Abfallentsorgung in München:Zu wenig Mehrweg, zu viel Wegwerfmentalität

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Einen möglichen Feldversuch mit der gelben Tonne beurteilen Leser überwiegend skeptisch.

München erwägt, es in ausgewählten Bezirken auch mal mit der gelben Tonne zu versuchen. SZ-Leser beurteilen jenes System eher skeptisch. (Foto: Peter Endig/dpa)

"Etwas mehr Gelb bitte" und Kommentar "Raus aus dem Restmüll" vom 1. Juni:

Scheinverwertungsquoten

Unter der Überschrift "Etwas mehr Gelb, bitte" wird in der SZ berichtet, dass die Stadt für die Sammlung von Verpackungsmüll in fünf Quartieren einen Versuch mit Gelben Säcken, Gelben Tonnen und sogenannten Wertstofftonnen durchführen möchte. Grüne, rote und ÖDP-Rathauspolitiker/-innen begrüßen dieses Vorhaben. Auch der Kommentar von Anna Hoben "Raus aus dem Restmüll" spricht sich dafür aus.

Richtig ist, dass, wenn die Verpackungen nicht mehr in der Restmülltonne landen, in München verbrannt und zur Energieerzeugung genutzt werden, die CO2-Bilanz von München entlastet wird. Dem Weltklima ist damit jedoch noch lange nicht gedient. Die Verpackungen müssen aufwendig gesammelt, sortiert und aufbereitet werden, und danach werden doch wieder circa 80 Prozent energetisch verwertet, da sie für das stoffliche Recycling nicht geeignet sind. Allerdings nicht mehr in München, sondern weltweit.

Fakt ist: Seit es die Gelben Tonnen in Deutschland gibt, hat sich die Menge an Kunststoffverpackungen verdoppelt; die Mehrwegquote ist dagegen um 30 Prozent gesunken. Kurz gesagt: Die Gelben Systeme befördern die Wegwerfmentalität.

Vor 30 Jahren hatte die rot-grüne Stadtpolitik bezüglich Abfallvermeidung noch andere Ambitionen. Mit Scheinverwertungsquoten haben wir uns nicht zufrieden gegeben. Jetzt doktert man/frau lieber an Symptomen, statt an die Ursachen ranzugehen. Parallel zu den Mehrwegquoten scheinen auch die grün-roten Umweltambitionen gesunken zu sein. Eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft geht nur mit anderen rechtlichen Rahmenbedingungen und einem geänderten Konsumverhalten. Gelbe Tonnen in der Verantwortung der Privatwirtschaft sind dafür kontraproduktiv!

Helmut Schmidt, München, Werkleiter a.D. des Abfallwirtschaftsbetriebs München

Container beim Supermarkt

Ich empfehle der Kommunalreferentin, vielleicht mal nach den Erfahrungen anderer Städte und Gemeinden zu fragen, bevor wieder "ein Pilotversuch in fünf ausgewählten Bezirken" durchgeführt werden soll. Hier wird mal wieder unnötig viel Steuergeld mit wissenschaftlicher Begleitung ausgegeben. Wie wäre es denn zum Beispiel, wenn einfach mehr Wertstoff-Tonnen auf den Parkplätzen der großen Supermärkte und Discounter aufgestellt würden? Die dann kurzen Wege würden insbesondere auch ältere Menschen sicher dazu bewegen, den "Rezyklat-Output" deutlich zu erhöhen.

Heiko J. Fabian, München

Bittere Konsequenz

Seit ich weiß, dass der gesammelte Plastik-Abfall nur zu einem geringen Teil recycelt wird, werfe ich meinen Plastikmüll vollständig in die Restmülltonne. Ich werde das solange tun, bis seitens der Politik oder Verwaltung eine verlässliche Aussage gemacht wird, dass das gesammelte Plastik zu 100 Prozent wiederverwertet wird. So vermeide ich wenigstens, dass das Material eventuell im Meer landet.

Werner Wiesner, München

© SZ vom 21.06.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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