Wissenschaftliche Arbeiten:50.000 Euro Strafe für Copy & Paste

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Diplom weg, Geld her: Viele Hochschulen haben harte Strafen fürs Abkupfern eingeführt.

Anna Mielke

Das Semesterende rückt näher, Prüfungen stehen an, und Hausarbeiten müssen auch noch geschrieben werden. In so einer Situation ist es verführerisch, mit Hilfe von Google, Wikipedia und "Hausarbeiten.de" den eigenen Text etwas aufzuhübschen. Einen Abschnitt aus einer Internetquelle zu kopieren, schindet Zeilen und macht wenig Mühe. Inzwischen wissen aber viele Dozenten, wie sie Plagiate aufdecken können.

Zu gut kommt schlecht: Wer mit kopierten Textstellen brilliert, macht sich schnell verdächtig. (Foto: Foto: iStockphoto)

Wer beim Abkupfern erwischt wird, muss mit ernsthaften Konsequenzen rechnen. An der Uni Bochum wurde einer Studentin der Sozialwissenschaften wegen eines Plagiats nachträglich das Diplom aberkannt, und der Rektor verhängte eine Geldbuße von 10.000 Euro. Die Studentin hat dagegen Berufung eingelegt.

Eine Geschichtsstudentin hatte ihre Bachelor-Arbeit aus zwei heruntergeladenen Texten zusammenkopiert. Der Dozent kam ihr auf die Schliche, sie wurde exmatrikuliert - ohne Abschluss.

Kontrollen und Strafen

In Nordrhein-Westfalen können Plagiate mit bis zu 50.000 Euro bestraft werden. Wie Universitäten mit Plagiaten umgehen sollen, regeln die Hochschulgesetze der Länder, bundesweite Vorgaben gibt es nicht.

Auf den Gedanken, dass der Autor abgeschrieben haben könnte, kommen Dozenten, wenn sich im Text plötzlich der Stil ändert. Verdächtig wirkt es auch, wenn die Arbeit eines Studienanfängers auffallend brillant geschrieben ist. "Einen richtig guten Stil erreicht man eigentlich erst nach Jahren", sagt Niels Taubert, Soziologe an der Uni Bielefeld. Als er vor einigen Jahren anfing, Arbeiten zu korrigieren, versuchte er, Plagiate über Suchmaschinen aufzudecken. Hatte er einen Verdacht, googlete er Wortkombinationen, die nicht so häufig vorkommen. In einer Arbeit über Computerspiele waren das zum Beispiel die Worte "Spaßfaktor Counterstrike".

Eine bequeme Lösung für Studenten unter Zeitdruck ist offenbar die Seite "Hausarbeiten.de", von der ganze Arbeiten heruntergeladen werden können, teilweise kostenlos. Doch die Gefahr, erwischt zu werden, ist groß. "Ich würde jedem davon abraten, von unserer Seite abzuschreiben", sagt Patrick Hammer, Geschäftsführer des Grin Verlags, der die Seite betreibt. Der Verlag hat eine Kooperation mit Google, so dass die Suchmaschine den gesamten Text durchsucht - entgegen häufiger Annahme auch bei kostenpflichtigen Texten. Drei- bis fünfmal in der Woche melden sich Dozenten bei "Hausarbeiten.de" und wollen Arbeiten einsehen, weil sie den Verdacht haben, dass einer ihrer Seminarteilnehmer sich an fremden Quellen bedient hat, ohne das kenntlich zu machen.

"In der Wissenschaft gibt es nichts Ehrenrührigeres, als wenn jemand klaut", meint Manfred Schwaiger, Wirtschaftsprofessor in München. Wenn ihm beim Korrigieren auffällt, dass sich der Schreibstil oder Argumentationslinien ändern, wird er aufmerksam und forscht nach. Die Art der Bestrafung hängt von der Dreistigkeit des Studenten ab. Schreibt jemand eine ganze Seite wörtlich ab, lässt Schwaiger ihn durchfallen.

Zwar ist die Plagiatorenjagd mit Suchmaschinen nicht schwierig, aber sehr aufwendig. "Wenn man eine Stelle gefunden hat, muss man weitergucken. Das frisst richtig viel Zeit", sagt Soziologe Taubert. Deshalb hat die Uni Bielefeld 2003 als erste Uni in Deutschland die Plagiatsoftware "Turnitin" eingeführt. Mittlerweile gibt es mehrere vergleichbare Programme wie "Plagiarism-Finder" oder "Docoloc". Solche Programme durchsuchen den Text und gleichen ihn mit Internetseiten, gespeicherten Hausarbeiten und akademischen Datenbanken ab.

Hierfür muss die Hausarbeit in digitaler Form vorliegen, zum Beispiel auf einer CD-Rom. Kopierte Stellen markiert das Programm farbig. Verschiedene Quellen zeigt es in unterschiedlichen Farben an. Je bunter der Prüfbericht am Ende ist, desto fleißiger hat der Student kopiert. "Da könnte man sagen, der hat sich wenigstens noch Mühe gemacht", sagt Taubert. Es zeige aber auch, dass dem Studenten seine Tat bewusst war und er versucht hat, seine Spuren zu verwischen.

Im Gespräch mit den Plagiatoren sorgt ein Prüfbericht, in dem jede geklaute Passage angezeigt wird, für Anschaulichkeit. Dann fällt es einem erwischten Studenten schwer, glaubhaft mit Inspiration oder zufälligen Übereinstimmungen zu argumentieren. Am Anfang des Semesters kündigt Taubert an, dass und wie er die Arbeiten überprüft. Inzwischen gehe die Zahl der Plagiate gegen Null.

Kontrollen und Strafen sind nicht die einzigen Mittel gegen Plagiate. Der Münchner Manfred Schwaiger sieht an seinem Lehrstuhl kaum Probleme. Das liege daran, dass es bei den Arbeiten am Institut für Marktorientierte Unternehmensführung meist um empirische Forschung und aktuelle Themen geht. Dann wird es schwer, eine Hausarbeit zum Abschreiben zu finden. In eine ähnliche Richtung geht der Ratschlag von Patrick Hammer von "Hausarbeiten.de". Dozenten könnten Plagiaten am besten vorbeugen, indem sie nicht immer die gleichen Themen vergeben.

© SZ vom 9.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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