändere, ein großer Pluspunkt. "Es erhöht die Einstellungschancen, wenn Arbeitgeber wissen, dass sich jemand flexibel an verschiedene Situationen anpassen kann."

Wenn es ums Gehalt geht, dann stehen Hochschulabsolventen vergleichsweise gut da

Außerdem ermöglicht es ein Studium, in der Wissenschaft oder in der Forschung arbeiten zu können. "Wenn man weiß, dass einen das wissenschaftliche Arbeiten interessiert, dann ist ein Studium der naheliegendste Weg", sagt Lehmkühler. Sie berät nicht nur Hochschüler, sondern häufig auch Abiturienten. Berufe wie etwa jenen des Arztes, des Anwalts oder des Lehrers kann im Normalfall ebenfalls nur ausüben, wer einen Hochschulabschluss hat. Mit einem abgeschlossenen Studium habe man, so die Studienberaterin, meist auch bessere Verhandlungsgrundlagen, wenn es um Gehalt und Aufstiegsmöglichkeiten gehe. Auch für Abiturienten, die eine Führungsposition anstreben, sei ein Studium interessant. Mit mehr Verantwortung gehe oft auch ein höheres Gehalt einher.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung berechnete 2016, dass Fach- und Hochschulabsolventen im Laufe ihres Berufslebens im Schnitt 860 000 Euro mehr verdienen als Facharbeiter mit Berufsabschluss. Allerdings gilt es, dies differenziert zu betrachten: Ein Studium garantiert nicht automatisch ein höheres Gehalt. Dieses hängt auch stark von Faktoren wie der Branche, dem Arbeitsort, der Berufserfahrung, der Betriebsgröße und dem Geschlecht ab.

Auch die durchschnittlich sehr geringe Arbeitslosenquote unter Akademikern spricht dafür, nach dem Abitur ein Studium zu beginnen. Laut der Bundesagentur für Arbeit waren 2018 im Jahresdurchschnitt nur 2,2 Prozent aller Deutschen mit Fach- oder Hochschulabschluss arbeitslos. Selbst in konjunkturell schlechten Zeiten seien Akademiker-Arbeitslosenquoten in den vergangenen vier Jahrzehnten immer auf äußerst niedrigem Niveau geblieben.

Im Studium kann man ausprobieren, welche Themen einem besonders liegen

Zudem besteht während des Studiums oft die Möglichkeit, je nach individuellen Interessen Schwerpunkte zu setzen. Ein Wechsel des Studiengangs sei häufig problemlos möglich, sagt Amelie Lehmkühler. Bei fachverwandten Studiengängen könne man sich oft auch Leistungen auf das neue Studium anrechnen lassen.

Abgesehen davon kann ein Studium viel Raum bieten, um auszuprobieren, welche Themen einem besonders liegen, und um sich persönlich weiterzuentwickeln: Die Tagesgestaltung ist meist deutlich flexibler als bei einer Ausbildung, sodass etwa Praktika, Nebenjobs, Auslandssemester oder ehrenamtliches Engagement jeweils den Blick über den Tellerrand und das Kennenlernen unterschiedlicher Charaktere ermöglichen. Diese Aspekte schätzt auch Birte Klasmeier sehr. Sie hat im Rahmen ihres Studiums auch jeweils ein Jahr in Grenoble und Kapstadt verbracht. "Durch das Studium konnte ich all meine Wünsche realisieren und mich von meinem Zuhause emanzipieren. Ich bin mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt gekommen und habe gelernt, meine Ansichten zu hinterfragen und anderen Argumenten eine Chance zu geben."

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