Süddeutsche Zeitung

Wurstklau:Kirche widerruft Kündigung

Die Kirche knickt ein: Ein evangelisches Seniorenheim hat die Kündigung einer behinderten Pflegehelferin wegen des Diebstahls einer Teewurst zurückgenommen.

Dank der plötzlich erwachten Nächstenliebe ihres Arbeitgebers wird der Diebstahl einer Teewurst eine 41-Jährige aus Hannover doch nicht ihren Job kosten. Die evangelische Kirche hat die Kündigung der schwerbehinderten Pflegehelferin zurückgenommen.

Die bereits seit 18 Jahren in der Senioreneinrichtung beschäftigte körperbehinderte Frau solle einen anderen Arbeitsplatz erhalten, sagte der Geschäftsführer des Evangelischen Johannesstifts, Wilfried Wesemann. Auch wenn der Diebstahl nicht rechtens und die Kündigung juristisch in Ordnung gewesen seien, sei für einen kirchlichen Arbeitgeber die Nächstenliebe wichtiger.

Das Arbeitsverhältnis sei bereits vor dem Wurstklau belastet gewesen, so Wesemann. Die 41-Jährige hatte mit der Teewurst, die für Patienten des Heimes bestimmt war, ein Brot geschmiert. Sie erhielt am 23. Oktober die fristlose Kündigung und erhob Kündigungsschutzklage.

Das Heim war ursprünglich von der Caritas der katholischen Kirche betrieben und dann im Sommer von dem evangelischen Träger übernommen worden. Bis zum Start an einer neuen Arbeitsstelle wird die Helferin nun möglicherweise vorläufig von der Arbeit freigestellt.

Kündigungen im Streit um geringe Werte haben in den vergangenen Monaten mehrfach für Aufsehen gesorgt. Am bekanntesten ist der Fall einer Berliner Kassiererin, die wegen des angeblichen Diebstahls eines Pfandbons im Wert von 1,30 Euro fristlos entlassen wurde. Hier wird das Bundesarbeitsgericht endgültig entscheiden. Am Bodensee wurde eine Altenpflegerin entlassen, weil sie Maultaschen von der Mittagsverpflegung der Heimbewohner abgezweigt hatte.

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dpa/kat/bica
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