Süddeutsche Zeitung

Wiedereinstieg ins Berufsleben:Engagiert zurück in den Job

Wer nach einer längeren beruflichen Pause einen neuen Job sucht, muss diese Auszeit im Bewerbungsgespräch häufig erklären. Ehrenamtliches Engagement gilt als eine Möglichkeit, den lückenhaften Lebenslauf aufzubessern.

Von Christina Waechter

Eine makellose und vor allem ununterbrochene Erwerbsbiografie gilt in vielen Unternehmen als Grundbedingung für Bewerber. Wer aus nicht unmittelbar nachvollziehbaren Gründen mehrere Jahre aus dem Erwerbsleben raus war, dem unterstellen sie mitunter, sich nicht richtig in die Arbeitswelt einfügen zu können.

Doch was soll man machen, wenn die Lücke nun mal da ist? Wenn man sich entschieden hat, mehrere Jahre für die Kinder auszusetzen? Oder über längere Zeit keinen neuen Job gefunden hat? Eine häufige Empfehlung in diesem Fall lautet, sich ehrenamtlich zu engagieren und so die Lücke im Lebenslauf zu schließen. Tatsächlich bietet ein Ehrenamt gleich merere Möglichkeiten, den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erleichtern.

"Man übernimmt Verantwortung"

Margit Waterloo-Köhler leitet den Zusammenschluss der Münchner Freiwilligen-Zentren der Caritas. Dort können sich Menschen, die sich freiwillig engagieren wollen, beraten lassen und die Aufgabe finden, die am besten zu ihnen passt. Sie nennt gleich mehrere Gründe, warum das Ehrenamt beim Wiedereinstieg nützlich sein kann: "Ein freiwilliges Engagement kann dabei helfen, nach längeren Phasen der Erwerbslosigkeit wieder zu einem strukturierten Tagesablauf zu finden. Man übernimmt Verantwortung, setzt sich für eine wichtige Sache ein und stärkt gleichzeitig das eigene Selbstbewusstsein."

Manchmal kommt es auch vor, dass Ehrenamtliche nach einer Weile übernommen werden und in dem Bereich hauptberuflich weiterarbeiten können, in dem sie sich zuvor unentgeltich engagiert hatten.

Vor allem aber hilft das Ehrenamt dabei, eine Struktur zu entwickeln, wenn man aus selbiger rausgefallen ist: "Verbindlichkeiten, regelmäßige Termine einhalten, all das kann man im Ehrenamt einüben. Fast wichtiger ist aber, etwas Sinnvolles leisten zu können und etwas zu tun, was Freude macht - das stärkt das Selbstwertgefühl und hilft, wieder Fuß zu fassen im Arbeitsleben. In Zeiten der Arbeitslosigkeit kommt das oft zu kurz. Besonders, wenn jemand eher isoliert lebt und nicht in soziale und familiäre Netzwerke eingebunden ist, wirk es sehr unterstützend und motivierend, durch sinnstiftende Tätigkeiten wieder in die Gesellschaft eingebunden zu sein", sagt Waterloo-Köhler.

Doch nicht immer wird von Personalverantwortlichen ein ehrenamtliches Engagement nur positiv bewertet. Tina Mayer, Business-Coach mit langjähriger Erfahrung im Personalmanagement großer Konzerne, erklärt die potenzielle Ehrenamt-Falle: "Es hängt davon ab, was der Lebenslauf insgesamt aussagt: Wenn jemand wahnsinnig große Pausen in seinem Lebenslauf hat und währenddessen ein Ehrenamt nach dem anderen übernommen hat, dann könnte man eher den Eindruck gewinnen, der weiß nicht, was er will und dümpelt nur so vor sich hin."

Man sollte darauf achten, dass das Ehrenamt auch das aussagt, was man damit kommunizieren will: "Wenn ich keine Linie in dem Lebenslauf eines Bewerbers sehe, dann überlege ich erst mal lange, ob ich den überhaupt einlade. Wenn ich es dann doch tue, dann will ich auch eine Erklärung für die Kurven und Lücken bekommen, die mich befriedigt."

Die ursprüngliche Motivation nicht vergessen

Wer mit seinem ehrenamtlichen Engagement bei Personalern Punkte machen will, der sollte strategisch vorgehen. Idealerweise sollte man sich in dem Bereich engagieren, der etwas mit dem Beruf zu tun hat oder in dem man arbeiten möchte. Wenn man zum Beispiel in der Personalabteilung eines Konzerns gearbeitet hat, und dann in einer Arbeitspause Jugendliche oder Migranten dabei berät, wie sie sich erfolgreich für einen Job bewerben können, dann sagt das viel über die Motivation eines Bewerbers aus und wird von Personalverantwortlichen sehr positiv bewertet.

Doch vor lauter strategischer Bedenken sollte man nicht vergessen, warum man sich eigentlich auf ein Ehrenamt einlässt: Um sich solidarisch in der Gesellschaft einzubringen und weniger Privilegierten zu helfen. Wenn man daraus einen Nutzen für die eigene Erwerbsbiografie ziehen kann, umso besser. Doch der Lebenslauf als einzige Motivation für ein Ehrenamt kann nicht funktionieren - und sollte es auch nicht.

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