ZVS und Studienplatzvergabe:Einmal Chaos und zurück

Die Hochschulen haben die Vergabe der Studienplätze nicht im Griff. Nun sollen sie eine kompetente Servicestelle bekommen. Doch die Studenten müssen sich noch gedulden.

B. Taffertshofer

Um die Reform der Studienplatzvergabe zu beschleunigen, soll die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) bald Unterstützung erhalten. Das geht aus einer Beschlussvorlage für die Kultusministerkonferenz (KMK) hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. An diesem Donnerstag soll sie von den Amtschefs beschlossen werden. Das Berliner Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik soll die Einführung der bundesweiten Online-Datenbank koordinieren, an der die ZVS bisher gescheitert ist.

ZVS und Studienplatzvergabe: Kampf um die besten Plätze: Derzeit gibt es große Probleme bei der Zulassung zu Fächern, die einen Numerus clausus haben.

Kampf um die besten Plätze: Derzeit gibt es große Probleme bei der Zulassung zu Fächern, die einen Numerus clausus haben.

(Foto: Foto: dpa)

Angestrebt ist, dass das neue Serviceverfahren bis zum Wintersemester 2010/2011 einsetzbar ist. Manche Experten an den Hochschulen halten dies allerdings für ein "sehr ehrgeiziges Ziel". Sie befürchten, dass die chaotischen Zustände für Studienbewerber noch zwei bis drei Jahre andauern könnten.

Derzeit gibt es, wie die Hochschulen selbst einräumen, zum Teil große Probleme bei der Zulassung zu Fächern, die einen Numerus clausus haben. Mehr als die Hälfte aller Studiengänge unterliegen inzwischen Zulassungsbeschränkungen, wobei für viele Studiengänge nicht nur die Abiturnote zählt, sondern etwa auch Berufserfahrung oder die Noten in bestimmten Fächern. Wegen Mehrfachbewerbungen und aufwendiger Nachrückverfahren erhalten viele Bewerber erst spät Zusagen.

ZVS als Servicestelle

Oft bleiben deshalb Studienplätze frei, obwohl der Ansturm der Interessenten groß ist - und weiter stark wächst: Nach neuen Berechnungen des Berliner Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (Fibs) werden in den kommenden Jahren deutlich mehr Plätze für Studienanfänger benötigt als bislang erwartet. Bislang gingen Prognosen für die Jahre 2011 bis 2015 von 265.000 notwendigen zusätzlichen Plätzen aus, nach der aktuellen Studie des Fibs könnte der Bedarf aber bei etwa 370.000 liegen.

Die Länder und die Hochschulrektorenkonferenz verständigten sich bereits im Juli vergangenen Jahres, die ZVS in eine Servicestelle umzuwandeln, die die verschiedenen Zulassungsverfahren der Hochschulen bundesweit koordinieren soll. Über eine neue Online-Datenbank soll es Bewerbern und Hochschulen künftig möglich sein, direkt miteinander in Kontakt zu treten.

So könnte sich jeder Studierwillige jederzeit über den Stand seiner Bewerbungen an allen Hochschulen informieren, während die Hochschulen sofort erfahren, wenn ein Bewerber einen Studienplatz annimmt. Nachrückverfahren würden auf diese Weise überflüssig. Gleichzeitig können die Hochschulen weiterhin eigene Aufnahmekriterien entwickeln, ohne sich an zentrale Standards halten zu müssen.

Auf der nächsten Seite: Warum die Hochschulrektorenkonferenz die ZVS schlicht für überfordert hält.

Einmal Chaos und zurück

Extrawünsche der Hochschulen

Die Idee klingt gut, ist aber nicht einfach in die Praxis umzusetzen. Zumindest ist der ZVS bisher die technische Realisierung bisher nicht gelungen. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hält sie für schlicht überfordert und wollte bereits auf andere Anbieter ausweichen.

Die Kultusminister möchten aber an der Zusammenarbeit mit der ZVS festhalten. Diese soll nun aber Stefan Jähnichen, den Leiter des Berliner Frauhofer-Instituts, damit beauftragen, das "dialogorientierte Verfahren" zu installieren. Ursache für die Probleme waren nach Ansicht der zuständigen Arbeitsgruppe offenbar auch Extrawünsche der Hochschulen. Jedenfalls empfiehlt sie in der aktuellen Beschlussvorlage, künftig solle die Funktionsfähigkeit, Effizienz und Sicherheit des neuen Systems "vorrangig gegenüber ausdifferenzierten Anforderungswünschen der Hochschulen" sein.

Krisentreffen am nächsten Montag

Bisher ist noch offen, wie viele Hochschulen bei dem neuen Serviceverfahren überhaupt mitmachen werden. In der Beschlussvorlage heißt es lediglich, "die KMK wird darauf hinwirken, dass sich möglichst alle Universitäten und Fachhochschulen" beteiligen. Die SPD-Politikerin Ulla Burchardt, Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bundestag, würde die Hochschulen dazu gern verpflichten.

Andere wollen es zunächst auf freiwilliger Basis versuchen - und locken mit Geld. Die Hochschulen sollen das neue Serviceangebot möglichst kostenlos nutzen können. "Die KMK setzt sich für die Bereitstellung entsprechender Haushaltsmittel ein", heißt es in dem Beschlussvorschlag. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), die am nächsten Montag ein Krisentreffen zur ZVS angesetzt hat, will für die Anschubfinanzierung zudem insgesamt 15 Millionen Euro bereitstellen.

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