Zielvereinbarung:Immer wieder feinjustieren

Bei variablen Vergütungselementen müssen Mitarbeiter ihre Ziele regelmäßig gemeinsam mit dem Chef erneuern - sonst drohen unangenehme Überraschungen.

Katharina Vitinius

Neben dem Fixgehalt erhalten immer mehr Arbeitnehmer einen finanziellen Bonus, wenn sie ein bestimmtes Umsatz- oder Leistungsziel erreichen. So steht es in ihrem Arbeitsvertrag. Präzisiert werden Höhe und Auszahlungszeitpunkt dieses Bonus' in einer schriftlichen Zielvereinbarung, über die sich Beschäftigte und Arbeitgeber jedes Jahr neu verständigen müssen.

Strategie Zielvereinbarung, iStock

Die richtige Strategie bei der Zielvereinbarung: Jedes Jahr die Absprache erneuern.

(Foto: Foto: iStock)

Versäumt der Arbeitgeber dies schuldhaft, muss er trotzdem zahlen - also auch dann, wenn keine Folgeabsprache getroffen worden ist. Allerdings trägt auch der Arbeitnehmer einen Teil der Verantwortung: Er muss auf die Erneuerung der Vereinbarung dringen. Sonst kann ihm eine Mitschuld angelastet werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt klargestellt. (Az.: 10 AZR 97/07)

Im konkreten Fall ging es um einen Vertriebs- und Marketingleiter, der im Dezember 2005 zum 31. März 2006 gekündigt hatte. Trotz Zusage einer jährlichen Bonuszahlung von 50.000 Euro weigerte sich der Arbeitgeber, für die Monate Januar bis März einen anteiligen Betrag in Höhe von 12.500 Euro zu überweisen. Der Vertriebsleiter hatte daraufhin auf Zahlung geklagt. Das Bundesarbeitsgericht gab ihm in letzter Instanz Recht. Die Begründung: Es würde Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen, wenn sich der Arbeitgeber vorbehielte, einzelne Gehaltsbestandteile trotz grundsätzlicher arbeitsvertraglicher Regelung nur freiwillig zu gewähren.

Mehr Transparenz und Gerechtigkeit

Nach Ansicht von Thomas Dick, Spezialist für Arbeitsrecht bei der Darmstädter Kanzlei BDH, ist diese Präzisierung von Vorteil, und zwar sowohl für den Mitarbeiter als auch für die Firma. "Der Arbeitnehmer hat es jetzt schwarz auf weiß, dass er ein Recht auf anteilige Auszahlung der variablen Gehaltsbestandteile hat, selbst wenn die Zielvereinbarung aus dem vergangenen Jahr abgelaufen ist", sagt Dick, "er muss den Arbeitgeber allerdings darauf aufmerksam machen - am besten schriftlich."

Wenn der Arbeitgeber die neue Zielvereinbarung der Höhe oder dem Inhalt nach verändern möchte, dann müsse er das rechtzeitig vor Ablauf der alten Regelung tun. "Im Streitfall werden die Gerichte sonst den Einkommensschaden schätzen und dabei an die bisherigen Bonusregelungen anknüpfen. Dabei wird aber auch die Leistung des Arbeitnehmers berücksichtigt." Da die Frage, ob und in welchem Maße der Arbeitnehmer die vereinbarten Ziele tatsächlich erreicht hat, von den Gerichten oft kaum zu klären ist, kann der Ausgang eines solchen Verfahrens nur schwer prognostiziert werden.

Wenn der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich zugesicherten Bonuszahlungen aber künftig ganz streichen will, muss er eine Änderungskündigung aussprechen. Die grundsätzliche Befristung einer variablen Einkommensgestaltung ist ohnehin nach der geltenden Rechtsprechung oft unwirksam.

"Beiden Seiten ist zu raten, die individuellen Einkommensziele für die kommende Zeitperiode vor Ablauf der vorangegangenen Vereinbarung zu diskutieren und neu festzulegen", sagt Dick. "Denn nur dann weiß der Arbeitnehmer genau, was von ihm erwartet wird und kann seine Arbeitsintensität darauf ausrichten." Und der Arbeitgeber, der seinen Mitarbeiter eine Zeitlang beobachten konnte, könne nach oben oder nach unten feinjustieren. "Das bringt mehr Transparenz und Gerechtigkeit in das Thema Vergütung und schützt im Streitfall beide Parteien vor unangenehmen Überraschungen."

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