Im Job: Zeichen verstehen:Das Einmaleins der Körpersprache

Wen es juckt, der kratzt sich - und sendet damit ungewollte Botschaften. Ein Interview über Signale, die mehr als 1000 Worte sagen.

Von Eike Schrimm

Es steckt doch bestimmt nichts dahinter, wenn sich jemand am Nacken kratzt. Oder doch? Tiziana Bruno ist Schauspielerin und Trainerin, ihr Mann Gregor Adamczyk Regisseur und Drehbuchautor, zusammen haben sie den TaschenGuide "Körpersprache" geschrieben. Sie erklären, wie man körpersprachliche Signale wahrnehmen, deuten und gezielt in beruflichen Situationen einsetzen kann.

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Wer sich kratzt, löst beim Gegenüber mitunter ungewollte Assoziationen aus.

(Foto: dpa)

sueddeutsche.de: Mal ganz ehrlich: Wird der Körpersprache nicht viel zu viel Bedeutung beigemessen?

Gregor Adamczyk: Sehen Sie, da haben Sie schon einen großen Fehler gemacht: Man darf den ersten Eindruck nie unterschätzen. Der gesamte Körper sagt mehr aus als viele Worte. Die Körpersprache verrät Gedanken, Gefühle und Stimmungen. Deshalb sollte jeder seine Wahrnehmung schulen, damit er die wortlosen Botschaften wahrnimmt, deutet und sie selbst gezielt einsetzt.

sueddeutsche.de: Aber wenn man Körpersprache einstudieren kann, dann verliert sie doch ihre wahre Aussagekraft und ist nur noch reine Manipulation.

Gregor Adamczyk: Überhaupt nicht. Ganz wichtig ist doch, dass das innere Motiv und der äußere Ausdruck zusammenpassen. Geht diese Gleichung nicht auf, wirkt die Körpersprache aufgesetzt, unehrlich, leer. Einstudierte Geste beeindrucken niemanden und - viel schlimmer noch - keiner ist überzeugt. Nur ein authentischer Auftritt kann das leisten. Jeder muss sich also als erstes klar machen: Was will ich mit meinem Auftritt erreichen? Werben, begeistern, informieren? Nur wenn man sich dessen bewusst ist, passen innere Einstellung und körperlicher Ausdruck gut zusammen.

sueddeutsche.de: Gibt es bestimmte Gesten, die man unbedingt vermeiden sollte?

Gregor Adamczyk: Für die Körpersprache gelten keine strengen Gesetze. Verschränkte Arme zum Beispiel weisen nicht automatisch auf eine ablehnende oder kritische Haltung hin. Die Geste kann auch bedeuten, dass man es sich gerade bequem gemacht hat, um zuzuhören. Gesellen sich aber geballte Fäuste oder eine gerunzelte Stirn dazu, drückt das Gesamtbild Skepsis, Wut oder Misstrauen aus.

Oder ein wippender Gang: Der kommt bei dem Einen leicht und energisch an, der andere setzt diese Gangart mit wenig Bodenhaftung gleich.

Sie dürfen deshalb Gesten niemals isoliert betrachten, denn die Situation bestimmt maßgeblich die Bedeutung.

Sind Gefühle erlaubt?

sueddeutsche.de: Wie macht man beim Bewerbungsgespräch den besten Eindruck?

sueddeutsche.de:Wie macht man beim Bewerbungsgespräch den besten Eindruck?

Gregor Adamczyk: Oberstes Gebot bei dieser Art Kennenlernen: Der Bewerber ist "nur" Gast, der Personalentscheider ist der Gastgeber. Er bestimmt also die Situation. Er streckt als erster die Hand aus, er bietet den Platz an. Ein strahlender Auftritt des Bewerbers - weit aufgerissene Augen, große, ausladende Gesten - passen da nicht.

Aber auch eine eingefallene Haltung wäre unangebracht. Er sollte wach und aufmerksam am Gespräch teilnehmen, nicht auf der Stuhlkante sitzen - das vermittelte Unruhe und Schüchternheit. Er kann die Beine übereinander schlagen, die Hände locker übereinander auf die Oberschenkel oder Armlehne legen. Die Finger sollten weder Lehne noch Kniee verkrampft umklammern. Auch die Füße sollten nicht die Stuhlbeine umschlingen.

