Süddeutsche Zeitung

Wirtschaftskrise:Letzter Ausweg: Umzug

Die Angst vor Arbeitslosigkeit geht um. Jeder fünfte Deutsche fürchtet wegen der Wirtschaftskrise um seinen Job. Um Hartz IV zu entgehen, würde fast jeder Zweite einen Umzug in Kauf nehmen.

Die meisten EU-Bürger glauben, dass der Höhepunkt der Wirtschaftskrise noch nicht erreicht ist. Das geht aus einer Studie der EU-Kommission hervor, die am Freitag in Brüssel veröffentlicht wurde.

Sechs von zehn Europäern gehen demnach davon aus, das Schlimmste stehe noch bevor. Jeder Dritte hat Angst um seinen Arbeitsplatz. "Die Europäer sind verständlicherweise beunruhigt, wenn es um Auswirkungen der Krise auf ihre Arbeitsplätze und Familie geht", sagte der EU-Kommissar für Beschäftigung und Soziales, Vladimir Spidla.

Angst um Kinder und Partner

Am größten ist die Angst um den eigenen Job in Spanien (65 Prozent) und Litauen (63 Prozent). Am optimistischsten sind die Schweden und die Dänen (jeweils 7 Prozent). In Deutschland bangt etwa jeder Fünfte um seinen Arbeitsplatz. Immerhin mehr als die Hälfte der Deutschen (61 Prozent) ist demnach zuversichtlich, ihren Job auch in der Krise zu behalten, 16 Prozent stehen der Frage "neutral" gegenüber.

In allen EU-Ländern haben die Menschen allerdings weniger Angst um ihren eigenen Job als um den ihres Partners oder ihrer Kinder. 36 Prozent der Deutschen befürchten, ihre Kinder könnten arbeitslos werden, 27 Prozent haben Angst, das könne ihrem Partner passieren.

Insgesamt sind die Europäer in der Wirtschaftskrise weniger zuversichtlich, einen neuen Job zu finden, falls sie ihren Arbeitsplatz verlieren sollten. Jeder dritte Europäer (33 Prozent) glaubt nicht daran, innerhalb eines halben Jahres eine neue Stelle zu bekommen. Im Herbst 2008 waren es nur 28 Prozent.

Nach Angaben der EU-Kommission zwingt die aktuelle Situation die Europäer zu mehr Mobilität: 44 Prozent der Deutschen sind laut Studie bereit, sich in einer anderen Stadt auf einen Job zu bewerben.

Damit gehören die Bundesbürger zu den mobilsten Europäern. Neben den Deutschen sind auch die Franzosen (43 Prozent), die Niederländer (42 Prozent) und die Österreicher (39 Prozent) relativ offen für einen Wohnortwechsel. Nicht umzugsfreudig sind dagegen unter anderem die Rumänen (16 Prozent), die Polen (17 Prozent) und die Italiener (21 Prozent).

Ein anderer Job am selben Ort

Generell wäre es den meisten Europäern am liebsten, sie würden im Fall einer Entlassung eine vergleichbare Arbeit in ihrer Heimatstadt finden. An zweiter Stelle rangiert "derselbe Job an einem anderen Ort", danach folgt "ein anderer Job am selben Ort".

Im Falle des Arbeitsplatzverlustes ist die Selbstständigkeit nur für wenige Deutsche eine echte Alternative: Nur zehn Prozent der Bundesbürger würden diesen Weg gehen.

Für die Studie waren zwischen Mai und Juni 2009 in jedem EU-Staat etwa 1000 Personen interviewt worden.

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dpa/bön
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