Süddeutsche Zeitung

Zeugnis:Ehrlich, aber gut verpackt

Das Zeugnis ist nicht alles: Wie sich schlechte Noten im Vorstellungsgespräch kompensieren lassen.

Verena Wolff

Schlechte Zeugnisse helfen nicht gerade bei der Bewerbung - aber sie sind auch kein Beinbruch. "Es gibt kaum Menschen, die nur Top-Noten haben", sagt Anja Elligsen, Personalerin beim Sportartikelhersteller Puma in Herzogenaurach. Offenheit sei in einem solchen Fall wichtig, Vertuschungsversuche ließen nur Misstrauen aufkommen. "Ein Bewerber muss aber eine stichhaltige Begründung für schlechte Leistungen liefern können und ein gewisses Selbstbewusstsein an den Tag legen", sagt Personalberaterin Helga Krausser-Raether aus Frankfurt.

Nicht das Zeugnis mache eine Person zu einem geeigneten Mitarbeiter, betont Elligsen. "Der Bewerber muss Ahnung von dem haben, was er macht, und er muss ins Team passen." Das Gesamtbild sei wesentlich wichtiger als einzelne Diplom-Noten, sagt auch Krausser-Raether: "Das Zeugnis ist nur ein Baustein im Gesamtbild." Praktika, Jobs, Auslandsaufenthalte, ehrenamtliches Engagement während Schul- und Studienzeit - all das trage zur Beurteilung bei.

Wird ein Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen, ist es seine Aufgabe, die Personaler von sich zu überzeugen. "Wenn die Chemie stimmt und er ins Gesamtbild passt, dann kann auch eine gute Persönlichkeit überzeugen", sagt Elligsen. Zudem seien in der Regel nicht alle Noten schlecht. Ist die Abschlussarbeit gut und hat sie einen Bezug zum Unternehmen, ist das ein Pluspunkt in der Bewerbung.

Zu den Schwächen stehen

Um solche Vorteile wirksam hervorzuheben, empfiehlt es sich, den Lebenslauf mit professioneller Hilfe zu gestalten. Außerdem werde sich ja niemand um eine Stelle bewerben, die sich ausschließlich mit den schlechtesten oder verhassten Studieninhalten befasst, sagt Beraterin Krausser-Raether. In einem Gespräch könne man eine schlechte Note in einem Teilbereich immer begründen und betonen, dass dort zwar nicht der Schwerpunkt liege, man das Handwerkszeug aber sehr wohl beherrsche.

Elligsen rät Bewerbern, zu ihren Schwächen zu stehen. "Aber man sollte nicht gleich von sich aus in eine Verteidigungstaktik gehen und sich für seine Leistungen entschuldigen." Abwarten, bis ein Personaler die Noten ins Gespräch bringt - dies sei der bessere Weg.

"Und dann sagen, wie es war." Ehrlich, aber in nette Worte verpackt sollte die Erklärung ausfallen - auf keinen Fall aber in übler Nachrede enden. Schlecht über frühere Arbeitgeber zu reden, könne auch dem potentiellen neuen Chef missfallen. Bei einem solchen Bewerber ist nicht auszuschließen, dass er nach dem Ausscheiden aus der neuen Firma ebenfalls Negatives verbreitet.

Schlechte Abschluss-Noten verfolgen niemanden lebenslang. Weit zurückliegende Zeugnisse werden mit der Zeit immer unwichtiger. Zwar gehören sie in die Bewerbungsmappe, um Abschlüsse und Werdegang lückenlos zu dokumentieren. "Aber bei viel Berufserfahrung rücken die aktuellen Arbeitszeugnisse in den Vordergrund", sagt Elligsen.

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Quelle:
Uni&Job/SZ vom 20.10.2007
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