Wiedereinstieg in den Beruf:Die Angst vor dem Drucker

Tagesmütter mit Kindern

Nach der Elternzeit wieder in den Job einzusteigen, kann Eltern bisweilen überfordern.

(Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa)
  • Wer nach der Elternzeit in den Beruf zurückkehrt, wird oft von Selbstzweifeln geplagt.
  • Experten erklären, wie man die Job-Rückkehr nach langer Pause gut bewätigt und wie man auch mit einem Teilzeitjob die Karrierefalle umgeht.

Die meisten Eltern setzen nach der Geburt ihres ersten Kindes eine Weile aus, um sich um ihr Baby zu kümmern - und freuen sich gleichzeitig darauf, wieder zu arbeiten. Doch nach dem Wiedereinstieg wundern sie sich bisweilen, was ein Jahr Pause voller Windeln wechseln, Brei kochen und wöchentlichem Spielkreis im Gemeindehaus mit dem eigenen beruflichen Selbstbewusstsein angestellt haben. Denn die Rückkehr in den Job ist oft schwieriger, als gedacht. Und das liegt vor allem an der eigenen Unsicherheit.

Das große Drucker-Drama

Plötzlich trifft man im eigenen Unternehmen auf Hürden, die es vorher nicht gab. "Kleinigkeiten werden als große Probleme empfunden, wenn zum Beispiel der Drucker nicht funktioniert", sagt Margit Christiany-Sambeth, Coach und Personalberaterin in München.

Nach einer im Jahr 2010 veröffentlichten Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, kehren 62 Prozent der Frauen mit einem Kind innerhalb eines Jahres wieder zurück in ihren Beruf. Etwa 70 Prozent führten als Grund die Bedeutung des Berufs für das Selbstwertgefühl an. Dennoch gibt es nicht wenige, die nach der Berufsrückkehr erneut aussteigen.

Mehr als ein Drittel dieser Aussteiger gab an, den Anforderungen im Beruf nicht mehr gewachsen zu sein. Sie fühlten sich zum Beispiel durch neue Technologien überfordert oder von der Unternehmensleitung im Stich gelassen.

Erinnern Sie sich an die Anfangsphase

"Je länger die Auszeit ist, desto größer ist die Gefahr, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu verlieren", sagt Cornelia Spachtholz, Vorstandsvorsitzende des Verbandes berufstätiger Mütter (VBM) in Köln. Das könne zur Folge haben, sich den Anforderungen nicht mehr gewachsen zu fühlen, obwohl man die Aufgaben früher erfolgreich erledigt hat. "Dann sollte man sich an die Anfangsphase im Job erinnern, damals war auch alles neu und nicht selbstverständlich", sagt Christiany-Sambeth. Außerdem könne man Kollegen um Hilfe bitten.

Kommen Selbstzweifel auf, sollten Arbeitnehmer damit offen umgehen und den Arbeitgeber um erneute Einarbeitung bitten. "Viele Unternehmen haben Eingliederungsprogramme, die kann man aktiv einfordern", sagt Tim Hagemann. Er ist Professor für Arbeits-, Organisations- und Gesundheitspsychologie an der Fachhochschule der Diakonie in Bielefeld. "Eine Krise kann auch eine Chance sein, wenn man sie erfolgreich meistert."

Zuhause geht die Arbeit weiter

Für viele junge Eltern ist aber nicht nur die gefühlte Überforderung im Job ein Grund für ihre Unsicherheit, sondern vor allem auch die Doppelbelastung. Denn daheim wartet nicht mehr nur das Sofa auf sie, sondern ein Kind, um das sie sich kümmern müssen und auch wollen. Die eigentliche Entspannungsphase im Feierabend schiebt sich so immer weiter nach hinten. "Vorher kam man nach Hause und konnte abschalten; das ist mit einem Kind so nicht mehr möglich", sagt Hagemann. Die Rahmenbedingungen sind andere geworden, man ist zeitlich stärker gebunden oder auch an einen bestimmten Ort.

"Vor dem Hintergrund von Kita-Öffnungszeiten, Anforderungen in der Schule und den Bedingungen am Arbeitsmarkt sind Vollzeitjobs meist keine Option", analysiert Cornelia Spachtholz. So entschieden sich viele junge Eltern zunächst für ein Teilzeitmodell, auch um Zeit mit den Kindern zu verbringen. Teilzeitjobs genießen im Vergleich jedoch eine geringere Reputation. "Wer Teilzeit arbeitet, dem wird unterstellt, keine Karriereambitionen zu haben", sagt sie. Und dem werden mitunter nur noch langweilige Aufgaben zugeteilt. Kommt es dadurch zu Unterforderung oder gar Frustration im Job, sollten dem Arbeitgeber Lösungsvorschläge präsentiert werden.

Ein klares Tätigkeitsprofil hilft

Für Personalberaterin Christiany-Sambeth gilt: "Ein klares Tätigkeitsprofil könnte hier schon helfen." Eine Option sei außerdem eine Teilzeitstelle mit längerer Wochenarbeitszeit. Professor Hagemann empfiehlt 80 Prozent der regulären Arbeitszeit. "In Zeiten des Fachkräftemangels denken hier viele Unternehmen schon um und kommen dem Arbeitnehmer entgegen".

Dazu kommt, dass man im Job von den in der Familienpause erworbenen Fähigkeiten durchaus profitieren kann. Elternzeit verändert die Persönlichkeit. "Es relativiert, schult die Organisationsfähigkeit, sensibilisiert den Blick für die Bedürfnisse anderer", so Beraterin Christiany-Sambeth.

Doch der veränderte Blick führt bisweilen noch weiter: "Es kann auch ein Motivationsverlust einsetzen, ein kritisches Hinterfragen des Berufs", sagt Hagemann. So steigt mancher Berufsrückkehrer bald darauf wieder aus seinem Job aus. Die Entscheidung für einen beruflichen Neuanfang muss jedoch gut überlegt und gut geplant sein. Dazu gehört für Hagemann, sich umfassende Informationen einzuholen und Beratung und Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Das reiche von der Analyse der persönlichen Bedürfnisse und Entwicklungsmöglichkeiten über die Wünsche der Familie bis hin zu den Möglichkeiten sowie Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt. In bestimmten Fällen empfiehlt es sich dann, mit dem Neustart noch einige Jahre zu warten.

Die meisten Jungeltern merken nach der schwierigen Anfangsphase aber ohnehin: Die Unsicherheit vergeht, wenn man die erste Eingewöhnungsphase überstanden hat. Und wenn dann eine zweite oder dritte Unterbrechung ansteht, kann man die schon um einiges souveränder meistern.

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