Natürlich sollte der Bewerber jede Verlegenheitsgeste vermeiden, also nicht an den Fingernägeln reiben oder unsichtbare Fusel von der Kleidung zupfen. Genauso schlecht ist es, wenn der Bewerber skeptische oder arrogante Signale sendet. Er sollte deshalb nicht unbedingt bequem in den Stuhl lehnen, den Kopf in den Nacken legen und gleichzeitig die Hände hinter dem Kopf verschränken.

Auch der Blickkontakt ist ganz wichtig: Man sollte den Gesprächsparter nicht anstarren oder fixieren, vielmehr sollte man mit einem wachen, lebendigem Blick signalisieren: Ich höre aufmerksam zu.

sueddeutsche.de: Worauf sollten Kollegen achten?

Gregor Adamczyk: Auch wenn es noch so langweilig ist in der Besprechung, sollte man die Körpersignale vermeiden, die als Desinteresse interpretiert werden könnten, zum Beispiel wenn Sie mit dem Oberkörper seitlich zum Tisch sitzen. Das ist ein eindeutiges Zeichen, dass sich derjenige aus dem Gespräch zurückzieht. Das gilt natürlich nicht, wenn sich alle Teilnehmer in dieser Phase entspannen und zurücklehnen.

Typisch ist auch die Revierverletzung. Egal ob Chef oder Kollege, es ist sehr aufdringlich, wenn man jemanden auf die Pelle rückt. Ein Beispiel: Der Kollege betritt das Zimmer, schiebt Unterlagen zur Seite und setzt sich auf den Schreibtisch. Oder der Chef, der sich von hinten über seine Teamassistentin lehnt und Anweisungen gibt. Hier werden die Intimzonen nicht respektiert.

sueddeutsche.de: Welche Körpersprache passt zu Frauen im Berufsalltag?

Gregor Adamczyk: Frauen in Führungspostionen nehmen manchmal den Tiefstatus ein: Eingefallene Schulter, schüchterner Blick, leise Stimme. In dieser Haltung ist es schwierig, seine Argumente durchzusetzen. Die andere Gefahr ist, wenn Frauen die dominant-kraftvollen Gesten ihrer männlichen Kollegen nachahmen. Das wirkt aufgesetzt. Die weibliche Körpersprache zeichnet sich durch Emotionen aus und das ist gleichzeitig auch ihre Stärke.

sueddeutsche.de: Aber macht man sich nicht angreifbar, wenn man Gefühle zeigt?

Gregor Adamczyk: Natürlich liegt darin eine Gefahr. Aber wenn man sich das bewusst ist, kann man Gefühle doch ganz gezielt und charmant einsetzen. Da können Männer noch einiges lernen.

sueddeutsche.de: Was sollte man tun, wenn der Gesprächspartner eindeutige Signale schickt: Er zieht die Augenbrauen zusammen, holt tief Luft, verschränkt die Arme über der Brust?

Gregor Adamczyk: Dass man solche Körpersignale überhaupt wahrnimmt und interpretieren kann, ist schon sehr gut. Viele übersehen diese Signale. Wenn Sie also erkannt haben, dass Ihr Gesprächspartner gereizt oder skeptisch ist, gibt es folgende Möglichkeiten. Entweder man versucht ihn mit Argumenten zu überzeugen und unterstützt es mit einer wachen, aufrechten Körperhaltung. Oder man spricht ihn direkt an, was ihn jetzt stört.

sueddeutsche.de: Eine letzte Frage: Wohin bloß mit den Händen?

Gregor Adamczyk: Hände verraten oft die innere Gemütsverfassung: Wühlen die Finger in den Haaren herum, kratzen sie den Nacken oder halten sie krampfhaft die Tasche fest, signalisieren sie Verlegenheit und Nervosität. Viel besser ist es, wenn sie entspannt übereinander auf den Beinen liegen. So strahlen sie Ruhe aus. Allerdings sollte man auch dabei nicht vergessen, dass eine lebendige Gestik das Gesagte unterstützt und bereichert.

Zum Buch: Tiziana Bruno und Gregor Adamczyk: TaschenGuide "Körpersprache", Haufe Verlag, 128 Seiten, 70 Schwarz-weiß-Fotos als Beispiele, 6,60 Euro.

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